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Kategorie: Horror

Jemand bei Projekt Blau hütete ein Geheimnis

Und alle dachten, sie könnten dieses Geheimnis bewahren. Falsch gedacht. Inzwischen sind 99% der Bevölkerung des Landes tot oder liegen im Sterben, und so brachte das von Projekt Blau entwickelte Grippevirus – das den Namen „Captain Trips“ erhielt – das Ende der Welt.
Für die Überlebenden – darunter Nick Andros, Larry Underwood, Frannie Goldsmith und Stu Redman – ist dieses Ende ein Albtraum, der gerade erst angefangen hat. Und für Randall Flagg ist ein amerikanischer Albtraum in Erfüllung gegangen, eine wahr gewordene makabere Zukunftsvision.

THE STAND: EIN AMERIKANISCHER ALBTRAUM, nach dem berühmten Roman des gefeierten Schriftstellers Stephen King, wurde geschaffen von dem preisgekrönten Autor Roberto Aguirre-Sacasa (Big Love von HBO) und den herausragenden Künstlern Nick Perkins (Captain America) und Laura Martin (Astonishing X-Men).

 

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Originaltitel: The Stand: American Nightmare 1 - 5
Autor: Stephen King, Adaption von Roberto Aguirre-Sacasa
Übersetzer: Joachim Körber
Illustration: Mike Perkins
Verlag: Panini Comics
Erschienen: Oktober 2010
ISBN: 978-3-86607-999-1
Seitenzahl: 126 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahre


Grundidee der Handlung
„Captain Trips“ hat schrecklich in den USA gewütet – 99% der Bevölkerung wurden ohne jede Chance dahin gerafft. Großstädte und Straßen sind vereinsamt, nur die vielen Autowracks und Leichenberge sind geblieben. Einige wenige haben die Epidemie überlebt und sind aus unerklärlichen Gründen immun gegen den Virus. Nach ihnen sucht nun Randall Flagg, der Wandelnde Geck, der Mann ohne Gesicht, um mit ihnen ein neues Amerika ganz nach seinen Vorstellungen aufzubauen.
Währenddessen machen sich viele der Überlebenden auf den Weg, ohne so recht zu wissen, wohin es nun gehen soll. Larry Underwood verlässt mit Rita Blakemoor New York, Francis Goldsmith und Harold Lauder verlassen ihre Kleinstadt, und Stu Redman gelingt die Flucht seiner Zelle im Seuchenschutzzentrum, in dem aber längst keiner mehr lebt. Währenddessen folgt Nick Andros dem Ruf von Mutter Abagail. Doch sie sind nicht allein dort draußen, und das Unheil beginnt sich gerade erst zusammenzubrauen …

Mit seinem Endzeitdrama schuf Stephen King mit „The Stand“ neben der Reihe um den Dunklen Turm ein weiteres Meisterwerk, nicht nur einen Albtraum der Amerikaner, der durchaus realistische und nicht unwahrscheinliche Wurzeln hat. Er steigt mit diesem Werk auch hinab in die Abgründe des menschlichen Daseins. In dieser Folge der Comicadaption sind zudem einige entscheidende Schlüsselszenen des Romans enthalten, welche die Auswirkungen der Seuche verdeutlichen, und unter die Haut gehen, besonders Larrys klaustophobischer Marsch durch den stockdunklen und mit Leichen übersäten Lincoln-Tunneln. Davon abgesehen, ist „Ein amerikanischer Albtraum“ jedoch bedächtiger als der erste Band „Captain Trips“, da er mehr auf die Einzelschicksale eingeht. Er liest sich nicht ganz so spannend und dynamisch, sondern mutet eher wie das Luftholen vor der eigentlichen Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse an. Daher darf man auf den dritten Teil gespannt sein.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Bereits der kurze Prolog sorgt für eine unwirkliche und schauerliche Stimmung in einer Kleinstadt, in der nichts so dominiert wie die Stille. Die leicht unscharfen Bilder, deren Konturen einen verwaschenen Eindruck hinterlassen, unterstreichen dies gezielt.

