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Hamburg im 19. Jahrhundert: wenn aus Wünschen Bilder werden ... Nach dem Scheitern ihrer Ehe steht die junge Jenny finanziell und gesellschaftlich vor dem Ruin. Sie ist heilfroh, als ihr Bruder Hermann Biow sie zu sich nach Hamburg holt. Dort hat der einstige Porträtmaler das erste photographische Atelier der Stadt gegründet. Seine Aufnahmen berühmter Persönlichkeiten finden bald überall große Beachtung. Und auch Jenny beweist Talent mit der Kamera. Doch dann geht Hermann nach Dresden und lässt sie mit Schulden zurück. Jenny gerät erneut in Bedrängnis. Damit nicht genug: Im Haus einer reichen Kaufmannsfamilie, die von Jenny photographiert wurde, kommt es zu mysteriösen Todesfällen. Diese scheinen mit dem großen Brand zusammenzuhängen, der vor Jahren fast ganz Hamburg zerstörte. Jenny stößt auf ein Netz aus Intrigen und ungesühnter Schuld. Und bald ist nicht nur das Atelier, sondern auch ihr Leben in Gefahr.

 

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Autor: Guido Diekmann
Verlag: rororo
Erschienen: 1. Oktober 2011
ISBN: 978-3499255908
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Schon im Klappentext wird auf die wesentliche Geschichte und deren Figuren eingegangen. Das grundlegende Thema dieses Buches liegt in der – damals noch ganz neuen – Technik des Fotografierens bzw. der Daguerreotypie, wie man dies damals noch nannte. Diese neue Errungenschaft war für die damalige Zeit ein enormer Fortschritt, hatte man bis zu diesem Zeitpunkt doch nur die Möglichkeit der Malerei, um Szenen oder Personen für immer festzuhalten. Dass der Autor sich mit der damaligen Technik vertraut gemacht und sich darüber auch eingehend informiert hat, wird auf jeder Seite des Buches deutlich.


Stil und Sprache
Guido Dieckmann erzählt in leichter, feiner Sprache und lässt den Leser als stillen Beobachter agieren. Schnell ist man mitten im Geschehen, das flüssig vorangetrieben wird. Szenen und Perspektiven wechseln, so begleitet man einerseits Jenny, die eigentliche Protagonistin, und ab und zu auch Herrmann, ihren Bruder.
Ist der Roman auch angenehm und flüssig erzählt, so stolpert man aber ab und an über kleine Ungereimtheiten. Ganz zu Beginn des Buches wird Herrmann auf sehr spannende Weise zwei Herren vorgestellt, die ihm eine äußerst interessante und noch geheim zu haltende Tätigkeit anbieten. Die Spannung steigt beim Leser, will man doch wissen, was dahintersteckt. Aber so straff die Spannung in diesem Moment auch ist, wird dieser Strang ganz abrupt abgebrochen und Herrmann verschwindet von der Bildfläche, um viel später als ausgebildeter Daguerrotypist wieder aufzutauchen. Wo war er? Wo und von wem hat er sein Handwerk erlernt? Hat er die beiden Männer wieder getroffen? Dies alles bleibt im Dunkeln. Ebenso gibt Jenny ihrem Vater ein Versprechen, das sie aber kaum fähig ist zu halten. Was aber passieren würde, wenn sie sich nicht daran hält, wird nie erwähnt, man erfährt die Konsequenzen des Nichteinhaltens mit keiner Silbe. So tauchen ab und zu immer wieder solche Kleinigkeiten auf, die der Leser nicht zuordnen kann. Die Geschichte wird im Laufe auch wirklich spannend, aber wie und warum Jenny überhaupt in Gefahr gerät, ist nicht ganz logisch nachzuvollziehen. Lässt man dies alles außen vor, bekommt man wirklich gute Unterhaltung geboten und vor allem sehr interessante Einblicke in die ersten Schritte der Fotografie.

Das Hamburg des 19. Jahrhunderts hat Dickmann mit sehr viel Liebe zum Detail wiedererweckt. So steht der große Brand im Hamburger Hafen von Anfang Mai des Jahres 1842 zwar nicht im Zentrum des Geschehens, trägt aber wesentlich zu den Entwicklungen bei. Recherchiert ist alles sehr akribisch und man erfährt nicht nur über die Stadt Hamburg und deren damalige Bewohner sehr viel, sondern auch über die ersten Schritte und die damalige Technik der Fotografie.


Figuren
Gleich zu Beginn lernt man die Protagonisten als sympathische und keineswegs fehlerfreie Charaktere kennen. Jenny steht zweifelsfrei stets im Vordergrund, wenngleich man auch ab und an Hermann begleitet. Grundsätzlich sind alle Darsteller, ob Haupt- oder Nebenfiguren, schön ausgeleuchtet und keinesfalls blass oder gar sehr einseitig gezeichnet. Allerdings kann man so manche Handlungen Jennys nicht recht nachvollziehen. Dies sind aber oft Kleinigkeiten, die nicht so recht zum Gesamtbild passen wollen. So ist es vielleicht nachvollziehbar, dass sie ihren ungeliebten Gatten nur mit dem Nachnamen nennt, niemals beim Vornamen. Als sie aber Jahre später ihre große Liebe trifft, ist dies für sie ebenfalls stets nur „Schlegel“ und niemals Julius. Sogar wenn sie an ihn denkt, denkt sie an Schlegel, was absolut unglaubwürdig und schon gar nicht nachvollziehbar ist. So schattiert die Charaktere dargestellt sind, umso mehr fallen einem diese, zugegebenermaßen kleineren, Ungereimtheiten auf, denn dass Jenny letztendlich in Gefahr schwebt, kam auch nur durch ziemlich kuriose Ereignisse (und ihr Handeln) zustande.


Aufmachung des Buches
Ein hübsch aufgemachtes Taschenbuch. Das Cover zeigt am sehr dunklen Hintergrund das Portrait einer zarten, jungen Frau und durch einen Rahmen wird einem ein Blick auf Hamburg (?) gewährt. 36 Kapitel führen durch die Geschichte, und ein ausführliches Nachwort Dieckmanns rundet alles ab.


Fazit
Ein angenehm und leicht zu lesendes Buch. Ereignisreich und voller Liebe zum Detail hat der Autor das Hamburg um die Mitte des 19. Jahrhunderts wiedererweckt und man erfährt interessante Einblicke in die Technik der Daguerrotypie. Kann man sich als Leser mit den kleineren, aber nicht so seltenen, Ungereimtheiten arrangieren, bekommt man kurzweilige Unterhaltung ohne Kitsch und Klischees geboten.


3 5 Sterne


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