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Ihre Tochter ist tot. Doch sie trauern nur um ihre Ehre.

An dem U-Boot-Bunker in Bremen wird ein türkisches Mädchen tot aufgefunden. Ein heikler Fall. Denn vor zehn Jahren wurde hier bereits ein ähnlicher Mord begangen. Damals war das Opfer eine junge Kurdin, die sich in den falschen Mann verliebt hatte. Sollte auch diesmal auf blutige Weise die Familienehre gerettet werden? Wie sich herausstellt, war die ermordete Nilgün von einem deutschen Mitschüler schwanger. Eine Schande! Die Familie mauert und verschließt sich der Polizei. Nur die iranisch-deutsche Kommissarin Navideh Petersen findet einen Zugang zu den in Verbitterung erstarrten Angehörigen. Doch auch sie ahnt nicht, dass ein weiteres Menschenleben in Gefahr ist …

 

Ehrenhueter 

Autor: Rose Gerdts-Schiffler
Verlag: rowohlt
Erschienen: 06/2011
ISBN: 978-3499256219
Seitenzahl: 346 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Nilgün ist 16 Jahre alt, in Bremen geboren und aufgewachsen, und trotzdem lebt sie in einer anderen Welt. Gefangen in den Traditionen ihrer türkischen Familie, kann sie sich nur ab und zu ein bisschen Freiheit verschaffen, um Zeit mit ihrem deutschen Freund zu verbringen. Als sie eines Abends nicht nach Hause kommt, meldet ihre Familie sie nicht als vermisst, aber ihr Freund macht sich Sorgen und meldet sich bei der Polizei, als die Leiche einer jungen Frau am Bunker Valentin gefunden wird.
Die Polizisten Navideh Petersen und Frank Steenhoff müssen in einem Milieu ermitteln, zu dem sie nur schwer Zugang finden. Alle Beteiligten mauern, die Familie will keine Einmischung der Polizei und vor allem kein Aufsehen. Das Ermittlerteam steht vor einem fast unlösbaren Fall …

Den U-Boot-Bunker gibt es wirklich, ebenso hat es 1999 den Mord an der jungen Kurdin dort gegeben. Rund um dieses Detail spinnt Rose Gerdts mit „Ehrenhüter“ einen ungewöhnlichen Krimi, der es wahrhaft in sich hat.


Stil und Sprache
Das erste Kapitel erzählt Nilgüns letzten Abend, ohne aber ihren Tod zu schildern. Danach wechselt Rose Gerdts die Perspektiven zwischen Navideh Petersen, ihrem Kollegen Frank Steenhoff sowie Saliha, Nilgüns kleiner Schwester. Dabei versteht sie es perfekt, durch kleine Alltagsdinge ein lebendiges Bild der Umgebung zu schaffen, man fühlt sich sofort vertraut mit den beiden Ermittlern und ihrer Stadt. Kleine Verweise auf die beiden vorangegangenen Fälle für das Duo setzen den Leser ins Bild, so dass eine Kenntnis dieser Bände nicht notwendig ist.

Sprachlich setzt sich die Autorin gar nicht mal besonders ab, schafft es aber trotzdem, dass man dieses Buch nicht aus der Hand legen möchte. Tempowechsel, kleine Cliffhanger am Ende eines Kapitels, solche Dinge lassen einen einfach immer weiterlesen. Und das bei einem Thema, das durchaus nicht leicht zu fassen ist: Die Motive hinter den sogenannten „Ehrenmorden“ sind in unserem westlichen Kulturkreis eben nicht zu erklären. Wer allerdings meint, der Titel des Buches trage bereits die Auflösung des Falles in sich, der irrt, denn so leicht macht es sich Rose Gerdts dann doch nicht. Zwar steht Nilgüns Familie mit ihrem verzweifelten Bemühen, die „Ehre“ zu bewahren, im Mittelpunkt des Geschehens, aber es werden auch damit zusammenhängende Vorurteile aufgegriffen, die „andere“ Seite beleuchtet und Verständnis geweckt für eine Generation von Einwanderern, die in zwei Welten lebt. So hat man mit „Ehrenhüter“ nicht nur einen hochspannenden Krimi in der Hand, sondern auch eine Geschichte, die nachdenklich macht und einen ahnen lässt, was sich hinter mancher Wohnungstür abspielen mag.


Figuren
Ein ungewöhnliches Duo sind sie: Frank Steenhoff und Navideh Petersen teilen sich ein kleines Büro, aber sind ansonsten grundverschieden. Frank ist ein Familienmensch mit Frau, Kind und Hund, Navideh geschieden von dem deutschen Mann, von dem sie sich eine Flucht aus ihrer iranischen Familie erhoffte. Gerade hat sie sich von ihrer Lebensgefährtin getrennt und orientiert sich neu. Wohin, das weiß sie noch nicht so genau und wird es auch im Laufe dieses Buches nicht herausfinden.
Die beiden sind einfach rundum sympathisch, man meint nach den ersten Seiten, sie schon ewig zu kennen. Kleine Macken ergänzen den ersten Eindruck perfekt und machen sie zu meinen neuen Lieblingsermittlern.

Aber auch bei den übrigen Figuren hat sich die Autorin viel Mühe gegeben, sie lebendig zu gestalten und ihnen Gesichter zu geben. Saliha, Nilgüns 14jährige Schwester, die um ihre einzige Vertraute trauert, mit ihr nicht immer einverstanden war, sie aber auch nach ihrem Tod zu beschützen versucht, ist so ein Beispiel. Hier hat sich Rose Gerdts in ein Mädchen hineingedacht, ihre Gedanken und Gefühle, die so widersprüchlich sind wie ihr Leben, so authentisch wiedergegeben, dass man meint, auch sie zu kennen. Und selbst für Nilgüns Vater Kemal bringt man ein bisschen Verständnis auf, kann seine Beweggründe wenigstens zum Teil nachvollziehen. Das einzige Manko: Ich hätte gern gewusst, wie es mit Familie Cetin nach dem Ende des Buches weitergeht …


Aufmachung des Buches
Das fast ganz in Grautönen gehaltene Taschenbuch zeigt das etwas unscharf fotografierte Gesicht eines Mädchens mit dunklen Haaren und Augen, das vorsichtig um eine Mauerecke blickt. Eine perfekte Gestaltung, die neben dem in roten Lettern gedruckten Titel dafür sorgt, dass dieses Buch dem Betrachter ins Auge springt. Innen gibt es 23 nummerierte Kapitel ohne weitere Besonderheiten.


Fazit
„Ehrenhüter“ ist ein starker Krimi, der überaus spannend mit einem Thema umgeht, von dem man am liebsten gar nichts wissen will, sich aber trotzdem von der ersten Seite an in den Bann ziehen lässt. Dieses Buch garantiert mindestens eine schlaflose Nacht, denn an die Seite legen lässt es sich nicht …


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Gedankenmörder
Band 2: Brandfährte

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