Die Konzentration liegt in diesem Comicband eindeutig auf den Figuren. Mike Perkins Tuschearbeiten sind fast immer gut, oft sogar herausragend erarbeitet, solange die Charaktere eine gewisse Mindestgröße im Panel haben. Die Züge sind stimmig, die Bekleidung authentisch und zu ihrem Auftreten passend. Als Portrait herausgegriffen, sind sie überaus exakt gezeichnet. Das erste Bild von Mutter Abagail – ein Ausschnitt der Augenpartie – ist geradezu bestechend. Ekelig und Zombies nicht unähnlich sehen die noch Lebenden, aber von der Grippe Gezeichneten aus, auch die vielen Leichen sind nicht weniger authentisch. Im typisch amerikanischen Comicstil sind dabei die Kontraste stets hoch, die Gesichter, aber auch die Darstellungen allgemein eine Balance zwischen den Licht- und Schattenbereichen, wobei die Schattierungen von angedeutet bis tiefschwarz reichen. Gerade dies verleiht den Bildern und insbesondere den gezeichneten Personen Plastizität und einen teils schon fast dreidimensionalen Eindruck. Gleichzeitig fördert die Platzierung der Schatten einen teils harten und zu den Handlungen passenden Look.

Obwohl die bedrückende und bedrohliche Atmosphäre der Endzeitstory allgegenwärtig ist, unterscheidet der Zeichner zwischen helleren und dunklen Szenen. Bei den Auftritten von Randall Flagg, besonders in den Träumen der Überlebenden, ziehen sich die Schatten und Kontraste zusammen, und der Ausdruck in den Bildern wird besonders düster. Auch wenn ein großer Teil der Bilder eher eine helle Umgebung hat, sind es die vereinsamten Städte und die leeren Straßen, die ihre bedrückende Wirkung entfalten.

Während also das Hauptaugenmerk auf den Charakteren liegt, sind die Bildhintergründe einfacher, stellenweise sogar bis ins Abstrakte gehende gehalten. Beim Blick auf die direkte Umgebung ist jederzeit klar, wo man sich gerade befindet. Die Stadtansichten von New York sind sogar sehr exakt und möglichst Wirklichkeitsgetreu herausgearbeitet worden – die Begründung findet sich im Anhang – und zeigt viele Nuancen. Bei gleichmäßigeren und ruhigeren Hintergründen, wie z.B. Buschwerk oder Blattgrün, verschwimmen die Tiefen der Bilder jedoch ohne jede Detailzeichnung.

Viele der Panels sind klassisch angeordnet und mit Stegen – mal weiß, mal schwarz – abgegrenzt. Es finden sich aber auch solche, die sich gegenseitig überlagern, und bis hin zu randlosen, ineinander fließenden Bildern bedienen sich die Künstler dem, was sie brauchen, um die aktuelle Szene artgerecht darzustellen. Mit schwarz geränderten Panels, gepaart mit Schreckensbildern, drückt Mike Perkins die Angst und das Grauen aus, das Larry und Rita beim Durchqueren des Lincoln-Tunnels durchstehen müssen.

Neben den eindeutig zugeordneten Sprechblasen gibt es recht viel Text aus Sicht eines Erzählers, bei dem es sich ggfs. auch um Rezitate aus Kings Roman handeln könnte. Die Schrift ist – weniger typisch für Comics – in Groß- und Kleinschrift abgedruckt.


Aufmachung des Comic
Auch dieser Teil von „The Stand“ wird in dem für Panini Comics typischen Format (17x26 cm) als Klappbroschur mit Softcover verlegt. Auf der vorderen Klappe ist erneut eine Zusammenfassung abgedruckt, wobei hier die entscheidenden Charaktere beschrieben werden. Ein Vorwort von Ralph Macchio sowie eine kurze Einleitung, die den Wiedereinstieg erleichtert, eröffnen die Geschichte des zweiten Bandes. Die Anhänge bilden zunächst 11 Variantcovers und 4 Skizzenvarianten, zudem erläutert Mike Perkins seine Tuschetechniken. Danach beschreibt er, wie er an die Umsetzung der Straßenszenen von New York heranging und worauf er dabei geachtet hat.

Bereits das Cover, welches mich sofort anspricht, ist düster gestaltet und vermittelt ein gutes Feeling zur Endzeit-Story. Gleichzeitig wirkt das Frontbild, dessen Hintergrund matt, der Vordergrund und Schriftzüge hingegen mit Spotlack hervorgehoben wurden, ansatzweise dreidimensional.


Fazit
Auch der zweite Teil der Comicadaption zu Stephen Kings Meisterwerk „The Stand“ überzeugt, auch wenn die Handlungen – bis auf einige wenige beängstigende Szenen, die unter die Haut gehen – eher bedächtig sind. Dafür gelingt es dem Comicautor und dem Zeichner, in schonungslosen Bildern das Grauen, was die Supergrippe unter den Überlebenden auslöst, zum Leser zu transportieren.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Captain Trips