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Manche Menschen sind Tiere.

Nigel ist sicherlich nicht der Hellste. Aber er ist meistens ganz guter Laune. Im Büro gibt es immer etwas zu kopieren, und außerdem sind da Cheryl und Karen. Auch im Pub, den seine Eltern früher führten und in dem Nigel jetzt wohnt, fühlt er sich wohl. Es gibt hier zwar kein Bier und keine Zigaretten mehr, aber Nigel interessiert sich sowieso mehr für Fernsehen und Comics. Und dann ist da noch der Keller. Hier hält Nigel seine Mitbewohner. Dass die nicht freiwillig da unten wohnen, stört Nigel nicht …

 

 

Originaltitel: Animals
Autor: Simon Beckett
Übersetzer: Andree Hesse
Verlag: rowohlt
Erschienen: 02/2011
ISBN: 978-3499249150
Seitenzahl: 288 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Nigel lebt nach dem Tod seiner Eltern vor einigen Jahren allein in deren altem Pub. Geistig eher eingeschränkt, hat er einen Job als „Mädchen für alles“ in einem Büro, beschäftigt sich dort mit Botendiensten und Kopieren. In seiner Freizeit liest er am liebsten Comics und schaut sich Zeichentrickfilme an, allerdings hat er noch ein anderes Hobby: im Keller des Pubs hat er Verschläge gebaut und hält darin Menschen gefangen, die er auf der Straße aufgelesen hat. Drogensüchtige, Prostituierte und Obdachlose, die niemand vermisst. Als zwei Mädchen aus dem Büro mit einem weiteren Kollegen im Schlepptau zu Besuch kommen, eskaliert die Situation und Nigels Geheimnis droht ans Licht zu kommen …


Stil und Sprache
Gleichzeitig mit dem neuen David-Hunter-Roman „Verwesung“ wurde Simon Becketts zweiter Roman aus dem Jahr 1995 neu veröffentlicht und auf den deutschen Markt gebracht. Der direkte Vergleich zeigt dann auch, dass in den dazwischen liegenden Jahren – zum Glück – eine deutliche Weiterentwicklung stattgefunden hat.

„Tiere“ zeichnet sich durch eine sehr einfache Sprache aus, was sicherlich auch dadurch begründet ist, dass Nigel aus der Ich-Perspektive erzählt und ganz offenkundig nicht der intelligenteste Mensch unter der Sonne ist. Sehr naiv sind seine Formulierungen, kurze Sätze mit einfachen Worten, und doch schockt einen seine Sicht der Dinge immer wieder aufs Neue, wenn es um die „Tiere“ in seinem Keller geht. Gerade weil er ganz nüchtern wiedergibt, was er tut, wie er den Menschen Schüsseln mit Hundefutter hinschiebt, mit ihnen Spielchen treibt, sie um ihre Nahrung kämpfen lässt und sie bestraft, wenn sie nicht tun, was er verlangt, gerade deshalb geht einem das als Leser so nahe. Seine Herabwürdigung der gefangenen Menschen zu Tieren macht Angst, schockiert und erzeugt Ekel. Ich mochte so manches Mal gar nicht weiterlesen und musste mich immer wieder zwingen, es doch zu tun.

Die Story an sich ist wie Nigel selbst eher schlicht, in Rückblenden erklärt er sein bisheriges Leben, in der Gegenwart interessiert ihn nur der bevorstehende Besuch der beiden angebeteten Kolleginnen Cheryl und Karen. Die Eskalation der Situation, als Nigels Besuch Geräusche aus dem Keller hört, ist relativ vorhersehbar, der Schluss unbefriedigend und blutleer. Alles in allem haben mir die teilweise richtig abstoßenden Schilderungen von Nigels „Hobby“ dieses Buch ziemlich verleidet, da kann der Autor sein Handwerk noch so gut verstehen, eine solche Geschichte will ich einfach nicht gern lesen.


Figuren
Simon Beckett zeichnet mit Nigel einen schlichten Charakter sehr detailliert und komplex, mit einer beängstigenden Lebensgeschichte und sehr real. So einer wie Nigel macht einem Angst, auch wenn er nicht durch und durch schlecht ist. Er hat auch seine sanften Seiten, sein Lieblingsfilm ist „Bambi“ und seine Schüchternheit und Naivität manchmal ein Schmunzeln wert. Simon Beckett erklärt auch in seinem Vorwort zum Roman, dass es ihn gereizt hat, ein „Monster mit menschlichem Antlitz“ zu erschaffen. Denn genau das ist Nigel, er versteht nicht, dass das, was er tut, falsch ist, er kann nicht einmal erklären, warum er es tut. Und obwohl er selbst so grausam sein kann, hat er doch stets Angst davor, selbst einem „Irren“ zu begegnen. Echt gruselig, dieser Nigel …

Die anderen Figuren dieses Romans sind Nebensache und dienen nur als Staffage für Nigels Geschichte, so etwa die Menschen in seinem Keller. Sie entsprechen dem Bild, das auch Nigel sich von ihnen gemacht hat, tragen kaum noch menschliche Züge und habe alle Individualität verloren. Da kann es einen echt schütteln … aber auch Cheryl und Karen sind ein einziges Klischee und nicht sehr liebevoll ausgedacht.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist ähnlich aufgemacht wie auch die anderen Neuauflagen der alten Beckett-Romane, ganz in Weiß mit dem Titel in Knallrot. Das Wort „Tiere“ ist dabei auf zwei Zeilen verteilt und wirkt wie mit krakeliger Handschrift geschrieben, erhaben und in Spotlack ausgeführt, verführt diese Aufmachung direkt zum Zugreifen. Innen gibt es ein Vorwort von Simon Beckett zur Neuveröffentlichung des Romans und dann 27 nummerierte Kapitel.


Fazit
Ich bin aus dem Thriller-Genre so einiges gewohnt, aber das war mir einfach zu viel. Der angekündigte „schwarze Humor“ muss mir entgangen sein, stattdessen waren mir viele Szenen einfach widerwärtig und ekelhaft. Dieses Buch ist wirklich nur etwas für absolute Fans und zartbesaiteten Lesern keinesfalls zu empfehlen. Nur wegen der handwerklich guten Umsetzung und weil mir bewusst ist, dass Geschmäcker verschieden sind, bekommt „Tiere“ noch eine Durchschnittswertung von mir.


3 Sterne


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