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SCHÖNER SCHEIN

Eine Frauenleiche – gefunden in einer sagenumwobenen Höhle des Siebengebirges, wo Siegfried einst den Drachen tötete. Noch am selben Tag wird in Königswinter die Ehefrau des Notars vermisst. Hat die Geliebte des Notars, die exzentrische Künstlerin Romina, ihre Widersacherin kaltblütig ermordet? Die Bewohner von Königswinter stürzen sich gierig auf diesen Skandal. Kommissar Jan Seidel und seine eigenwillige Großmutter Edith müssen erkennen, dass die Lösung des Verbrechens aber weitaus komplizierter ist.

 

Nibelungenmord 

Autor: Judith Merchant
Verlag: Knaur
Erschienen: Mai 2011
ISBN: 978-3426508633
Seitenzahl: 384 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext gibt die Handlung schon ganz gut wieder, so dass ich hier auf längere Ausführungen verzichten kann. Dass die Annahme, hier habe einfach eine Rivalin die andere ermordet, nicht alles sein kann, kann sich jeder Krimileser schon denken. Was allerdings wirklich am Ende herauskommt, ist lange nicht so spektakulär wie erwartet und enttäuscht gewiefte Leser sicher etwas. Die Art der Auflösung könnte sogar für etwas Unmut sorgen, denn alles Miträtseln wird einen nicht auf diese – zwar unerwartete, aber nicht befriedigende - Lösung kommen lassen.


Stil und Sprache
Judith Merchant setzt bei ihrem ersten Roman auf zwei Stilmittel: Zum einen wechselt sie sehr oft und manchmal unerwartet die Erzählperspektive, zum anderen versucht sie ihre Leser mit Andeutungen a la „hätte er gewusst, dass …“ neugierig zu machen auf das, was da kommt. Ersteres gelingt ihr nicht immer reibungslos und verwirrt auch besonders zu Anfang. Da muss man schon ganz schön aufpassen, um alle beteiligten Erzähler, die übrigens alle die dritte Person verwenden, auseinanderhalten zu können. Und zweiteres wird mit Fortschreiten der Geschichte irgendwann nervig und ärgerlich, vor allem, wenn so merkwürdige Nebenschauplätze betroffen sind wie der Grund, warum Kommissar Seidel sich von seiner Verlobten getrennt hat. Der ist – wenn er denn endlich erklärt wird – so abstrus und abwegig, dass man als Leser nur noch den Kopf schütteln kann über diesen weltfremden Kommissar - aber dazu später mehr.

Grundsätzlich ist Judith Merchants Stil leicht zu lesen, so dass man trotz nicht immer vorhandener Spannung nicht so schnell aufgibt, allerdings wirken manche Formulierungen schon etwas gekünstelt, wie etwa auf Seite 298, wenn der Kommissar über eine Zeugin nachdenkt: „Sie musste am Vorabend eine Menge getrunken haben. Und eine Dusche hatte sie heute auch nicht genommen […]“. Abgesehen davon gelingt es der Autorin gut, die Emotionen und Gedanken ihrer Figuren an den Leser zu bringen, auch atmosphärisch ist „Nibelungenmord“ nicht schlecht umgesetzt.


Figuren
Es könnte kaum schlimmer kommen: Quasi vor dem Traualtar ist die Hochzeit von Kommissar Jan Seidel geplatzt und seitdem hadert er mit sich selbst. Mangels einer bewohnbaren Wohnung lebt er momentan bei seiner Großmutter, grübelt über sich, seine Verflossene und so ziemlich alles nach, nur nicht über seinen aktuellen Fall. Das ist es dann auch, was ihn für den Leser, der im ersten Moment noch Mitleid verspürt und Neugierde, so ungreifbar und letztlich fast unsympathisch macht – Seidel ist einfach nicht richtig anwesend. Die Arbeit ist Nebensache, Ermittlungen werden schlampig geführt, Verhöre geraten zur Lachnummer, weil der Kommissar nicht bei der Sache ist. Und das alles aus einem derart unglaubwürdigem Grund, dass es weder tiefsinnig oder auch nur realistisch anmutet, sondern Jan Seidel völlig der Lächerlichkeit preisgibt. Dazu kommt noch, dass dieser nicht nur unaufmerksam agiert, sondern auch sonst grobe Schnitzer macht, was zum Beispiel den Umgang mit seiner Dienstwaffe angeht. Insgesamt ist einem als Leser Jan Seidels Erfolg oder Misserfolg ziemlich egal, was sicher nicht zu einer Aufwertung des Krimis führt.

Auch die übrigen Figuren werden nicht wirklich echt, sondern eher leicht überzeichnet dargestellt. Wenn Seidels Großmutter sich selbst mit Miss Marple vergleicht, wirkt das ebenso platt wie ihre Idee, man könne aus den Lesegewohnheiten anderer Menschen ernsthafte Schlüsse auf deren Charakterzüge ziehen. Auch Seidels Kollegin und die anderen Beteiligten machen einen eher zweidimensionalen Eindruck, hier fehlt eine Tiefe, die über das rein Äußerliche hinausgeht. Alles in allem werden einem die Figuren dieser Geschichte wohl nicht lange nachhallen.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuchs zeigt eine dämmrige, grünlich schimmernde Waldlichtung, die ein großer Hund gerade durchquert. Die Schrift des Titels, bei der das Wort „Mord“ genauso viel Raum einnimmt wie das Wort „Nibelungen“ ist erhaben geprägt und glänzend ausgeführt. Nach einem kurzen Prolog ist die Geschichte in drei große Teile gegliedert, die jeweils mit Ausschnitten aus dem Nibelungenlied eingeleitet werden. Am Ende gibt es dann einen ausführlicheren Epilog, ein Interview mit der Autorin sowie als Bonusmaterial deren preisgekrönte Kurzgeschichte zu lesen.


Fazit
Ein leicht zu lesender Erstling mit einigen Schwächen und leider etwas belangloser Geschichte. Wer es nicht so kompliziert mag und rein auf Unterhaltung aus ist, ist hier richtig. Allen, die auf tiefergehende und komplexere Fallgestaltungen Wert legen, sei eher abgeraten.


2 5 Sterne


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