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In einem surreal wirkenden Ort im alten Japan stört seit einigen Nächten eine mysteriöse Erscheinung die Ruhe der Bewohner. Immer wieder läuft über die Hochzeitsbrücke eine Braut im blutigen Kleid. Der heißblütige Wachtmeister Kojiro stößt bei seinen Nachforschungen auf Shiro, einen lasziven Schirmmacher mit einer unaussprechlichen Vergangenheit. Die ungleichen Freunde schlittern in einen tragischen Fall voller Wahrheiten und Lügen!

 

Adekan_01 

Originaltitel: Adekan
Autor: Tsukiji Nao
Übersetzer: Ai Aoki
Illustration:  Tsukiji Nao
Verlag: Egmont Manga & Anime
Erschienen: Juni 2011
ISBN: 978-3-7704-7486-8
Seitenzahl: 208 Seiten
Altersgruppe: ab 18 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

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Die Grundidee der Handlung
In einer japanischen Stadt der Meiji-Ära erschüttern grausame Morde und die Erscheinung einer blutverschmierten Braut die Bewohner. Hinter den Tötungen steht offensichtlich die Hanabuki-Bande, und als der Polizist Kojiro Yamada vom Polizeioberwachtmeister Rurimaru Sakihana mit Nachforschungen betraut wird, führen diese ihn schließlich zu dem Schirmmacher Shiro Yoshiwara, der mehr zu sein scheint, als er vorgibt…

Zwar spielt die Handlung der episodenhaften Geschichten gegen 1900, jedoch ohne penibel auf historische Genauigkeit zu achten. Vielmehr bilden Handlungszeit und -ort die Kulisse für die mit Mysteryelementen angereicherten Kriminalfälle. Der rote Faden, der die relativ losen Erzählungen verbindet, scheint durch Anri Yoshiwara, einen Attentäter, den Shiro von früher kennt, gegeben zu sein. Die einzelnen Geschichten, die oft zwischen Wahn und Wirklichkeit schweben, wiegen schwer, da sie Themen wie Kindsmord und Menschenhandel behandeln. Um eine zu starke Bedrückung zu vermeiden, gibt es oft Comedy-Einlagen, die auflockern. Allerdings handelt es sich hierbei zumeist um Gags, die auf eine homoerotische Beziehung zwischen Shiro und Kojiro hindeuten, was eventuell Leser abschrecken könnte, obwohl es in Adekan 1 keine wirkliche Shonen Ai Beziehung gibt (Shonen Ai thematisiert die Liebe zwischen Männern). Jedoch ist schon eine gewisse Nähe zwischen den beiden gegeben, allein durch den ähnlichen Namensklang.

Neben Shiro mit seiner dubiosen Vergangenheit, für den die Schirmmacher-Existenz mehr Tarnung als Berufung zu sein scheint, sind auch die anderen Akteure interessant und auch Nebencharakteren wie dem Polizisten Saburota kommt besondere Bedeutung zu. Generell sind sie Handlungen der Figuren nachvollziehbar. Die Geschichten sind interessant, aber immer auch blutig, sodass sich der Manga eher für ältere Leser empfiehlt.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Tsukiji Naos erster Manga, Adekan 1, verfügt über einen einzigartigen Zeichenstil, den der geneigte Leser in dem schwarzweiß gehaltenen und in japanischer Leserichtung (es wird von hinten nach vorne gelesen) angelegten Band bewundern kann. Dabei zeichnen vor allem die feinen Lines, die überlangen Beine und dürren Körper der Figuren und die Detailverliebtheit das Artwork der Mangaka aus. Besonders bei dem androgyn dargestellten Shiro kann man mitunter die Knochen zählen, was sicherlich ebenso Geschmackssache ist wie die überbordend und ausschweifend gestalteten Personen und Hintergründe. So sind die Panels zumeist gut gefühlt, zudem ist die Paneldichte auf den Seiten recht groß, sodass, wenn man alles erfassen will - beispielsweise Details wie eingefallene Dächer bei Häusern, ausgeschmückte Kleidungsstücke oder Parolen, die auf Fahnen gedruckt sind -, das Lesen mitunter schwerer werden kann.

Umso angenehmer fallen bei Adekan 1 die Leerflächen, Grauverläufe oder Muster im Hintergrund auf, gönnen sie den Augen doch kleine Pausen, bevor man sich von der nächsten ausdrucksstarken Hintergrundillustration begeistern lässt. So zeigen die gut ausgearbeiteten Hintergründe zum Beispiel eine überbordend dargestellte Hochzeitsprozession, die über eine Brücke zieht, Straßenzüge ebenso wie Bäume und Pflanzen oder Interieur, das den exotischen Charme, den das ‚alte Japan‘ auf den westlichen Leser hat, exzellent einfängt. Beim Schirmmacher Shiro sieht man beispielsweise neben Schirmen in verschiedenen Fertigungsstadien auch eine Küche mit entsprechenden Gerätschaften und Lebensmitteln oder eine Maneki Neko (japanischer Glücksbringer in Form einer winkenden Katze). Außerdem sind die Umgebungsgestaltungen oft auch atmosphärisch sehr gelungen, wenn Kojiro nachts bei Mondenschein eine Laterne tragend durch die Stadt läuft und die Szenerie zusätzlich noch durch blühende Blumen im Vordergrund gerahmt wird. Auch Speedlines kommen schließlich noch zum Einsatz, wobei Nao sogar so weit geht, dass Shiros Beine derart in die Länge gezogen sind, dass sie in die Geschwindigkeitslinien mit übergehen. Actionreiche Stellen setzt sie damit dynamisch um.

