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„Es gibt Menschen, die kommen in dein Leben und machen einen Bettler aus dir. Andere wieder verwandeln dich in einen König – die einen können nicht lieben, die anderen lieben dich so, dass du mal König, mal Bettler wirst, je nachdem, was das Leben gerade von dir will. Denn durch sie liebt dich das Leben. Und das Leben packt dir die Koffer für beide Fälle.

 

 

Autor: Marica Bodrozic
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
Erschienen: 23.08.2010
ISBN: 978-3630873343
Seitenzahl: 256 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Das Gedächtnis der Libellenist die Beschreibung einer schmerzhaften Erfahrung einer unglücklichen Liebe. Die aus Dalmatien stammende Ich-Erzählerin Nadeshda wirft uns mittenhinein in ihre unheilverkündende Liaison zu dem verheirateten Ilja. Sie eilt von Treffen zu Treffen durch ganz Europa, zwischendurch paralysiertes Warten, die Hoffnung, ihn für immer an sich binden zu können, obwohl er von Anfang an klarstellt, er würde seine Frau, den sicheren Hafen, niemals verlassen. So setzt sie all ihre Hoffnung in ihren Charme, ihre Klugheit und Weltgewandtheit, und beweist dennoch, dass sie in ihrem Zukunftsvertrauen, in dem Glauben an die Liebe tief in ihrem Innern gefangen ist.

Die unglückliche Liebe zu Ilja entpuppt sich als psychologische Aufarbeitung ihres eigenen Lebens und beschreibt einen weiten Lebensbogen. Sie nimmt uns mit in ihre Heimat Dalmatien, erklärt uns die Umstände, warum sie von ihrer Tante aufgezogen wurde. Der Vater, ein Libellenmörder und Kinderschänder, floh mit der Mutter nach Chicago, ließen die Tochter im damaligen Jugoslawien zurück. Nadeshda studiert in Paris und New York und zieht schließlich nach Berlin, immer auf der Suche nach sich selbst.

Berlin ist auch die jetzige Heimat Bodrozics, die mit 9 Jahren selbst aus Dalmatien nach Frankfurt kam. Die Jugoslawienkriege in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts scheinen in ihr als ein Unrecht zu wüten, das gerichtet werden muss. Sie richtet den Krieg mit Worten als einen Kampf der Zerrissenheit, der sich in der Liebesgeschichte von Nadeshda und Ilja widerspiegelt.


Stil und Sprache
Die Ich-Erzählerin erzählt uns bereitwillig, Nadeshda sei nicht ihr wahrer Name, sie habe ihn sich selbst gegeben. Ebenso sei der Name ihres Geliebten Ilja reine Fiktion. Bodrozic spielt in ihrem Roman mit orakelnden Namen. Nadeshda bedeutet Hoffnung und ist in Anlehnung an André Bretons Roman Nadja Sinnbild einer verhängnisvollen und leidenschaftlichen Liebe; Ilja steht für die russische Bedeutung "Mein Gott ist Jahwe". Wohingegen ihre beste Freundin und ihre Tante Namen ohne jegliche Sinnhaftigkeit erhalten haben, sie dienen nur der Reflexion.

Marica Bodrozic schreibt in einer ruhigen und bedachten Sprache, wobei ihre retrospektive Erzählhaltung in all ihren Nuancen von der Innenwelt zur Außenwelt nur scheinbar aus einer Naivität heraus entsteht. Mit Temperament und Exaktheit beschreibt die Autorin die ausweglose Suche Nadeshdas nach sich selbst, nach ihrer Hoffnung. So weist der Roman auch keine stringente Handlung auf, sondern der  "stream of consciousness" setzt sich aus mannigfachen Erinnerungsstücken zusammen. Wider dem Vergessen sammelt die Erzählerin die Bilder ihrer Vergangenheit und schafft so einen literarischen Protest zur gewalttätigen Realität des letzten Jahrhunderts in ihrer Heimat. Der Roman ist ein niemals zu vervollständigendes Puzzle.


Figuren
Die Ich-Erzählerin Nadeshda steht im Mittelpunkt der Erzählung. Die promovierte Physikerin hängt ihren Job an den Nagel, um Schriftstellerin zu werden. Auf eine ihrer Lesereisen lernt sie Ilja kennen und lieben. Ihre unglückliche und blinde Liebe assoziiert sie mit Begebenheiten aus ihrem Leben, dem vergangenen und dem gegenwärtigen. Bilder ihres grausamen Vaters tauchen auf und obwohl er nur mit wenigen Pinselstrichen gezeichnet ist, hinterlässt er im Nebel des Unsagbaren ein abscheuliches Bild.

Mit enormer Intensität lässt sie Ilja aufleben. Er ist ihr zweites Ich, der Mann, dem sie blind folgt, den sie in allen Einzelheiten beschreibt. Dennoch wirkt der Liebesroman in seiner Sentimentalität nicht überladen. Daneben treten nur noch ihre beste Freundin Arjeta und ihre Tante Filomena in diesem sparsam instrumentierten Roman auf, der allein aus der den verletzenden Abschieden nachempfundenen Sprache lebt. Arjeta und Filomena dienen beide zur Reflexion Nadeshdas und bleiben in ihrer Erscheinung geradlinig.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen. Auf dem weißen Cover ist die lilafarbene Blüte einer Japanrose abgebildet. Die Umschlaggestaltung wurde von R-M-E realisiert.


Fazit
Die rastlose und zum Teil fragmentarische Erzählweise Nadeshdas, das Springen von einer Erinnerung zur nächsten durch Raum und Zeit ist manchmal mühevoll. Dennoch ist es Marica Bodrozic gelungen, eine Liebesgeschichte ohne Larmoyanz zu schreiben. Sie fordert den Leser geradezu heraus, sich auf das blinde Verlangen Nadeshdas zu einer schicksalhaften Liebe einzulassen.


4 Sterne


Hinweise
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