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Gustave Courbet (1819–1877) gilt als bedeutendster Vertreter des Realismus und Vorkämpfer einer sozial engagierten Malerei. Mit seinen lebensnahen Darstellungen setzte er sich über die Konvention der Idealisierung in der Kunst hinweg. Courbet hatte jedoch auch eine andere Seite: In seinen Porträts, Landschaftsbildern, Zeichnungen und Stillleben schildert er eine Welt der Versunkenheit, der Nachdenklichkeit und der Innenwendung, die ganz im Gegensatz zur hektischen Industrialisierung seiner Zeit steht. Die Publikation stellt diesen »anderen« Courbet vor, der von der deutschen Romantik ausgehend die Vision einer poetischen Kunst der Moderne realisiert, wie sie dann bei Paul Cézanne und Pablo Picasso, aber auch im Symbolismus und Surrealismus weiterentwickelt wurde. Die Versenkung in das Innere einer Persönlichkeit, in die Abgelegenheit unberührter Natur, aber auch die Thematisierung und Auflösung der Materie sind Ursachen dafür, dass sich viele Künstler der Gegenwart auf ihn berufen.

 

Courbet_Ein_Traum_von_der_Moderne 


Autor: Klaus Herding und Max Hollein (Herausgeber)
Verlag: Hatje Cantz
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-7757-2628-3
Seitenzahl: 304 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Gustave Courbet wird landläufig als wichtiger Vertreter des Realismus und "Verfechter einer sozial engagierten" Kunst gesehen. Berühmte Gemälde sind "Die Steinklopfer" von 1849 oder "Die Kornsieberinnen" von 1855. Dass Courbet aber viel mehr als "nur" ein Vertreter des Realismus ist, zeigt der vorliegende Band zu einer Ausstellung in der Frankfurter Schirn, "Ein Traum von der Moderne". Hier wird der französische Maler unter einem anderen Gesichtspunkt als bisher betrachtet: Nicht mehr der Realist steht im Mittelpunkt, sondern der Visionär, der eine poetische Kunst der Moderne schaffen möchte.

Traum, Schlaf und Versenkung sind Motive, die Courbet immer wieder aufgegriffen hat. Nicht allgemeingesellschaftliche Themen stehen im Mittelpunkt, sondern die Introspektion. Und wo lässt sich die Innenschau am besten aufzeigen? Im Porträt - insbesondere im Selbstporträt. So ist es nicht verwunderlich, dass Courbet zahlreiche Selbstporträts anfertigte, in denen er v.a. das Thema Verzweiflung aufgriff (etwa im "Selbstbildnis am Abgrund", das um 1846-48 entstand). Der vorliegende Band versammelt 13 Aufsätze, die sich dem "verträumten", innerlichen Courbet widmen.

Folgende Texte sind enthalten:

  • Max Hollein: Vorwort
  • Klaus Herding: Der "andere" Courbet
  • Werner Hofmann: Courbet - Künstler, Träumer, Philosoph
  • Ulrich Pfarr: Wie sich das Innere zeigt - Introspektion und mimischer Ausdruck bei Courbet
  • Michele Haddad: Träumende Akte
  • Segolene Le Men: Courbet als Maler von Albtraum und Schlaf
  • Sylvain Amic und Florence Hudowicz: Courbets "Klassische Walpurgisnacht" - Ein verschwundenes Gemälde und sein unverhofftes Wiederauftauchen
  • James H. Rubin: Courbet, Wagner und das Volkslied
  • Paul Galvez: Im Auge des Sturms
  • Bettina Erche: Die Dame auf der Terrasse - Traum oder Wirklichkeit?
  • Gilbert Titeux: Auf der (Traum-)Fährte des Hochwilds - Zu Courbets Jagdbildern
  • Linda Nochlin: Courbet und die Darstellung des Elends - Ein Traum von der Gerechtigkeit
  • Klaus Herding: Courbet in der Kunst der Moderne und der Gegenwart
  • Margret Stuffmann: Courbet zeichnet

Im zweiten Teil des opulenten Bandes werden die in der Ausstellung gezeigten Gemälde, Zeichungen und Skizzen vorgestellt - mit Interpretationen.

In den Aufsätzen werden äußerst interessante Themen aufgegriffen, die den kultur- und kunstgeschichtlich Interessierten Leser/Betrachter beispielsweise in die Ikonologie des Traums einführen. In der Historienmalerei, der biblischen Ikonografie oder auch im niederländischen Naturalismus waren Schlafende bereits ein beliebtes Motiv, das allerdings selten im Mittelpunkt stand. Courbet machte schließlich ein Hauptmotiv daraus. Als Leser erfährt man auch viel über die kultur- und geistesgeschichtliche Hintergründe, die Courbets Schaffen stark beeinflussten. Auch sein Leben - und hier u.a. auch seine besondere Beziehung zu Frankfurt/Main ist Thema.

Die Texte sind gut verständlich und wenden sich somit nicht nur an kunsthistorisch Vorgebildete, sondern durchaus auch an interessierte Laien. Damit ist auch die Zielgruppe recht umfassend. Historisch, kunsthistorisch und/oder kulturwissenschaftlich interessierte Leser finden hier eine wunderschön gestaltetes Kunstbuch, das in die Zeit Courbets entführt.

 
Aufmachung des Buches
Das Buch ist großformatig (29,6 x 24,6 cm) und fest gebunden. Es ist mit einem Schutzumschlag versehen, auf dem das Ölgemälde mit dem Titel „Jo, die schöne Irin“ von 1866 abgebildet ist. Im Buch findet man insbesondere im 2. Teil die qualitativ sehr hochwertig gedruckten Gemälde und Skizzen des Künstlers – auch sehr großformatig. Die Papierqualität ist sehr gut.

Das Cover ist sehr schön gestaltet und hat mich gleich angesprochen.


Fazit
Ein wunderschön aufgemachter, interessanter Band über den "anderen" Courbet - einen Maler, den es noch zu entdecken gilt. Sowohl der Textteil als auch der Bildteil haben mich vollauf überzeugt. Sehr zu empfehlen!



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün


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