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Deutsche trinken Bier. Und Türken essen Kebap. Kati Hirschel kämpft jeden Tag gegen solche Klischees. Seit drei Jahren betreibt sie in Istanbul ihren Krimibuchladen, und noch immer fallen die Türken in Ohnmacht, wenn sie lacht – Deutsche lachen nicht. Kati Hirschel lässt sich aber nicht festnageln: Sie wächst auch über ihre Rolle als Krimibuchhändlerin hinaus und wird zu einer charmanten Detektivin. Nach dem Motto: Die Buchhändlerin, dein Freund und Helfer.

 

Hotel Bosporus  Autor: Esmahan Aykol
Verlag: Diogenes
Erschienen: 01/2009 (2. Auflage: 11/2004) 
ISBN: 978-3-257-23443-5
Seitenzahl: 287 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Kati Hirschel führt ein für ihre Begriffe normales Leben. Sie fühlt sich in ihrem Istanbul wohl, hat sich an das chaotische Treiben dieser kosmopolitischen Stadt angepasst. Und doch wird sie zusehends unzufriedener. Ihr vor drei Jahren eröffneter Krimibuchladen fordert ihr alles ab. Auch weil ihr bester Freund und Mitarbeiter sie Hals über Kopf wegen eines anderen Mannes verlassen hat. Die ganze Arbeit bleibt an ihr hängen. Erst als sie von ihrer besten Freundin Lale eine Aushilfe vermittelt bekommt, fängt sie wieder an, sich um sich selbst zu kümmern. Kati hat sich in den 13 Jahren in Istanbul zu einer echten Türkin entwickelt, obwohl ihr Umfeld sie immer noch als typisch Deutsch sehen möchte. Als sie von einer früheren Schulfreundin, einer inzwischen berühmten Schauspielern, hört, dass sie zu einem Dreh nach Istanbul kommt, ahnt sie noch nicht, in was für ein Abenteuer sie sich stürzen wird.
Der Regisseur wird im Hotel in seiner Badewanne mit einem Haartrockner ermordet. Ohne Beweise und Spuren stochert die Polizei im Dunkeln. Petra, Katis Freundin, wird zwar verdächtigt, hat aber offensichtlich kein Motiv. Ganz Krimifan beschließt Kati, selbst in die Ermittlungen einzugreifen und versucht, hinter das Geheimnis des Mordes zu gelangen.
Sie stürzt zwischen ihrem normalen Leben in Istanbul, ihrer Familie Daheim in Berlin und den Geschehnissen um den Mordfall hin und her; macht Bekanntschaft mit der türkischen Mafia und kommt, als sie sich fast damit abgefunden hatte, den Fall nicht zu lösen, hinter das Geheimnis des Mordes, einer dramatischen Tragödie.


Stil und Sprache
Esmahan Aykol, selbst Wanderer zwischen Deutschland und der Türkei, scheint sich mit den Eigenheiten der Deutschen und Türken perfekt auszukennen. Sie schafft es, dem Leser dieses besondere Istanbul, in dem Kati Hirschel lebt, nahe zu bringen. Durch ihren direkten Erzählstil - Kati spricht mit dem Leser und erzählt, was sie erlebt hat - kann man sich besonders gut in die Szenen hineinversetzen. Mann schmeckt den Knoblauch, riecht den starken türkischen Kaffee und hört das Stimmengewirr in den Strassen Istanbuls. Mit einfachen Worten beschreibt sie Katis Leben, ihre Stadt und ihre Bewohner. Mann sieht den Bosporus vor dem inneren Auge, wenn Kati in einem ihrer Lieblingsteegärten sitzt und mit ihren einheimischen Freunden die Sonne und das Leben genießt. Auch wenn es kein typischer Kriminalroman ist - wirkliche Spannung will nicht aufkommen - steht die Aufklärung des Mordes im Vordergrund. Es ist leichte Krimikost, gepaart mit dem Flair einer humorvollen, atmosphärischen Lebensgeschichte. Die Lebensart der Türken, die Vorurteile, die Politik, die Korruption aber auch die Probleme, die Deutsche in der Türkei erwarten, werden mit viel Leichtigkeit, Humor und Leidenschaft von Esmahan Aykol beschrieben. Mann bekommt nicht nur Lust am Lesen, am liebsten möchte man ein Ticket nach Istanbul buchen und die beschriebenen Orte selbst entdecken und erforschen.


Figuren
Mit viel Liebe fürs Detail formt Esmahan Aykol ihre Charaktere. Sie sind authentisch, original, komisch und individuell. Genauso chaotisch wie die Stadt selbst, stellt sie auch ihre Bewohner dar. Es ist eine wahre Freude, Kati bei ihrer Erzählung zu lauschen.
Kati Hirschel, Hauptprotagonistin in Esmahan Aykols Roman, ist eine fröhlich, chaotische Mittvierzigerin. Da sie bereits in ihrer Kindheit für sieben Jahre in Istanbul gelebt hat, beschloss sie vor 13 Jahren, das biedere Deutschland zu verlassen und in ihrem Istanbul zu leben. In ihrer Umwelt wird sie oft als schrullig überdreht wahrgenommen, entspricht sie doch so gar nicht dem typischen Bild der Türken über Deutsche. Sie lacht, und zwar in der Öffentlichkeit, trinkt gerne Tee, während sie mit ihren Freunden in den vielen Teegärten sitzend die vorüberziehenden Leute beobachtet. Und sie spricht perfekt türkisch.
Was gar nicht zu passen scheint, ist ihre Meinung über Männer, in der von Männern geprägten Türkei. Sie lässt sich, typisch Deutsch, ungern von ihnen bevormunden und zeigt dies zu gerne durch kesse Sprüche. Wegen ihres Scharfsinns und ihrer unbändigen Neugier, aber auch durch ihre Ausstrahlung und Schönheit, schafft sie es sogar, Maffiabosse um ihren Finger zu wickeln und ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken. Ein Charakter, mit dem man sich leicht identifizieren kann und der für einige Schmunzler sorgt.
Ob nun Lale, ihre beste Freundin, oder Batuhan, ermittelnder Kommissar im Mordfall und Beinahe-Verhältnis von Kati - dumm nur, dass er Polizist ist und Kati eine natürliche Abneigung gegen diesen Menschenschlag hat-, oder Mesut Mumcu, der Mafiaboss, der an Kati einen Narren gefressen hat und sie am liebsten auf seine Liste der Eroberungen setzen möchte. Jede dieser Figuren besticht durch seine Natürlichkeit, aber besitzt gleichzeitig die Individualität, um der Geschichte die entsprechende Tiefe zu geben. Sie erschafft ein Sammelsurium an typischen Istanbulern und bedient damit das oft im Buch erwähnte Klischeedenken bei Deutschen und Türken.


Aufmachung des Buches
Der Diogenes-Verlag sorgt durch seine gleichbleibenden Cover Designs auch bei diesem Taschenbuch für einen hohen Wiedererkennungswert des Verlages. Der Druck eines Gemäldes, eine rauchende Schöne, wird schwarz umrahmt und von Autor und Titel in dicken schwarzen Lettern begleitet.


Fazit
Ein wirklich leicht zu lesender Krimi, der mehr ist: Eine humorvoll erzählte Lebensgeschichte und ein mit Detailliebe verfasster Fremdenführer. Wer leichte Kost mag, ist bei Esmahan Aykols „Hotel Bosporus“ genau richtig. Nur Spannung dürfen sie nicht erwarten.


4 Sterne


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