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Kategorie: Ab 10 Jahre

Als ich mich aufrichtete, hörte ich ein unmerkliches Flüstern, als striche der Wind leise über das Pflaster. Eine schattenhafte Gestalt huschte an mir vorbei. Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Dann sah ich es, ein nachtschwarzes Wesen, das dunkler als dunkel war.
Es war kein Mann, sondern ein Schatten mit männlicher Gestalt, schwarz wie Tinte, konturlos wie ein Luftwirbel. Wo der Kopf sein sollte, befand sich ein einziges, rot glühendes Auge, das mich anstarrte. Ein Schatten!
Ich hörte ein weiteres Flüstern, worauf ein zweiter Schatten um den Brunnen herumkam. Er bewegte sich so sacht, als gleite er auf unsichtbaren Kufen, und schien ganz aus schwarzem Rauch zu bestehen. Seine konturlosen, schattenhaften Finger griffen nach meinem Arm. Ich zuckte zurück. Doch die kurze Berührung hatte meinen Arm bereits taub und steinhart werden lassen. Der Rauch hüllte mich ein – nein, kein Rauch, sondern ein schwarzer Nebel, trockener als steinalte Knochen.

 

Der_magische_Dieb_2 

Originaltitel: The Magic Thief - Lost
Autor: Sarah Prineas
Übersetzer: Knut Krüger
Verlag: cbj
Erschienen: 27.09.2010
ISBN: 978-3-570-13562-4
Seitenzahl: 288 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Conn – ein Magier ohne Locus Magicalicus und damit ohne Möglichkeit, mit der Magie in Kontakt zu treten. Zumindest fast, denn er findet heraus, dass Explosionen es ihm erlauben, mit der Magie von Wellmet eine Verbindung aufzubauen. Die Magie will Conn unbedingt etwas mitteilen, doch was? Es muss etwas mit den Schattenwesen zu tun haben, die nachts Wellmet unsicher machen und die Menschen zu Statuen verwandeln. Die Spur führt nach Desh, zum Hexerkönig Jaggus. Um die Magie zu retten, macht Conn sich auf den Weg, den Ursprung der Gefahr zu ergründen und zu vernichten …


Stil und Sprache
In der ersten Person führt vor allem Conn den Leser durch die Geschichte, wobei gleich das erste Kapitel mit einer turbulenten Szene aufwartet und den Leser in das Buch hineinzieht. Briefe und Tagebucheinträge weiterer Figuren – wie zum Beispiel Nevery Finglas‘ und Rowan Forestals – erlauben einen Blick auf ihre Ansichten, Gedanken und Gefühle, und damit auch auf Geschehnisse, von denen Conn nichts weiß. Die farbenfrohen – und teilweise auch düsteren – Beschreibungen erwecken die Worte zum Leben und lassen die Szenen wie einen Film vor dem inneren Auge des Lesers ablaufen. Geprägt von Conns Stil, ist die Sprache zwar einfach gehalten, dabei aber keineswegs langweilig, sondern bildreich und eingängig. Dabei ist es der Autorin besonders gut gelungen, den Stil in den Briefen und Tagebucheinträgen der jeweiligen Figur anzupassen, die sie verfasst hat. So heben sich Neverys Briefe nicht nur durch eine kursive Schrift und hellgrau marmoriertes Papier vom restlichen Text ab, sondern auch durch seine freundlich-amüsante, ja teilweise gar biestige Art. Brumbees „Tonfall“ ist hingegen freundlich-förmlich und Rowans Tagebucheinträge – in einer besonders hübschen Schrift wie auf Briefpapier abgedruckt – erlauben es dem Leser, ihre Reise nach Desh in ihrem kühl und durchdacht anmutenden Stil mit zu verfolgen. Dabei baut Sarah Prineas scheinbar mit Leichtigkeit Spannung auf und hält diese größtenteils aufrecht, lediglich an der einen oder anderen Stelle hätte die Geschichte ein wenig mehr Tempo vertragen können. Das Ende schließlich ist ein Cliffhanger, der es dem Leser nicht gerade leicht macht, auf den dritten Band der Trilogie zu warten …


Figuren
Conn (eigentlich Connwaer), hat viele Talente, wobei das Herausragendste wohl seine Fähigkeit ist, sich in Schwierigkeiten und die Leute gegen sich auf zu bringen. Zudem ist er ein hervorragender Taschendieb und Schlossknacker. Wie alt er ist, weiß er selbst nicht, lebte er doch den Großteil seines Lebens auf der Straße und hat sich irgendwie durchs Leben geschlagen. Erst als der mürrische und nicht selten ungeduldige Nevery ihn bei sich aufgenommen hat, hat sich Conns Leben von Grund auf verändert. So ist er auch Rowan, der Tochter der Herzogin, begegnet, die für ihr Alter sehr erwachsen und vernünftig wirkt.
Neben diesen Figuren trifft man noch auf einige andere, wie den furchteinflößenden und doch so liebenswerten Benet, den Straßenjungen Dee und natürlich den Zauberkönig der Wüstenstadt Desh: Jaggus. Dieser ist eine interessante und nicht leicht zu durchschauende Figur, die nicht einfach nur böse ist. Sara Prineas versteht es, ihren Figuren Substanz zu verleihen.


Aufmachung des Buches
Optisch ist auch der zweite Band der Reihe ein Hingucker. Der Schutzumschlag ist interessant und durch die Gold glänzenden Verzierungen edel gestaltet und macht durch den kleinen Ausschnitt in der Mitte des Covers bereits neugierig auf den Inhalt. Doch nicht nur von außen ist das Buch schön aufgemacht, auch das Innere wurde liebevoll gestaltet. Neben einer Karte von Wellmet und den Herzogtümern der Halbinsel zu Beginn sowie Illustrationen zu Beginn jedes neuen Kapitels, findet der Interessierte zum Abschluss einen umfangreichen Anhang. Neben wichtigen Personen und Plätzen ist auch das Runenalphabet von Wellmet abgedruckt, das es Rätselfreunden erlaubt, geheime Botschaften innerhalb des Buches zu entschlüsseln. Rezepte und Anmerkungen zum Schwertkampf runden das Ganze schließlich ab.


Fazit
„Der magische Dieb – Auf der Spur der silbernen Schatten“ ist eine gelungene Fortsetzung der Trilogie rund um den Magier und Taschendieb Conn. Eine spannende Geschichte, die den Leser ungeduldig auf den abschließenden Band der Trilogie warten lässt.


4_Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1:
Auf der Jagd nach dem Stein der Macht