Keine Gnade. Für niemanden. Niemals.
An Bord der Barracuda wetzen die Männer um Captain Blackdog ihre schartigen Messer! Eine spanische Galeone wird geentert! Gefangene sollen keine gemacht warden …
Der perfekte Strich von Jérémy gibt der Geschichte von Jean Dufaux einen Realismus, der die Gischt im Gesicht spüren und die salzige Seeluft schmecken lässt.
Originaltitel: Barracuda – 1. Esclaves |
Die Grundidee der Handlung
Die Barracuda, das gefürchtete Piratenschiff der Karibik, entert ein spanisches Schiff und entführt die Adlige Scuebo, ihre Tochter und einen als Mädchen verkleideten Jungen. Die Freibeuter nehmen Kurs auf Puerto Blanco, um dort die Gefangenen auf dem Sklavenmarkt zu verkaufen. Und anschließend auf die Suche nach einem Schatz zu gehen, den Scuebo für immer verbergen wollte …
Piraten sind nach wie vor ein Thema, das eine Mischung aus Faszination und Furcht, Freiheit und Gewalt ausmacht. Dies schlägt sich nicht nur in der Film-, sondern auch in der Comicwelt nieder, beispielsweise bei „Drachenblut“ oder „Long John Silver“. Doch Dufaux hat einen ganz eigenen Weg gefunden, an seine Szenerie heranzugehen – weniger romantisch verklärt, dafür realistischer beschrieben sind die Abenteuer von Captain Blackdog. Doch dabei nicht weniger spannend und mitreißend!
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Bevor die Geschichte startet, erzählt Jean Dufaux auf zwei Seiten von seiner Kindheit und den Träumen von Abenteuern, von Schauspielern und Filmen, die ihn inspirierten. Doch hat sich ein Fehler in die Übersetzung geschlichen, oder vielmehr wurde zu wortwörtlich übersetzt. Denn statt dem Film „Piraten der Karibik“ vom Regisseur Kevin Connor wird hier deutlich, dass vielmehr die Filmreihe „Fluch der Karibik“ (engl. Originaltitel: Pirates of the Caribbean) angesprochen.
Jérémy hat mit dem ersten Band der Trilogie „Barracuda“ sein zeichnerisches Debut, da er bisher als Kolorist gearbeitet hat. Jean Dufaux hat hier mit ihm als seinen Partner eine sehr gute Wahl getroffen, denn Jérémys Zeichenstil ist faszinierend und bestechend genau. Schon ab der ersten Seite ziehen seine Bilder den Leser in die karibische Welt hinein, lassen in der Schlacht zwischen der Barracuda und der spanischen Galeone mitfiebern, denn die Geschichte erwacht sofort zum Leben.
Auch wenn Schatten- und Farbverläufe sowie Konturlinien deutlich erkennbar sind, sind die Figuren – insbesondere bei Zeichnungen einzelner Gesichter – von einer begeisternden Klarheit und Genauigkeit. Bis hin in die Wimpern, Falten und Narben sind sie äußerst exakt wiedergegeben. Die Gesichtszüge spiegeln die Emotionen und den Charakter wieder und passen stets zur jeweiligen Szene. Dabei sind die Charaktere so unterschiedlich und individuell, wie man es sich nur wünschen kann, und jeder spielt seine Rolle perfekt. Captain Blackdog hat das Gesicht eines Piraten: entstellt von mehreren Narben, ein Tuch verdeckt ein Auge, während das andere in hellem Blau strahlt, das Gesicht umrandet vom weißen Bart. Eine wahrhaft gruselige Erscheinung ist Madame Si-Non mit ihren reptilartigen Augen. Doch nicht nur die Figuren selbst, auch ihre Kleidung, die Ausrüstung und die Waffen sind stimmig und in den vielen Details ihrer Verzierungen dargestellt.
Auch die Schiffe, besonders die mit Schnitzereien und Glas ausschmückte spanische Galeone, sind wundervoll und reich an Einzelheiten zu Papier gebracht. Vom Bug bis zum imposanten Heck der Schiffe, von der Takelage bis hin zu den unter dem Deck liegenden Räumlichkeiten sind sie so realistisch erarbeitet, dass es einfach schade wäre, die Bilder schnell zu überlesen, statt sie in vollen Zügen zu genießen.
Ähnliches gilt für die Architektur: Die zeitgenössischen Häuser sind wunderschön anzusehen und vermitteln den Flair der Karibik. Die reichhaltige Architektur ist in vielen Einzelheiten hervorgehoben. Das alte Anwesen des Chevaliers ist marode, doch weiß ihm Jérémy in seinen Bildern einen besonderen Reiz zu verleihen. Genauso schaut es in den Räumen aus.
Die Panels sind klassisch mit weißen Stegen abgegrenzt, die sich in Form und Größe den Begebenheiten anpassen, aber dennoch ihre Gliederung beibehalten. Geräuschworte werden nur wenig verwandt und fügen sich ganz natürlich in die Bilder ein. Ebenfalls eher klassisch sind die Kämpfe – allen voran die Schlacht beim Entern des spanischen Schiffs – dargestellt: Obwohl fast gänzlich auf Speedlines verzichtet wird, vermitteln sie doch das Tempo dieser Szenen.
Aufmachung des Comics
Der Comicband ist fest eingebunden, das Format mit mehr als Din A4 schon recht groß. Sofort gefesselt hat mich die Aufmachung der Vorderseite – hier ist nur das Gesicht des Captains Blackdog zu sehen, der Rest um ihn herum versinkt in Dunkelheit. Durch diese Vignettierung, aber auch die sehr plastische Form der Zeichnung wirkt das Portrait schon fast dreidimensional.
Auf den Vorsatzpapieren sind die hellgrauen Silhouetten der Barracuda, eines gewaltigen Dreimasters, sowie zweier Seeleute in einer Barkasse vor dunkelgrauem Hintergrund abgebildet und stimmen damit bereits auf die Piratengeschichte ein.
Fazit
„Barracuda - Sklaven“ ist der Auftakt zu einem Piratenabenteuer, das weniger auf romantische Verklärung setzt, dafür aber mit Charme und der rauen Seite der Freibeuter fasziniert. Jean Dufaux' Geschichte weiß sofort zu fesseln, während die Bilder von Jérémy faszinieren – sehr klar und realistisch gezeichnet, bringen sie die Karibik ins Wohnzimmer.
Hinweise
Rezension von Sven Trautmann
Herzlichen Dank an Ehapa Comic Collection für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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