Die Akteure sind gut auseinander zu halten, verfügen über unterschiedliche Körperstaturen und sind ihrem Alter entsprechend wiedergegeben. Sie verfügen über abgerundete Nasen- und Kinnpartien und relativ große Augen. Die Mangaka legt auch bei der Gestaltung der Figuren viel Wert auf Details, so fallen unter anderem verschiedene Augenbrauenformen ebenso auf wie Glanzeffekte in den Haaren oder Faltenwurf bei Kleidern. Überhaupt spiegelt auch die Bekleidung die Exotik von Handlungszeit und -ort wunderbar wider: Beispielsweise tragen Kojiro und seine Kollegen historische Polizeiuniformen der Meiji-Ära, Shiro dagegen wird mit traditioneller japanischer Kleidung – Geta (japanische Holzsandalen) und Kimono – bedacht. Des weiteren bedient Nao sich des Einsatzes von SD-Elementen beziehungsweise nutzt Überzeichnungen, um Komik oder Skurriles umzusetzen. Die vorkommenden homoerotischen Anspielungen sind für Boys Love Fans durchaus schön anzusehen, stellen aber gleichfalls nur ein Mittel der Komikerzeugung dar.

Wie bereits angesprochen finden sich auf den Seiten teils sehr viele Panels, die oft klassisch linear gehalten sind, aber es werden originellerweise auch runde Panelrahmen mit diesen kombiniert. Zudem werden die Bildränder von Sprechblasen und Personen durchbrochen. Der Text ist umgangssprachlich formuliert, was nicht immer ganz zur Erzählwelt passen will, beispielsweise wenn etwas als ‚easy‘ bezeichnet wird. Die Schrift ist in Groß- und Kleinbuchstaben gehalten und bis auf Ausnahmen, bei denen die Schriftgröße sehr klein wird, gut lesbar. Besondere Gewichtung wird durch Fettdruck und/oder eine größere Schrifttype auf bestimmte Aussagen gelegt. Die Sprechblasenzuordnung ist unproblematisch, obgleich es mitunter keine Hinweisstriche gibt, die von der redenden Figur zur Sprechblase führen. Die Soundwörter sind teils übersetzt, teils sind sie aber auch übertragen und stehen neben dem originalsprachlichen Pendant.


Aufmachung des Manga
Der im Kleinformat broschierte Manga zeigt die Protagonisten Shiro und Kojiro auf dem Cover, wobei von letzterem nur das Konterfei im Hintergrund zu sehen ist. Schon bei dieser Illustration fällt die Detailverliebtheit der Zeichnerin auf, die Shiros Wurfmesser, seinen reichbedruckten Kimono und ein aufwendiges Blumenarrangement ausführlich darstellt. Der wie mit einem Pinsel geschriebene Titelschriftzug fügt sich harmonisch in die Zeichnung ein, deren Motiv auf der Buchrückseite fortgeführt wird und Figuren der einzelnen Geschichten, allen voran Anri, innerhalb des Blumenarrangements zeigt. Der in rot gehaltene Klappentext ist dabei auf eine Freifläche gedruckt und verdeckt die Illustration nicht. Farbseiten enthält Adekan 1 zwar nicht, dafür wartet er mit einem farbigen, ausklappbaren Miniposter auf, auf dem Shiro, Kojiro, Anri, Saburota, der Juniorpolizeiwachtobermeister Mizuhiko und Rurimaru abgebildet sind.

Auf der rückwärtigen Buchumschlagsseite sind jeweils schwarzweiß Zeichnungen von Kojiro (hinter dem Cover) und einmal von Shiro (hinter der Buchrückseite) abgedruckt. Nach dem Klappposter folgen noch eine monochrome Illustration von Shiro sowie das Inhaltsverzeichnis, unter dem die Beine von Shiro und Kojiro sich miteinander verschränken, und eine kurze Vorstellung der Akteure. Die ebenfalls reich ausgestalteten Kapitelabbildungen zeigen wundervoll ausgearbeitet Figuren, die in der jeweiligen Geschichte vorkommen. Am Ende des Bandes finden zudem noch ein kurzer Extra-Manga und ein Nachwort Platz, in dem Nao den Lesern, ihrem Redakteur und ihrer Familie dankt und in dem sie auf die Entstehung von Adekan 1 eingeht. Das Schlusswort ist dabei auf der Freifläche einer zweiseitigen, detaillierten Illustration gedruckt, auf der Läden, Straßenzüge, Häuser, Werbeschilder sowie Shiro und Kojiro zu sehen sind. Erklärungsbedürftiges wird mit einem Stern markiert und im oder in der Nähe des betreffenden Panels erläutert.


Fazit
Sowohl der extravagante, verschnörkelte und detailverliebte Zeichenstil als auch die Themen der einzelnen Geschichten legen die Lektüre dieses Mangas einer älteren Leserschaft nahe. Diese wird – sofern keine Abneigung gegen homoerotische Anspielungen bestehen – durch die Exotik des ‚alten Japan‘ gefesselt werden, die Nao einzufangen weiß, auch wenn das Lesen etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, will man alle Feinheiten des Artworks genießen.


4 5 Sterne


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