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Neuseeland 1859: Die sechzehnjährige Hannah kommt einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur. Doch eine lang gehütete Wahrheit zu entdecken birgt mehr Gefahren, als Hannah glaubt. Wer ist ihr leiblicher Vater und warum wurde ihre Herkunft so lange vor ihr verborgen gehalten? Hannah muss sich entscheiden. Wie weit wird sie gehen, um endlich Gewissheit zu bekommen? Hannah macht sich auf die Suche, ohne zu ahnen, dass sie auf ihrem Weg der Liebe ihres Lebens begegnen wird.

 

 

Originaltitel: A Respectable Girl
Autor: Fleur Beale
Übersetzer: Johanna Ellsworth
Verlag: Arena Verlag GmbH
Erschienen: 2007
ISBN: 978-3-401-06118-4
Seitenzahl: 329 Seiten


Die Grundidee der Handlung

Hannah wächst mit Zwillingsbruder Jamie im vorletzten Jahrhundert bei ihrem Vater in Neuseeland, genauer New Plymouth, auf. Ihre Freundin Judith verliebt sich in einen Offizier der Briten, was Hannah überhaupt noch nicht verstehen kann. Sie wird nie heiraten, das steht für sie felsenfest. Krieg mit den Maoris droht und nach und nach wird auch ihre Familie hineingezogen, denn Stiefmutter und kleiner Bruder sind Maori. Nachdem sich der Konflikt immer weiter zuspitzt, beschließen Hannah und Jamie, nach Großbritannien zu reisen. Jamie möchte nicht gegen den Bruder, der sich den Maori-Kriegern angeschlossen hat, kämpfen müssen und sowieso Ingenieur werden, was in der Kolonie nicht möglich ist. Seine Schwester ist inzwischen dem Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur gekommen und macht sich auf die Suche nach ihrem leiblichen Vater.


Stil und Sprache

Die Ich-Erzählerin Hannah hat ihren eigenen Stil. Auch wenn es seltsam klingt, sie scheint neben sich zu stehen und eine Fremde zu beschreiben, und doch ist man als LeserIn ganz bei ihr, sieht die Welt mit ihren Augen, und doch auch wieder nicht. Die Distanz zu sich selbst und ihren Mitmenschen tut dem Roman gut, Hannah erreicht damit eine große Objektivität und gleichzeitig wissen die Leser nie mehr als sie und dadurch entsteht Spannung, unabhängig vom Inhalt. Auch Landschaften kann Hannah/Beale anschaulich darstellen. Es fällt mir leicht mir ihre Heimat Neuseeland vorzustellen, den schwarzen Strand zu sehen und den Sand unter Hannahs Füßen knirschen hören.
Die Ich-Erzählerin verwendet eine etwas altertümliche Sprache, vor allem in den Dialogen, wenn auch nicht durchgehend. Bis hierher macht das Lesen echt Spaß, Schluss mit lustig ist allerdings nach ungefähr der Hälfte des Romans. Nachdem sie beschließt nach Britannien zu reisen wird es langweilig, und das obwohl die Autorin ihren Stil nicht ändert. Distanz erschafft nun nicht mehr Nähe, sondern erzeugt Fremdheit. Dem Teil, der in Britannien spielt, fehlt die Lebendigkeit und auch die Beschreibung der Landschaft fällt weitgehend aus. Während sich die Autorin viel Zeit für die Handlung in Neuseeland, ihrer Heimat, nimmt, peitscht sie die Handlung in Britannien regelrecht voran. Das unerwartete Happy End kommt viel zu überhastet, für die Ausgestaltung von Gefühlen bleibt kein Raum mehr, obwohl Hannahs Erlebnisse große Emotionen bei ihr auslösen. Ich bin nicht für Fortsetzungsromane, aber in diesem Fall wären zwei Bände angebracht gewesen.
Was mich noch an dem Britannien-Teil stört ist, dass weder Hannah, noch ihr Bruder einen Kulturschock erleiden. Sie kommen in ein völlig fremdes Land, betreten eine Gesellschaftsschicht, die sie nicht, auch nur ansatzweise, kennen, nehmen z.B. die Eisenbahn, als sei dies das Selbstverständlichste von der Welt – also das nehme ich der Autorin übel, hier hätte sie einfach besser aufpassen müssen. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Beale nie in Großbritannien war und ihre Kenntnisse nur aus Büchern hat und deshalb dieser 2. Teil so merkwürdig steif und, ja, tot wirkt.


Figuren

Man hat es bei diesem Buch fast mit einem Dickensschen Ensemble zu tun. Gute und Böse und Zwielichtige und allerhand sonstiges Personal. Die Figuren des Romans sind, ganz im Gegensatz zu Dickens, unterschiedlich gut ausgeführt. Hannah, die Erzählerin, kennt man natürlich ziemlich gut, sie lässt uns, die Leser, ja auch an ihrem Innenleben teilhaben. Ihre "neuseeländische" Familie schließt man auch gleich ins Herz, obwohl der Vater ein Trinker ist. Er erzieht seine Tochter aber zu einer Persönlichkeit mit eigener Meinung. Damit eckt sie zwar hin und wieder an, aber um in Britannien nicht unterzugehen, muss sie das auch sein. Blass bleiben ihre Freundin Judith und auch deren späterer Ehemann. Jamie, der Bruder, macht zunächst eine gute Figur, wird aber im 2. Teil ziemlich von der Autorin vernachlässigt. Man erfährt kaum noch etwas über ihn. Gut ausgearbeitet ist in diesem Teil ohnehin nur noch der Sekretär von Hannahs leiblichem Vater. Wie bereits bei Stil und Sprache erwähnt, hat Beale wohl keine rechte Lust mehr gehabt sich ihrer Geschichte mit der nötigen Sorgfalt zu widmen. Manche Motive, die die Personen im 2. Teil antreiben, sind auch nur schwer nachzuvollziehen, wirken irgendwie "erfunden".
Noch ein Wort zu Hannah: Sie ist sehr selbstständig und souverän, sie wirkt in ihrem Verhalten und ihren Ansichten zu modern. Das irritiert, aber wenn man nachliest, welche Ideen die von ihr bewunderten Frauen (Florence Nightingale, Mary Wollstonecraft ) vertreten, dann wundert man sich nicht mehr so sehr. Hannah passt so gesehen durchaus in ihre Zeit.


Aufmachung des Buches

Das Buch ist gebunden, mit orangefarbenem Lesebändchen. Das Cover zeigt ein Segelschiff mit gerefften Segeln in einer Bucht, ich schätze mal in der Morgendämmerung. Das Foto ist hinterlegt mit einem graphischen Motiv, das man von den Maoris kennt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man zwei Gesichter. Die Tätowierungen der Maori sind inzwischen ziemlich bekannt und man weiß so sofort, dass es sich um einen Roman aus Neuseeland handeln muss. Ich finde das Cover gut gelungen.


Fazit

Ein ganz brauchbares Buch, nur schade, dass die Autorin in der 2. Hälfte des Romans den Schwung und die Qualität der Ersten nicht beibehalten kann.


3 Sterne


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