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Kategorie: Ab 10 Jahre

Wie verwunschen wirkt das alte Kloster im sanften Licht des Mondes. Doch Nele ahnt, dass hinter seinen dicken Mauern ein Geheimnis lauert, das eng mit dem plötzlichen Verschwinden ihres Vaters verknüpft ist. Entschlossen, das Rätsel zu lösen, stellt sie sich zusammen mit ihrem Freund Flavio den dunklen Kräften des Klosters entgegen.

 

Holundermond 

Autor: Jutta Wilke
Verlag: Coppenrath
Erschienen: 01/2011
ISBN: 9783815753057
Seitenzahl: 320 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Als sich ihre Eltern Lilli und Jan trennen, bricht für die 12-jährige Nele die Welt zusammen. Sie muss nicht nur mit dem Auszug ihres Vaters aus dem elterlichen Haus zurecht kommen, die Sommerferien liegen außerdem lang und öde vor ihr, denn Jan muss wie so oft in den letzten Jahren auf Geschäftsreise. Er ist Historiker und fährt dieses Mal nach Wien, um dort den Diebstahl mehrerer wertvoller Gegenstände, die in Kirchen entwendet wurden, aufzuklären. Doch da hat er die Rechnung ohne die dickköpfige Nele gemacht. Kurzerhand fährt sie als blinder Passagier mit Jan nach Wien und gerät alsbald in ein gefährliches Abenteuer, als ihr Vater plötzlich spurlos verschwindet. Zusammen mit dem Jungen Flavio begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater und den verschwundenen Reliquien, und kommt so einem Jahrhunderte alten Rätsel auf die Spur, das seinen Anfang und sein Ende im Kloster Mauerbach nimmt.

Holundermond ist ein historisch inspirierter Roman mit Mystery- und Krimi-Elementen, der den Leser auf eine spannende und oft unerwartete Schnitzeljagd schickt, umrahmt von der historischen Kulisse der Kartause Mauerbach und beeindruckenden Schauplätzen in Wien.


Stil und Sprache
Erzählt wird in der dritten Person in der Vergangenheitsform. Zu Beginn der Erzählung findet eine Rückblende statt, die anhand der Kapitelüberschrift gut zu erkennen ist. Dadurch wird der Leser direkt neugierig gemacht, bekommt aber auch zunächst nur sehr wenig verraten. Die meisten Szenen finden in der aktuellen Zeit statt und werden nur gelegentlich an passender Stelle von Rückblicken unterbrochen. In der Gegenwart wechselt die Perspektive hauptsächlich zwischen den Kindern Nele und Flavio, die einen Großteil der Handlung einnehmen, dem maliziösen Dr. Holzer und Neles Vater Jan. Dadurch, dass man Einblick in die Situation und die Pläne der einzelnen Figuren erhält, wird eine besondere Spannung erzeugt, alles strebt einem finalen Höhepunkt zu, der in einem spannenden und überraschenden Showdown gipfelt.

Sprachlich liest sich die Geschichte flüssig, es wird sehr viel beschrieben, sodass man alle Protagonisten und Kulissen gut und lebendig vor Augen hat. „Nele entdeckte Mohnblumen und Wiesenschaumkraut, Butterblumen und wilde Rosen. Schmetterlinge in allen Farben tummelten sich zwischen den Blüten, und an den Stängeln krabbelten schillernde Käfer und winzige Spinnen, als suchten sie Schutz vor den Vögeln, die lebensecht von den Wänden herabblickten, als könnten sie jederzeit davonfliegen. Inmitten der Blumen, Gräser und Vögel versteckten sich die Türen zu den einzelnen Zimmern der Pension. Vor blauem Hintergrund zeigten sich riesige Bäume. Diese wirkten so real, dass Nele fast glaubte, das Rauschen der Blätter zu hören.“ (Seite 42)

