Smaller Default Larger

Als Gefängnisarzt von Huntsville, Texas, hat Dr. Royce die unangenehme Aufgabe, die Hinrichtung eines zum Tode verurteilten jungen Schwarzen medizinisch zu begleiten. Der Delinquent erscheint in Anbetracht seines Schicksals sonderbar unbeteiligt. Noch während das Gift in die Adern des jungen Mannes strömt, kommen Royce ernste Zweifel an dessen Schuld. Auf der Flucht vor seiner ruinierten Ehe zieht Royce gen Dallas los, um in den Elendsvierteln mehr über den Background des exekutierten Häftlings in Erfahrung zu bringen …

 

Toedliche_Injektion 

Originaltitel: Lethal Injection
Autor: Jim Nisbet
Übersetzer: Angelika Müller
Verlag: Pulp Master
Erschienen: Dezember 2010
ISBN: 9783927734456
Seitenzahl: 232 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der Gefangene 61-204, Bobby Mencken, zum Tode durch die Giftspritze verurteilt, wird in Dallas, Texas, hingerichtet. Dr. Franklin Royce begleitet ihn neben Gefängnisdirektor und Priester auf seinem letzten Weg. Allerdings gelingt es Mencken noch zuvor, auf dem Weg in den Hinrichtungsraum, den verhassten Wärter Pit Bull zu erwürgen. So stirbt er nicht schuldlos, denn die Tat, für die er ursprünglich zum Tode verurteilt wurde, beteuert er, hat er nicht begangen. Dr. Royce, selbst in keiner guten Verfassung, mit einer Arztpraxis, die nicht gut läuft und einer Ehefrau, mit der er nicht mehr klar kommt, verliert sich im Alkohol und kommt zu dem Entschluss, nach der Wahrheit zu suchen. War Bobby Mencken wirklich der skrupellose Mörder der 5-fachen Mutter, die wegen einem Sixpack Bier in einem Laden spätabends erschossen wurde? Er begibt sich in Menckens Umfeld, trifft auf seine damaligen Freunde und versucht herauszufinden, was vor Jahren wirklich geschah. Doch schnell versinkt er selbst im Sumpf von Alkohol und Drogen.


Stil und Sprache

Jim Nisbet benutzt eine sehr direkte, dem Milieu entnommenen Sprache. Er schreibt in der dritten Person aus Sicht des Arztes, Dr. Royce, der sich in wenigen Tagen völlig wandelt, von der gutbürgerlichen Gesellschaft immer weiter abtriftet. Er beschönigt nichts und stellt dem Leser schonungslos die eher befremdliche, teilweise obszöne, brutale und niederträchtige Welt der alkohol- und drogenabhängigen Unterschicht Amerikas vor.

"Tödliche Injektion" ist über weite Teile recht herausfordernd geschrieben. Als Leser steht man staunend vor der doch schockierenden Gesamtsituation der beiden Freunde von Bobby Menckens, Eddie Lemarks und Colleen Valdez. So fragt Eddie zu Anfang Royce: " Warum bist du hier?" Dieser antwortet: "Ich wollte herausfinden, wie sich zivilisierte Leute benehmen..." und erhält die passende Antwort: "Ficken und streiten... Alles beim Alten." Diese Umgangssprache provoziert, führt aber den Leser direkt in die doch ganz andere Welt ein. Die nichts Gutes verheißende Weiterentwicklung der Geschichte endet dann unausweichlich in der Katastrophe. Jim Nisbet gelingt es gut, diese völlig katastrophale, sinnfreie und ausweglose Situation aller Beteiligten darzustellen. Am Ende ist man vor allem schockiert von dieser abstoßenden Welt der Protagonisten, aber doch auch betroffen von deren Schicksal.


Figuren

Der Autor arbeitet seine Figuren sehr deutlich heraus, wenn auch für den Leser nicht als Identifzierungsmöglichkeit, sondern vielmehr als Kontrapunkt. Bobby Mencken, der Gefangene, der auch im ersten Teil des Buches kaum aktiv zu Worte kommt und bald den Tod durch die Giftspritze findet, erscheint sehr abgeklärt, mit sich im Reinen und auch nicht wirklich rachesüchtig oder verzweifelt. Er scheint sein Schicksal akzeptiert zu haben, weiß am Ende aber noch seine Chance zu nutzen, um doch noch ein wenig Gerechtigkeit walten zu lassen, zumindest aus seiner Sicht.

Dr. Franklin Royce wirkt menschlich, zeigt Mitgefühl selbst mit einem Mörder und sucht, trotz eigener großer familiärer und beruflicher Probleme, nach der Wahrheit, auch wenn es für Bobby Mencken letztendlich zu spät ist. Er gerät immer mehr in seine Alkoholsucht, dem sich auch noch eine Sucht nach Morphium anschließt. Am Ende ist er Colleen völlig verfallen, sexuell wie auch menschlich und scheitert auf ganzer Linie. 

Eddie Lemarks, die unsympathischste aller Figuren, zeigt sich von der schlechtesten Seite, Alkohol, Drogen, Sex, Raub und Mord stehen auf seinem Programm und im Delirium sieht er sich als Reptil. Er wirkt völlig asozial, kaltblütig, gerissen. Dass ein anderer für seine Taten getötet wird oder er am Tod anderer aktiv beteiligt ist, stört ihn keineswegs. Colleen Valdez, ebenfalls mitten im Alkohol-, Drogen- und Sexdelirium, auch sie wirkt recht abartig und wenig gesellschaftlich integriert. Sie schafft für Drogen an, assistiert bei Raubüberfällen, auch sie schockiert, wirkt abstoßend. Ihre Rolle am Ende ist da wenig überraschend, ihr Unbeteiligtsein von Anfang an nicht überzeugend.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch hat ein sehr handliches Format. Das Cover zeigt ein nur in groben Konturen gemaltes Bild des zum Tode Verurteilten, der auf der Pritsche festgeschnallt liegt und auf die Injektion zu warten scheint. An den Beginn des Buches ist ein Art Vorwort gestellt, in dem ein Freund oder Verehrer Jim Nisbets über dessen literarischen Werdegang in einem persönlichen Brief an ihn berichtet und ihn dann auch in den Himmel hebt. Das fand ich eher überflüssig und sehr ungewohnt. Danach beginnt die eigentliche Geschichte unterteilt in sechzehn Kapitel.


Fazit

Dieses Buch ist keine leichte Kost. Es ist fast schon eine Fallstudie zur untersten Schicht der amerikanischen Bevölkerung, schockiert in seiner Direktheit und ist keinesfalls für jeden geeignet. Es deckt Abgründe auf, brutal und schonungslos und auch ohne Happy End, dabei aber faszinierend geschrieben und von Anfang bis Ende sehr beeindruckend.


3 5 Sterne


Hinweise

Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo