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Kategorie: Krimis

1994. Ein Raubüberfall auf einen Geldtransporter in Sardinien. Einer der Räuber, Gabriele Sanna, wird nach einem Schusswechsel verhaftet, doch er gibt keine Namen preis. Zwölf Jahre später soll Privatdetektiv Bacci Pagano Sannas Sohn auf Sardinien suchen, der dort vermutlich den Anteil des Vaters bei den ehemaligen Komplizen einfordern will ...

 

Der_Tod_verhandelt_nicht 

Originaltitel: Con la morte non si tratta
Autor: Bruno Morchio
Übersetzer: Sophia Simon
Verlag: dtv
Erschienen: 01. Juni 2011
ISBN: 978-3-423-21303-5
Seitenzahl: 336 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Gabriele Sanna sitzt bereits seit 10 Jahren im Gefängnis. Er war einer der Räuber bei einem der spektakulärsten Überfälle der letzten Jahre. Wahrscheinlich wird er noch weitere 10 Jahre in Haft verbringen, da er noch immer nicht bereit ist, über seine Komplizen zu sprechen. Nun allerdings ist sein Sohn verschwunden und Sanna ist der Meinung, dass dieser sich nun den Anteil der Beute holen will. Sannas Anwältin, eine langjährige Freundin des Privatdetektivs Bacci Pagano, bittet diesen, den Fall zu übernehmen. Auch wenn Pagano nicht so recht an die Geschichte von Sanna glaubt, macht er sich dennoch auf den Weg und seine Spur führt ihn genau in das Dorf, in dem er seit 20 Jahren Urlaub macht ...

Hier scheint einiges im Argen zu liegen und Pagano wird mit mehr als dürftigen Informationen auf diesen Fall angesetzt. Trotz Misstrauen nimmt er sich des Falles an und entführt den Leser in eine Welt aus Lügen, Intrigen und Hass. Es scheint, als könne man niemandem vertrauen und muss daher alle Zeichen erkennen und zu deuten wissen.


Stil und Sprache
Der Prolog geht kurz auf den Raubüberfall aus dem Jahre 1994 ein. So erhält man einen Überblick über die Situation, um die es sich im Grunde drehen soll. Man hat somit die Handlung miterlebt, weiß, weshalb Sanna nun schon ein Jahrzehnt im Gefängnis sitzt. Mit Ausnahme des Prologs ist das Buch aus der Ich-Perspektive Bacci Paganos geschrieben. Dies ermöglicht dem Leser, eine nähere Verbindung zum gesamten Geschehen einzunehmen und das Gefühl zu haben, die Situationen selbst zu erleben. Es wirkt somit nicht bloß nacherzählt. Ein Nachteil an dieser Erzählperspektive ist natürlich, dass man das Geschehen nicht verfolgen kann, welches sich ereignet, wenn Pagano nicht in der Nähe ist. Er bekommt Einzelheiten zwar von anderen Personen erzählt, aber man weiß nie, ob es wirklich die gesamte Wahrheit ist, da man eben nicht selber "vor Ort" war.

Ein gewisses Maß an Spannung baut der Autor auf, auch wenn es den Leser nicht von vornherein packt. Auf Grund vieler detaillierter Beschreibungen, die allesamt sehr ansprechend sind, verliert sich ein bißchen der spannende Aspekt des Geschehens. Zeitweise hat man das Gefühl, eine Urlaubsreise zu verfolgen, weshalb es zu Spannungsbrüchen kommt. Dennoch schafft der Autor es immer wieder, Elemente einzubringen, durch die man wieder voll und ganz bei der Sache ist. Da man nie weiß, wer die Wahrheit sagt und welche Situationen tatsächlich eingetreten sind, kommt es immer wieder zu Wendepunkten, hauptsächlich natürlich dann, wenn Lügen entlarvt werden. Durchgängigere Spannung wäre wünschenswert gewesen, um einen noch besseren Effekt zu erzielen.


Figuren
Der Privatdetektiv Bacci Pagano hat selber eine Zeit im Gefängnis verbracht und sich dort mit einem Wärter angefreundet, den er jedes Jahr besucht. Seine Ermittlungen führen ihn nun genau in dieses Dorf, so dass er sich der Hilfe seines Freundes sicher sein kann. Pagano ist eine einsame Gestalt. Er hat zwar Freunde, die immer für ihn da sind, aber dennoch wirkt er traurig. Das mag hauptsächlich daran liegen, dass er seine Tochter seit über 10 Jahren nicht mehr gesehen hat, weil seine Ex-Frau einen Riegel davor schiebt. Jetzt aber soll sich das ändern, denn seine Tochter reißt von zu Hause aus, um bei ihrem Vater zu sein. Doch ob das wirklich eine gute Idee ist, während er mitten in einem Fall steckt? Zu Pagano entwickelt der Leser schnell eine enge Beziehung, was darauf zurück zu führen ist, dass man das Geschehen aus seiner Perspektive verfolgt. Daher erfährt man sehr viel über seine Gefühlswelt und kann seine Handlungen besser nachvollziehen als ein Außenstehender. Anderen Menschen gegenüber kann er seine Gedanken verbergen, dem Leser jedoch nicht, da er für die Zeit mit ihm verbunden ist.

In diesem Falle ist es schwierig von Glaubwürdigkeit der Charaktere zu sprechen, da man in diesem Fall niemandem vertrauen kann. Jeder ist, wie so oft, darauf aus, alles so auszulegen, dass es sich für ihn oder sie positiv auswirkt. Daher kann man schwer unterscheiden, was echt und was nur Fassade ist. An sich sind die Personen gut dargestellt, auch wenn man ihnen kaum Glauben schenken kann. Selbst die Vergangenheit, wie sie von manchen Charakteren dargestellt wird, ist bloß erfunden. Fast so, als würden die Menschen, um die es geht, gar nicht existieren, als hätten sie sich eine Scheinwelt aufgebaut und wissen vielleicht selber gar nicht mehr, wer sie einmal waren.


Aufmachung des Buches
Das Cover bei diesem Taschenbuch ist recht dunkel gehalten und weist im Grunde nur drei Farben auf, schwarz, weiß und rot. Wobei bloß der Autorenname in weiß fast mittig auf dem Cover zu finden ist. Der Großteil ist schwarz und es scheint als läge etwas, das man nicht sehen kann, im Schatten. Vielleicht ist dort etwas im Verborgenen, was nicht ans Licht gebracht werden soll, so lässt es sich mit dem Inhalt in Verbindung bringen. Der Teil des Covers, den man erkennen kann, zeigt eine Tür und ein Gitter, was gleich die Assoziation zum Gefängnis zulässt, als wäre der Weg verschlossen.


Fazit
Im Großen und Ganzen handelt es sich hier um eine interessante Geschichte, mit vielen Irrungen und Wirrungen, die es zu entschlüsseln gilt. Leider ist die Spannung nicht immer so greifbar, wie man es sich wünschen würde, daher ist das Buch nur bedingt zu empfehlen. Wer allerdings gerne einen Einblick in die Mentalität Sardiniens erhalten möchte, und dabei noch ein paar Ermittlungen verfolgen will, der wird hier auf seine Kosten kommen.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Kalter Wind in Genua
Band 2: Wölfe in Genua
Band 3: La crêuza degli olivi. Le donne di Bacci Pagano

Obwohl es bereits sieben Bände rund um den Privatdetektiv Bacci Pagano gibt, scheinen nicht alle auch ins Deutsche übersetzt worden zu sein.