Die Dialoge sind stimmig und auch die Gefühle und Gedanken der einzelnen Figuren werden authentisch vermittelt, gerade die Situation von Nele, die die Trennung ihrer Eltern verkraften muss, wird so sensibel dargestellt, dass ihre Trauer und Hilflosigkeit geradezu greifbar werden. „Jeden Tag war das Haus ein bisschen leerer geworden, mit jeder gepackten Kiste hatte es sein Gesicht ein wenig mehr verändert. Da, wo Jans Sachen fehlten, wirkten die Räume wie ein Bild, in dem jemand herumradiert hatte.“ (Seite 15)


Figuren
Die klare Hauptfigur des Buches ist die 12-jährige Nele. Sie muss gerade die Trennung ihrer Eltern verkraften und ein bisschen ist es für sie wie der Abschied von ihrer Kindheit. An der Schwelle zum Erwachsenwerden sieht sie viele Dinge schon sehr klar und realistisch, hängt aber im nächsten Moment lieb gewonnenen Kindheitserinnerungen hinterher. So schwankt auch ihr Verhalten zwischen Impulsivität und Rationalität. Der etwas ältere Flavio, den Nele in der Pension in Wien kennen lernt, wirkt zunächst sehr unbeschwert und selbstbewusst. Sein Vater Giovanni unterhält in der Hochsaison ein Eiscafé im Kloster, sodass der Junge größtenteils auf sich allein gestellt ist. Gerade deshalb freut er sich umso mehr, in Nele Gesellschaft zu finden. Doch gerade Flavios Selbstständigkeit weckt Schuldgefühle in dessen Vater, der sich ständig sorgt, ob er sich genug um seinen Sohn kümmert. Neles Vater Jan hingegen ist ein Vollblut-Historiker, der zwar seine Familie liebt, aber voll und ganz für seinen Beruf lebt und ohne Rücksicht auf Verluste seinen Forschungen nachgeht. Erst als er in Wien in Lebensgefahr gerät und um seine Tochter fürchten muss, merkt er, wie viel ihm seine Lieben bedeuten.

Der absolute Gegenspieler der Kinder ist der geheimnisumwitterte und düstere Historiker Dr. Holzer. Durch die verschiedenen Perspektiven in der Erzählweise ist schnell klar, dass er nichts Gutes im Schilde führt, doch seine wahren Hintergründe bleiben lange Zeit im Dunkeln. Er sorgt für den Spannungsfaktor. Neben den Hauptprotagonisten gibt es auch noch einige liebenswerte Nebenfiguren wie die fürsorgliche Pensionsinhaberin Vivianne, das zurückhaltende Mädchen Johanna und der verrückt wirkende Clochard Theophil.


Aufmachung des Buches
Das bedruckte Hardcover ist ein wahrer Eyecatcher. Zentral ist auf dem Cover ein weit verzweigter Baum zu sehen, der in den Titelschriftzug hinein ragt, welcher vor einem großen Vollmond steht. Im Vordergrund sieht man ein Mädchen und einen Jungen, die Hand in Hand einem historisch anmutenden, sakralen Gebäude entgegen rennen. Das Motiv wird auf der Rückseite in leichter Abwandlung wiederholt, mit dem Unterschied, dass nun der Klappentext auf dem Vollmond seinen Platz gefunden hat. Die ganze Szene ist in goldenes Licht getaucht, das die Baumrinde und die Konturen des Gebäudes leuchten lässt, ohne aber zu viele Details zu verraten, wodurch das Aussehen der Kinder ganz allein vor dem Auge des Lesers entstehen kann. Für den Innenteil hätte ich mir gewünscht, dass noch weitere Illustrationen dieses Stils die Seiten schmücken, jedoch ist dieser abgesehen von den geschwungenen Kapitelziffern sehr schlicht gestaltet. Erwähnenswert ist zudem noch die relativ groß gesetzte Schrift. Insgesamt ist es eine sehr gelungene Aufmachung, die jedes Bücherregal verschönert.


Fazit
Zwei Kinder, ein großes Geheimnis, Schurken, Verbündete, Zeitreisen – all das findet man in Kloster Mauerbach, und noch viel mehr! Ein wahrhaft märchenhaftes Abenteuer, das einen über die Grenzen der Zeit hinaus und wieder zurück katapultiert. Ich hoffe sehr auf weitere Geschichten mit Nele und Flavio!


4 5 Sterne


Hinweise
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