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Mord im Dreivierteltakt. Wien 1899: Aufregung an der Oper. Während der letzten Proben der Saison, die Gustav Mahler leitet, kommt eine junge Sängerin ums Leben. Ein Vorhang stürzt herab und erschlägt sie. Ein Unfall? Alma Schindler, eine junge Verehrerin des Meisters, glaubt nicht daran. Sie wendet sich an den Anwalt Karl Werthen. Er soll nachforschen, ob jemand Gustav Mahler nach dem Leben trachtet. Wenig später geschieht ein zweiter Mord – und es wird ein Attentat auf den berühmten Komponisten verübt.

 

 

Originaltitel: Requiem in Vienna
Autor: J. Sydney Jones
Übersetzer: Wolfgang Thon
Verlag: Aufbau
Erschienen: 13. Dezember 2010
ISBN: 978-3746626499
Seitenzahl: 399 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Gustav Mahler, berühmter österreichischer Komponist und Dirigent, steht im zentralen Geschehen dieses Krimis. Die Ermittlungen in diesem Fall werden durch die damals junge Alma Schindler, die einem unter dem späteren Namen Alma Mahler-Werfel besser bekannt ist, ins Rollen gebracht. Als Ermittler fungieren - wie schon im ersten Band „Das Haus der Spiegel“ - der Anwalt Werthen und der Kriminologe Gross.
Mordanschläge und Attentate auf Mahler stehen im Mittelpunkt, auch einige Unschuldige fallen dem Täter zum Opfer und die beiden Ermittler tappen lange im Dunkeln, bis sie eine erste Spur entdecken.

J. Sydney Jones ist Amerikaner, der in Wien studierte und so die Stadt und seine Bewohner auch gut zu kennen glaubt. Als ÖsterreicherIn ist man zuerst etwas skeptisch, wenn ein Amerikaner meint, das Land so gut zu kennen, dass er auch um all die Eigenheiten und Gewohnheiten der Bewohner weiß, um diese in einem Buch auch authentisch darstellen zu können. Warum dem so ist, das zu erklären muss ich leider etwas in die Länge gehen: Fairerweise sei noch gesagt, dass Jones sich wirklich intensiv mit den Figuren der damaligen Zeit, des Jugendstils, auseinandergesetzt und recherchiert hat. Was nun die alltäglichen typischen Gewohnheiten der Österreicher oder speziell Wiener betrifft, so tappte der Autor aber dennoch des Öfteren gewaltig ins Fettnäpfchen. So lässt er sogleich im Prolog eine junge Sängerin aus dem hintersten Österreich kommen, dem Waldviertel. Nun, Österreich ist sicher ein kleines Land, aber das Waldviertel ist doch ziemlich nahe bei Wien. Dazu kommt, dass die Sängerin aus Krumau stammt, einer Stadt im heutigen Tschechien. Krumau lag nie in Österreich, sondern im damaligen Böhmen und dort wo Krumau liegt, grenzt Böhmen an das Mühlviertel und nicht an das Waldviertel…

Anton Bruckner starb zwar in Wien, ist aber in St. Florian in Oberösterreich begraben. Auch mit den österreichischen Speisen bzw. Ausdrücken hat der Autor (oder der Übersetzer?) so manches Problem. Auch wenn die Geschichte im späten 19. Jahrhundert spielt, so wage ich zu bezweifeln, dass ein Österreicher ein Wiener Schnitzel mit Kohlsalat gegessen hätte (und wenn überhaupt, dann mit Krautsalat). Dies galt – und gilt – als absolut verpönt! Und es gibt keinen Meerrettich, sondern Kren und es heißt nicht „Kipfel“, sondern „Kipferl“ und nicht „neue Kartoffeln“, sondern „heurige Erdäpfeln“. Kleinigkeiten? Das mag wohl sein, aber wenn man es schon wagt, so ins „Innerste“ eines Landes zu blicken, so muss man damit rechnen, von den Landsleuten sehr kritisch beäugt zu werden. Wie viel „Schuld“ daran aber der Übersetzer hat, vermag ich leider nicht zu sagen, denn in dessen Hand lag zweifelsfrei sehr viel.


Stil und Sprache
Der kalifornische Autor erzählt den Krimi mit leichter und unkomplizierter Sprache und lenkt so den Focus rein auf das Geschehen. Die meiste Zeit begleitet der Leser Werthen, nur ab und zu erlaubt ihm der Autor, auch Werthens Frau Berthe Meisner (die trotz Ehe mit Werthen ihren Nachnamen behielt, was für die damalige Zeit skandalös modern war) auf ihren Wegen und Ermittlungen zu folgen.

