Leon lebt am geheimnisvollsten Ort der Erde: in der Tiefsee. Er gehört zu einer Elite junger Flüssigkeitstaucher, die sich auch in 1000 Meter Tiefe frei bewegen können. Zusammen mit Lucy, einem intelligenten Krakenweibchen, durchstreift Leon den Pazifischen Ozean um Hawaii auf der Suche nach Rohstoffen am Meeresgrund. Doch plötzlich scheint das Meer verrücktzuspielen: 'Todeszonen' breiten sich aus, massenhaft ergreifen die Wesen der Tiefe die Flucht nach oben, an Land bricht Panik aus. Bei einem verbotenen Tauchgang machen Leon und Lucy eine gefährliche Entdeckung - und geraten in große Schwierigkeiten. Ausgerechnet Carima, eine junge Touristin von ‚oben', erweist sich als ihre einzige Verbündete …
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Autor: Katja Brandis, Hans-Peter Ziemek |
Grundidee der Handlung
Leon lebt seit seinem 12. Lebensjahr auf der Benthos II, einer Station mitten in der Tiefsee. Dort taucht er seit mittlerweile vier Jahren gemeinsam mit seiner Partnerin, der Krake Lucy, nach Rohstoffen am Meeresgrund. Nur selten ist er an der Oberfläche, dafür liebt er die Tiefen der See viel zu sehr und fühlt sich nur dort richtig zuhause und frei. Doch bei seinem letzten Tauchgang wäre er beinahe gestorben, als er plötzlich in eine sogenannte Todeszone gerät, in der aufgrund von fehlendem Sauerstoff im Wasser nichts mehr lebt. Kurz darauf, zurück in der Station, erschüttert ein Seebeben die Benthos II. Was ist mit dem Meer los? Leon macht gemeinsam mit Lucy eine Entdeckung, die nicht nur seinen Arbeitgeber, die ARAC, in Frage stellt, sondern sein ganzes bisheriges Leben …
Stil und Sprache
Katja Brandis, selbst seit Jahren begeisterte Taucherin, hat sich gemeinsam mit dem Meeresbiologen Hans-Peter Ziemek der Herausforderung gestellt, einen spannenden Jugendroman in den Tiefen der See anzusiedeln. Abwechselnd aus Sicht der Hauptfigur Leon und der 15-jährigen Carima wird die Geschichte in der dritten Person erzählt, nur selten wird auf eine andere Perspektive (Alberto Miguel Alvarez, Thomas Clairwood Vensen) zurückgegriffen. Der Leser ist vor allem Leon sehr nahe, fühlt, leidet, bangt und hofft mit ihm. „Ruf der Tiefe“ ist ein Buch für Jugendliche, in dem die Autoren die Gedanken und Sorgen der angesprochenen Zielgruppe nachvollziehbar eingefangen haben, jedoch nicht den Fehler begehen, bemüht jugendlich daherzukommen.
Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, die Autoren haben eine gute Mischung aus lockerem Stil, bildhafter Sprache und Fachjargon gefunden. Fachbegriffe wie „DivePad“ und „OxySkin-Anzug“ werden direkt im Text erklärt, ohne die Handlung störend zu unterbrechen, sodass auch Nicht-Taucher keine Probleme mit dem Verständnis haben. Atmosphärische Beschreibungen machen es leicht, sich ein Bild von der fremden, faszinierenden Welt unter Wasser zu machen. Wie nebenbei lernt der Leser etwas über die Lebewesen der Tiefsee und die Tiefsee selbst, wobei sich die Autoren nicht in ausschweifenden Beschreibungen ergehen, sondern auf wenige aussagekräftige Details zurückgreifen.
Auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Von Anfang an unterschwellig zu spüren, spitzt sich die Lage immer mehr zu. Dabei sind die Beschreibungen und die Nähe zu den Figuren dermaßen intensiv und eindringlich beschrieben, dass man selbst das Gefühl hat, mit der Hauptfigur in der Todeszone zu ersticken. Brandis und Ziemek verstehen es, die Spannung auf den Leser zu übertragen und ihn in die Tiefen der Geschichte hineinzuziehen, in der Macht, Geld und damit einhergehende Intrigen die Welt auf den Kopf stellen. Ein gelungener Mix aus Fiktion und Realität, der überzeugt.
Figuren
Der 16-jährige Leon ist die Hauptfigur dieses Jugendromans. Seit vier Jahren lebt und arbeitet er als Besatzungsmitglied auf der Benthos II, einer Station in der Tiefsee. Er liebt das Meer und das Tauchen über alles, ist regelrecht süchtig danach, und fühlt sich nur im Wasser richtig frei. Mit seiner Partnerin, der Krake Lucy, verbindet ihn eine besonders intensive und einzigartige Beziehung. Lucy ist herzlich und liebevoll – und auch wenn es zunächst seltsam anmuten mag, dass eine intelligente Krake eine wichtige Rolle in der Geschichte einnimmt, wirkt dies nie unglaubwürdig.
Die 15 Jahre alte Carima, ein Mädchen von der Oberfläche, steht den beiden bei, als sie dringend Hilfe brauchen. Sie ist ein selbstloser Mensch, der alles für Leon tun würde. Dabei wächst sie über sich selbst hinaus, handelt aber nicht immer unbedingt glaubwürdig oder nachvollziehbar; manche Taten bzw. Fähigkeiten scheinen zunächst nicht in ihrem Charakter angelegt zu sein (näher kann und möchte ich an dieser Stelle nicht darauf eingehen, um der Geschichte nicht zu viel vorweg zunehmen).
Die Figuren sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet, sie haben Ecken und Kanten und wirken wie aus dem Leben gegriffen. Auch die weniger sympathischen Figuren – einen einzigen Antagonisten in dem Sinne gibt es nicht, vielmehr ein ganzer Konzern – wirken glaubwürdig und sind nicht nur Schwarz-Weiß angelegt.
Aufmachung des Buches
Bei dem gebundenen Buch wurde auf einen Schutzumschlag verzichtet. Die Covergrafik ist düster und geheimnisvoll – und passt damit hervorragend zum Inhalt. Der Titel sowie der abgebildete Taucher sind mit Spotlack hervorgehoben, was insbesondere dem Taucher etwas Lebendiges verleiht. Auf den Vorsatzpapieren ist eine doppelseitige Karte der Schauplätze abgedruckt. Nach dem Epilog folgen ein Nachwort („Was ist Wirklichkeit, was ist Fiktion?“), ein Glossar der Fachbegriffe und eine Danksagung.
Fazit
Ein spannender Roman, der den Leser mitreißt in die Tiefen der See. Nicht nur die angesprochene Zielgruppe wird in der Geschichte versinken, sich mit Leon, Lucy und Carima in das Abenteuer stürzen und mit ihnen den Atem anhalten.
Hinweise
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