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Nach dem Tod seiner Frau Clare sitzt Bill Warrington allein in seinem Haus. Mit seinen drei Kindern ist er zerstritten. Mike, Nick und Marcy sind mehr oder minder gescheiterte Existenzen. Während Nick nicht über den Tod seiner Frau hinwegkommt, erleidet Mike beruflich Schiffbruch. Marcy versucht, eine neue Beziehung einzugehen, doch dem steht ihre aufsässige Tochter April im Weg. Um seine Kinder zu einem großen Familientreffen zu bewegen, beschließt Bill, mit April nach San Francisco zu fahren – mit ihr am Steuer, denn er leidet immer stärker an Alzheimer. Ein großes, wunderbares Abenteuer beginnt.

 

 

Originaltitel: Bill Warrington's Last Chance
Autor: James King
Übersetzer: Armin Gontermann
Verlag: Aufbau-Verlag
Erschienen: 12/2010
ISBN: 978-3746626291
Seitenzahl: 366 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Dem Klappentext bleibt nicht viel hinzuzufügen, er fasst die Handlung umfassend zusammen. Allerdings braucht es fast bis zur Hälfte des Buches, bis es so richtig losgeht mit der Reise nach San Francisco, man muss also etwas Geduld aufbringen. Ich hatte allerdings erwartet, dass Bill Warringtons Krankheit stärker im Mittelpunkt stehen würde, stattdessen steht eher Aprils Entwicklung vom störrischen Teenager zu einer jungen Frau im Zentrum des Geschehens.


Stil und Sprache
Wie schon gesagt, die eigentliche Reise von Bill und April beginnt erst recht spät, vorher werden sehr ausführlich die Lebensumstände von Bills Kindern Mike, Nick und Marcy geschildert. Warum sie eigentlich zerstritten sind, wird nicht so ganz klar, hier gibt es nur Andeutungen und spärliche Verweise auf Geschehnisse in der Vergangenheit der Familie. Spannung erzeugt James King allein durch den Wechsel der Perspektiven, anfangs springt er kapitelweise zwischen den drei Geschwistern und ihrem Vater hin und her, später bekommt auch April einen eigenen Erzählstrang.

Sprachlich zeigt sich James King eher derb, manchmal fast rüpelhaft. Der Umgangston in der Familie Warrington ist geprägt von Beschimpfungen, bösen Anfeindungen und sehr umgangssprachlichen Redewendungen. Wenn Vater und Tochter sich als „Klugscheißerin“ und „Mistkerl“ titulieren, dann ist das weder angenehm zu lesen noch wäre es notwendig, um die gespannte Beziehung zwischen den beiden darzustellen. Auch die gebrüllten „Gespräche“ von April und Marcy engleisen mir einfach zu oft, um authentisch zu sein.
Dafür ist es James King aber gelungen, sich gut in den von beginnendem Alzheimer geplagten Bill Warrington zu versetzen. Seine Nöte, seine immer stärker werdende Verwirrung, die dazwischen immer wieder aufblitzende plötzliche Klarheit, das alles ist sensibel und schon ziemlich beängstigend dargestellt. Leider bemerkt offenbar keines seiner Kinder etwas von seiner Krankheit, das wiederum kann ich überhaupt  nicht nachvollziehen.

Die Familienprobleme werden auch am Ende nicht wirklich gelöst, vielmehr kümmern sich zwar alle um ihren Vater bzw. Großvater, aber untereinander bestehende Konflikte werden nicht gelöst, sondern fallen einfach unter den Tisch. Hier wäre wirklich mehr drin gewesen!


Figuren
Die Figuren dieses Romans haben eines gemeinsam: rundum sympathisch sind sie mir alle nicht. Am ehesten kommt da noch April in Frage, der man ihre oft bösartigen Kommentare und Gedankengänge als 15-Jährige noch abnimmt und ein Stück weit verzeihen kann. Zum Glück steht sie auch am ehesten im Mittelpunkt, zusammen mit ihrem Großvater Bill, dessen Ausbrüche und verbale Entgleisungen man zumindest teilweise seiner Krankheit zuschrieben kann. April und Bill finden zumindest am Ende eine gemeinsame Ebene, soweit Bill überhaupt noch in der Realität lebt.

Aber die anderen? Marcy, die ihre Tochter zu hassen scheint, selbstverliebt und egozentrisch bis zum Umfallen ist, sich ihrem Kollegen Hank regelrecht an den Hals wirft, bis der sie eiskalt abserviert, hat am Ende der Geschichte wirklich nichts begriffen. Mike, der seine erfolgreichere Mitarbeiterin aus dem Job mobbt, um mit seinen Verkaufszahlen nicht schlechter da zu stehen und dafür selbst gekündigt wird, hat am Ende weniger als je zuvor und benimmt sich trotzdem keinen Deut besser. Und Nick, der auch nach Jahren noch in der Trauer um seine tote Frau erstarrt ist, gelingt auch jetzt der Absprung in die Realität nicht mehr, nein, Sympathieträger sind sie alle drei nicht. Charakterlich wollte James King hier wohl einfach zu viel, übertreibt es mit den Hintergrundgeschichten und lässt so seine Figuren etwas unecht und hölzern wirken.


Aufmachung des Buches
Das relativ großformatige, in Klappenbroschur ausgeführte Buch zeigt auf dem Cover einen gedeckten Tisch, an dem offenbar ein Mann sitzt, zu sehen sind nur ein Teil des Oberkörpers und der Hand. Mit der Handlung hat diese Gestaltung eher wenig zu tun und auch innen gibt es keine großen Besonderheiten. Leider enthält das mir vorliegende Exemplar viele Fehler, von falsch getrennten Wörtern (Bauernt-rampel; S. 137) über Verwechslungen der beiden Namen „Mike“ und „Nick“ bis hin zur Kombination „Mick“ (S. 146) ist da alles dabei. Das muss doch nicht sein …


Fazit
Ich bin etwas unschlüssig mit diesem Buch: Einerseits ist die Idee toll, die dahinter steckt, andererseits sind viele Gedanken nicht richtig zu Ende geführt und das Thema Alzheimer geht etwas unter. Trotzdem ist es mehr als ein Durchschnittsroman und durchaus lesenswert.


3 5 Sterne


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