Gross und Werthen erinnern fern an Agatha Christies Ermittler Hercule Poirot und Kapitän Hastings, da der Stil im Vorgehen der beiden bei der Aufklärung der Morde ähnlich ist und Gross von sich selbst ebenso überzeugt ist wie Poirot. Allerdings hat der Autor Werthen mit wesentlich besserer Kombinationsgabe ausgestattet als Christie einst Hastings.

Jones erzählt schwungvoll, aber nie mit überschwänglichem Tempo und so kommen in der Mitte des Buches, als die Ermittlungen etwas stagnieren, leider auch ein paar Längen auf. Zum Schluss hin zieht der Autor aber das Tempo wieder an und kaum meint der Leser den wahren Täter nun endlich zu kennen, belehrt er ihn eines Besseren und gibt allem nochmal eine unerwartete Wendung. Die Aufklärung ist zwar nicht immens spektakulär, aber stringent und nachvollziehbar. Auch wenn der/die Täter nun gefasst sind, so bricht Jones die Geschichte nicht abrupt ab, sondern lässt sie quasi „gemütlich auslaufen“, so dass man schon gespannt sein darf, auf welche Jagd der Autor sein Duo das nächste Mal schicken wird.


Figuren
Mit Karl Werthen und dem Kriminologen Gross, hat der Autor ein sehr sympathisches „Ermittlerduo“ geschaffen. Da auch Werthens Frau Berthe gerne den Dingen nachgeht, kommt auch noch der weibliche Aspekt hinzu. Die Protagonisten sind sympathisch, wenngleich nicht mit wirklichem Tiefgang dargestellt. Da dies aber ein ohnehin mehr ein Krimi der „leichten“ Art ist, fällt dies nicht wirklich negativ ins Gewicht. Jones hat sich zweifelsfrei bemüht, die geschichtlich belegten Figuren wie Gustav Mahler oder auch Alma Schindler so darzustellen, wie sie auch charakterlich wirklich waren. Alma, die Mahler 1902 geheiratet hat, war in der Zeit in der die Geschichte spielt, noch nicht die „Femme fatale“ die sie später war, sehr wohl aber eine junge Frau mit großer Zielstrebigkeit, die sich ihrer Wirkung auf Männer durchaus bewusst war und Jones hat sie mit viel Feingefühl dargestellt. Überhaupt sind alle berühmten Persönlichkeiten – und derer begegnet man im Buch jede Menge – mit viel Fingerspitzengefühl sehr authentisch ins Leben gerufen.

Man trifft neben Gustav Mahler und Alma Schindler auch auf Gustav Klimt, Adolf Loos, Victor Adler, Otto Wagner, Eduard Hanslick, Karl Lueger, Karl Kraus und noch viele andere. Man bekommt direkt das Gefühl, alle Berühmtheiten aus Musik, Kunst und Literatur der Jugendstilzeit lebten damals in Wien. Und obwohl Jones in seiner Geschichte allen möglichen Persönlichkeiten einen kleinen Auftritt gewährt, hat er dies so geschickt in die Ereignisse mit eingebaut, dass diese nie überladen wirkt.


Aufmachung des Buches
Die optische Aufmachung dieses Taschenbuches ist absolut zur Thematik passend. Ein schwarzes Cover für das tragische Bestreben des Täters und die Klaviertasten auf der Vorderseite des Buches als Verbindung zur Musik und dadurch auch Gustav Mahler. Sehr erfreulich, dass der Verlag so auf den Inhalt des Werkes eingeht. Insgesamt 18 Kapitel führen durch das Buch, das von einer kurzen Danksagung beendet wird. Was wirklich fehlt, ist ein Nachwort des Autors, in dem er auch Bezug auf die bekannten Persönlichkeiten nimmt, denn der Leser, der in der Musik- und Kunstszene des Jugendstils weniger zu Hause ist, wird viele Namen nicht zuordnen können.


Fazit
Unabhängig von den einzelnen Fauxpas, die dem Autor über die Österreicher (einem Nicht-Österreicher werden diese kaum auffallen) passiert sind, ist es ein sehr angenehm zu lesender Krimi in gemäßigtem Tempo. Der Reiz dieses Buch liegt in der Fülle an großen Persönlichkeiten, denen man begegnet und Jones hat es sehr gut verstanden, diese Berühmtheiten mit seiner fiktiven Geschichte zu verbinden. Ein leichter und unterhaltsamer Krimi der etwas anderen Art, der kurzweiliges Vergnügen schafft.


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Das Haus der Spiegel

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