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Der kalte Kuss des Todes

Ein junges Paar fährt mitten im Winter mit all seiner Habe Richtung Süden. Sara ist schwanger, Nate wird von der Polizei gesucht. In einem Diner an der Tankstelle bittet ein erbärmlich hustender Mann sie, ihn gegen Bezahlung mitzunehmen. Die drei fahren los, hinein in einen Blizzard. Bald ist die Straße nicht mehr passierbar, und der Fremde beginnt zu delirieren. Als sie sich in ein abgelegenes Motel gerettet haben, atmet der Mann nicht mehr. Sara und Nate öffnen sein Hemd und finden eine Schusswunde. Sie öffnen seinen Koffer und finden Geld. Viel Geld. Herrenloses Geld? Mit Sicherheit nicht.

 

 

Originaltitel: The Cold Kiss
Autor: John Rector
Übersetzer: Katharina Naumann
Verlag: rowohlt
Erschienen: 12/2010
ISBN: 978-3499254932
Seitenzahl: 284 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Sara und Nate sind unterwegs nach Reno, um ein neues Leben zu beginnen. An einer Raststätte fällt ihnen ein Mann auf, der erbärmlich hustet. Zunächst will der Mann keine Hilfe annehmen, aber dann bittet er die beiden doch, ihn ein Stück mitzunehmen. Für Nate und Sara bedeuten die 500 Dollar, die der Mann ihnen bietet, eine Menge Geld und so stimmen sie mit gemischten Gefühlen zu. Auf der Weiterfahrt geraten sie in einen immer schlimmer werdenden Schneesturm und können sich gerade eben noch in ein Motel retten. Dort sind außer dem etwas unheimlichen Besitzer noch ein paar andere Gestalten gestrandet, ohne Strom und Telefon muss man versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Der Mann in Nates Auto atmet plötzlich nicht mehr und in seinem Rucksack findet Nate fast 20.000 Dollar. Um Fragen aus dem Weg zu gehen, beschließt er, die Leiche zu „entsorgen“, aber damit fangen die Probleme erst an …

Die Idee von zwei Unglücksraben, die unabsichtlich in eine Situation geraten, in der die Dinge sich verselbständigen und nicht mehr kontrollierbar sind, ist hier äußerst geschickt umgesetzt. Unvorhersehbare Wendungen und teils absurde, aber nicht unglaubwürdige Geschehnisse bilden eine Geschichte, die spätestens nach 30 Seiten eine Sogwirkung entfaltet, der man sich als Leser nicht mehr entziehen kann.


Stil und Sprache
Nate erzählt die Geschichte ausschließlich aus seiner Sicht in der Ich-Perspektive. So kommt man ihm zeitweise sehr nahe, folgt seinen Gedanken und sieht immer nur das, was er auch sieht, was zwischendurch schon aufgrund des Schneesturms nicht besonders viel ist: „Seit fast zwanzig Meilen hatte ich kein anderes Auto mehr gesehen und mich beschlich ein Gefühl der Einsamkeit und Leere, das ich nicht abschütteln konnte. Wir waren vollkommen allein.“ (S. 38)

John Rector hat eine sehr knappe, schnörkellose Erzählweise, mit kurzen Sätzen sagt er das Wesentliche, beschönigt nichts und erlaubt dem Leser so einen klaren Blick auf das Geschehen. Dabei versteht er es trotzdem, die bedrückende, eingeengte Atmosphäre im eingeschneiten Motel zu vermitteln und ohne viele Worte die sich immer mehr zuspitzende Situation zu skizzieren. So zieht jede Entscheidung, die Nate und Sara treffen, unerbittlich ihre Konsequenzen nach sich und die Dinge ändern sich quasi stündlich. Da kann man das Buch kaum noch an die Seite legen, auch wenn es gerade zum Ende hin doch einige recht blutige Szenen gibt. Mehr Wert legt John Rector jedoch auf die psychologischen Aspekte: Was tut ein Mensch, wenn er eine Unmenge Geld findet, von der niemand weiß? Wenn er nichts tun muss, außer den toten Besitzer des Geldes beiseite zu schaffen? Wie reagiert eine Gruppe eingeschlossener Menschen im absoluten Notfall? Schließt sie sich zusammen oder verfolgt jeder seine eigenen Interessen? Das ist hochspannend und im Laufe des Buches stellt man sich fast zwangsläufig die Frage, wie man selbst handeln würde …

Dass ein Ende eines solchen Thrillers nicht abschließend sein kann, versteht sich fast von selbst, dennoch hätte ich mir für Nate und Sara ein bisschen mehr Klarheit gewünscht. So bleiben doch einige Fragen offen und man weiß nicht recht, ob das nun ein gutes Ende ist oder nicht …


Figuren
John Rectors Figuren bleiben allesamt ziemlich vage und unbestimmt, auch über Nate und Sara erfährt man nicht viel mehr als ein paar dürre Fakten: Nate ist vorbestraft und zumindest nicht gut auf die Polizei zu sprechen, Sara von Nate schwanger und mit ihren Eltern verkracht. Von Sara erfahren wir auch aufgrund der gewählten Erzählperspektive nicht viel mehr, sondern nur das, was Nate über sie denkt oder sagt. So bleibt man als Leser etwas auf Distanz zu den beiden, was seltsamerweise aber nicht negativ ist, sondern gut zur Geschichte passt. Hier sind tiefe Einblicke in die Vergangenheit nicht erforderlich, hier geht es um die gegenwärtige Story an sich. Da passt es gut, dass auch die übrigen, wenigen weiteren Personen eher äußerliche Beschreibungen bekommen als detaillierte Charakterisierungen. Butch, der Inhaber des Motels, bleibt ebenso ein Fremder wie sein Cousin Zack und die drei übrigen Gäste wider Willen. So weiß man bis zum Schluss nicht, wer auf welcher Seite steht, was die Spannung nur noch verstärkt.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover ein von schräg unten aufgenommenes Motel-Schild, das ziemlich heruntergekommen wirkt. Den Hintergrund bildet ein rötlich verfremdeter Winterhimmel, einzelne Schneeflocken sind außerdem zu sehen. Innen ist das Buch in vier Teile untergliedert, jeweils zu Beginn eines Teils sowie eines Kapitels sind dicke schwarze Schneeflocken auf der Seite „verstreut“. Insgesamt eine passende Aufmachung, die dem Buchinhalt gerecht wird.


Fazit
„Frost“ ist ein äußerst geschickt gemachter, roadmovieartiger Thriller, der mit Spannung nicht geizt und dem das Grauen aus jeder Seite kriecht. Nichts für schwache Nerven und unbedingt im Winter zu lesen!


4 Sterne


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