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Rom, Anno Domini 963: Eine der mächtigsten Frauen steht vor Gericht. Marocia, Senatrix von Rom, wird des Hochverrats angeklagt! Der Prozess bietet Anlass, auf ihr Leben zurückzuschauen. Als blutjunges Mädchen von der eigenen Mutter verschachert, wird sie Geliebte des Papstes Sergius III. und will nur eins: ihr Leben selbst bestimmen. Wie kaum eine andere Frau zu dieser Zeit erkämpft sie sich raffiniert Macht und Einfluss. Als sie, über 90-jährig, im Kloster stirbt, war sie Geliebte, Mutter, Großmutter und Tante je eines Papstes, kreuzte den Weg der Großen des Jahrhunderts und begegnete der Liebe ihres Lebens …

 

  Autor: Eric Walz
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 11/2003
ISBN: 978-3442364930
Seitenzahl: 636 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Autor hat sich auf jeden Fall eine äußerst interessante Figur als Protagonistin ausgesucht. Marocia hat wirklich gelebt, allerdings stehen die historischen Fakten auf sehr schwachen Beinen, da nur die Überlieferung bzw. die Niederschrift über ihr Leben von Liutprand von Cremon existiert, der einer ihrer größten Gegner war.
Der Autor lässt im Grunde Marocia in ihr Leben zurückblicken, denn das Buch beginnt mit ihrer Gerichtsverhandlung im Jahre 963. Angeklagt wegen Hochverrat, verteidigt sich die zu diesem Zeitpunkt 73-jährige famos und mit geschickt gesetzten Seitenhieben. Ihre Erzählungen vor Gericht sind praktisch die Rückblenden in ihr Leben.


Stil und Sprache
Eric Walz` Stil und Sprache sind mitreißend, flüssig, kompakt und gut zu lesen. Ganz nebenbei bekommt der Leser einen sehr guten Einblick in die damalige Welt Roms und die Lebensumstände der Bewohner. Allerdings erhält man nur Einblicke in die etwas „bessere Gesellschaft“ von Rom, da auch die Protagonistin aus gehobenen Verhältnissen stammt.
Geschickt hält Eric Walz den Spannungsbogen durch die beiden zeitlich getrennten Erzählstränge so straff, dass die Geschichte nicht ein Mal in diesen 650 Seiten abflacht.
Der Autor hat sich auch erlaubt, einige historische Figuren umzubenennen, da es ansonsten zu viele Johannese, Marocias oder auch Theodoras gegeben hätte, was für den Leser bestimmt verwirrend gewesen wäre. Dies hat der Autor in einem Nachwort aber auch gut erklärt.
Und trotzdem lässt er einen mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Hat Eric Walz auch versucht, Marocia möglichst authentisch erscheinen zu lassen, – was ihm aufgrund der fehlenden Hintergrundinformation ohnehin viel Freiheit für eigene Interpretation ließ – so hat er sich jedoch einige andere Fauxpas geleistet, die einem Leser der Wert auf historische Korrektheit bzw. Authentizität legt, doch etwas stören.
Zum Beispiel ist da immer wieder von „Kutschen“ die Rede, mit denen Marocia durch die Gegend reist. Hat der Autor dies bewusst gemacht oder dies einfach nicht hinterfragt? Alleine das Wort „Kutsche“ wurde erst im 15. Jahrhundert geprägt, vorher, gerade bei den Römern, gab es bestenfalls gefederte Reisewagen.
Dann gibt Eric Walz seinen Figuren öfter einen Bogen bzw. ein Blatt Papier in die Hand… die Chinesen hatten Papier zwar schon erfunden, aber nach Europa wurde es erst gut 150 Jahre später von den Spaniern gebracht. Leider könnte man noch weitere „Kleinigkeiten“ anführen.


Figuren
Alle Figuren sind plastisch und greifbar gezeichnet. Es gibt absolut keine schwarz-weiß-Malerei der Charaktere, was die Figuren sehr glaubhaft wirken lässt.
Marocia hat Eric Walz als eine ungewöhnlich starke Frau dargestellt und sie muss wohl auch eine starke Persönlichkeit gewesen sein, wenn sie sich zu dieser Zeit so gegen die männliche Übermacht behaupten konnte. Allerdings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er seine Protagonistin quasi auf einen Sockel gestellt hat. Diese Figur fasziniert ihn und er bewundert sie und dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Allerdings zeigt sich dies oft etwas „zwischen den Zeilen“ und so manches Agieren Marocias würde man eher einem Mann zuschreiben als einer Frau.
Zusammengefasst sind aber alle Figuren so, wie man sie sich als Leser nur wünschen kann. Man findet schwächliche, rücksichtslose, brutale, intelligente, feinfühlige, dumme und hässliche Darsteller genauso, wie gertenschlanke, wohlgeformte oder unförmige dicke. Charakterzüge im Positiven wie im Negativen sind genauso vielschichtig vertreten, wie die äußerlich verschiedenen Erscheinungen der Menschen.


Aufmachung des Buches
Schade. Wie so oft ist auch dieses Buch nur als Taschenbuch erhältlich. Dieses bietet aber umfangreiche Zusatzinformation für den Leser. So findet man gleich am Anfang des Buches zwei Landkarten. Einmal Italien und einmal Mittel- und Südeuropa, auf denen die damaligen Grenzen und Bezeichnungen der einstigen Herzog- und Fürstentümer eingezeichnet sind. Am Ende des Buches findet man ein ausführliches Personenregister und ein Nachwort des Autors. Das Buch ist in neun Teile gegliedert und diese wiederum in Kapitel geteilt. Auf dem Umschlag sieht man eine alte Krönungszeremonie mit Bischöfen, Kardinälen und dem (??) Papst.


Fazit
Es ist ein wunderbares Buch, das sich flüssig liest und einem die Welt herum vergessen lässt. Eric Walz ist mit diesem Debütroman ein sehr unterhaltsames und interessantes Werk gelungen. Leser, die sich gerade im Genre der historischen Romane einlesen und auf diesem Gebiet noch wenig Wissen haben, werden in diesem Buch einen herrlichen, kurzweiligen Wälzer finden. Erfahrene, informierte und interessierte Leser dieses Genres und vor allem dieser Zeit, werden aber die oben erwähnten Fauxpas auffallen und dem Buch dadurch einige Punkte abziehen.
Ich selbst hätte dem Buch ohne diese „Kleinigkeiten“ gerne 1 Stern mehr gegeben. Wer sich an diesen Punkten aber nicht stört, wird Unterhaltung und Leselust pur erleben.


3 5 Sterne


Hinweise
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