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Die Liebe ist ein Schlachtfeld.

Sie hassen sich, aber sie begehren sich auch: Eine Frau und ein Mann bewohnen eine Zeitlang dasselbe Haus in den Bergen – und umkreisen einander argwöhnisch. Sie reden kaum, und was sie sagen, ist nicht das, was sie fühlen. Sie kommen aus völlig getrennten Welten, doch die Anziehung zwischen ihnen ist stärker als jede Konvention. Nur dauert es lange, bis sie sich ihre Liebe eingestehen können. Sehr lange …

 

Erst in der Nacht 

Originaltitel: Quando la notte
Autor: Cristina Comencini
Übersetzer: Sigrun Zühlke
Verlag: Piper
Erschienen: 2011
ISBN: 978-3-492-25960-6
Seitenzahl: 250 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Sie, Marina, macht mit ihrem kleinen Sohn Marco Urlaub in den Bergen. Sie ist allein, ohne ihren Mann, um Abstand vom Alltag zu bekommen. Ihr Kind verlangt ihr alles ab, sie fühlt sich oft unfähig und überfordert und möchte mit sich ins Reine kommen.
Manfred, einer der drei Sane-Brüder, die mit ihrem Vater im Refugio aufgewachsen sind, hat schwer darunter gelitten, dass ihre Mutter die Familie verlassen hat. Er ist mürrisch, oft schlecht gelaunt und nicht gut auf Frauen zu sprechen. Die beiden begegnen sich – sie ist sein Pensionsgast – und sofort beginnen sie über den jeweils anderen nachzudenken. Irgendetwas scheint sie zu verbinden, aber auch gleichzeitig abzustoßen. Als Marina die Nerven verliert und ihren Jungen schlägt, greift Manfred ein. Er bringt die beiden ins Krankenhaus, doch Marina gibt ihre Schuld nicht zu. Manfred versucht alles, um von ihr ein Eingeständnis zu erhaschen, doch sie wehrt sich mit allen Mitteln. Sie scheinen erst langsam zu begreifen, dass sie sich eigentlich Begehren. Nach Manfreds Unfall – Marina hatte ihn durch ihren Notruf gerettet – verlässt sie die Gegend. Doch beide schaffen es nicht wirklich, den anderen zu vergessen. Sie arrangieren sich mit ihrer Umwelt, werden aber über all die Jahre von ihrem Verlangen getrieben. Als Marina nach 15 Jahren zurück kehrt, spitzen sich die Ereignisse erneut zu.


Stil und Sprache
In Cristina Comencinis Roman geht es um das Verhältnis zweier Menschen, Mann und Frau, die durch ihre Vergangenheit unfähig sind, sich offen einander zu begegnen. Sie lässt sie ein Spiel spielen, bei dem keiner seine Rolle verlassen kann, obwohl beide wissen, dass es das Einzige ist, was sie eigentlich wollen. Sie lässt den Leser an den Gedanken der beiden teilhaben und so erfahren wir in schnellen Wechseln die Sichtweise von Marina, dann wieder von Manfred. Doch was sie am Ende wirklich sagen, ist nicht das, was sie denken; nach Außen stellen sie sich als eine andere Figur dar. Der Leser sieht beides und will nicht selten selbst in das Geschehen eingreifen, um die Situationen zu lösen.
Bruchstückweise springt die Autorin zurück in die Vergangenheit, um langsam den Hergang zu lüften, wie diese beiden Menschen so werden konnten wie sie sind: in sich gekehrt, verstört und unsicher. Diese Rückblicke tun der Geschichte sehr gut und sorgen beim Leser für mitfühlende Momente. Auch die oft wie abgehackt wirkenden Sätze gefallen mir im Zusammenhang mit dem Hin und Her der Gefühle und passen wunderbar in das Gesamtbild.

Die Einsamkeit und Ruhe der Berge spielt eine große Rolle. Die Natur dient als Kulisse für diesen Kampf der Gefühle. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt die Autorin die Umgebung und die Szenen. Alles wirkt sehr authentisch und trotzdem kann sich der Leser auf das wahre Geschen konzentrieren. Das ständige Annähern und wieder Abstoßen geschieht wellenförmig und wird immer intensiver. Die Sätze sind einfach gehalten: klar und direkt wie die Gefühle selbst. Der Leser muss nicht umdenken, sondern weiß immer sofort, um was es geht und kann sich leicht in die Situation hineindenken. Auch wenn die schnellen Wechsel anfangs etwas verwirrend sind, passen sie zur Geschichte und sorgen für eine spannende, mitreißende Wirkung.


Figuren
Die Autorin zaubert hier zwei wirklich extreme Charaktere in ihre Geschichte. Zum einen ist da Marina, eine dünne, gestresste und vom Leben gezeichnete junge Frau. Sie hat einen 2-jährigen Sohn, der alles von ihr abverlangt - zumindest glaubt sie das und fühlt sich auch so. Sie kommt mit dem Einfordern von dermaßen viel Aufmerksamkeit durch ihren Sohn nicht zurecht. Ihre Nerven sind extrem angespannt, sie schläft kaum noch - genau wie er. Sie projiziert ihre Unsicherheit auf den Kleinen, der immer mehr Aufmerksamkeit fordert. Nach Außen hin will sie sich dies aber nicht eingestehen. Sie spielt gegenüber anderen eine Rolle, die ihr nicht wirklich liegt. Sie biegt sich für ihre Umwelt zurecht.
Manfred, ihr Konterpart in der Geschichte, ist ein Eigenbrödtler. Ohne Mutter aufgewachsen, seine eigene Frau hat ihn mit den Kindern verlassen, hat er gegenüber Frauen eine tiefe Abneigung entwickelt. Er sieht sie nur als Objekt zur Befriedigung seiner Lust, die ihn allenthalben überkommt. Auch in Marina sieht er nur eine weitere Frau, der man nicht trauen kann. Er sucht ständig nach Fehlern und Unstimmigkeiten und fühlt sich nach dem Unfall des Kleinen Marco in seiner Meinung bestätigt. Manfred ist zutiefst ehrlich, genau das, was Marina nicht ist. Sie stoßen sich ab und ziehen sich an, sie reiben sich in ihren Gefühlen zueinander auf und verpassen ein ums andere Mal die Gelegenheiten sich anzunähern.

Die Figuren sind wirklich interessant gestaltet und passen in dieses Auf und Ab - schade ist nur, dass es für beide kein Happy End zu geben scheint, was am Ende doch etwas verstörend wirkt.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf seinem Cover Brust und Hals einer jungen Frau mit viel nackter Haut als Ausschnittbild. Wer das Buch gelesen hat wird merken, dass das Bild nicht wirklich zum Inhalt des Buches passt. Die Qualität befindet sich auf Piper-üblichem Standard.


Fazit
Eine mitreißende Geschichte über das Leben und die Beziehungen von Mann und Frau. Obwohl der Klappentext einem mehr verkaufen möchte, ist die Erotik nur als schwacher Hauch zu spüren. Nix für glücklich Verliebte.


3 5 Sterne


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