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Ich bin nur hier, um die Operationsabfälle entgegenzunehmen. Einmal entgegengenommen säubere ich sie, präpariere sie und nehme sie alle mit einer Nummer im Verzeichnis auf...

Schließlich lagere ich sie hier ein und versuche mein Bestes, damit sie dort jederzeit wiedergefunden werden können...

Aber es gibt nicht eine einzige Krabbe in den Gläsern...

Nur Stücke von euch...

 

Die_Bruderschaft_der_Krabbe_02 

Originaltitel: La confrérie du Crabe:Deuxiéme Partie
Autor: Mathieu Galié
Übersetzer: Monja Reichert
Illustration: Jean-Baptiste Andreae
Verlag: Splitter
Erschienen: 14.10.2010
ISBN: 978-3-86869-170-2
Seitenzahl:  56 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Was bisher geschah: Bernardino, Jarvis, Nicolo und Come verraten dem neu zu ihnen gestoßenen Mael die Wahrheit über dessen Gesundheitszustand: Wie sie auch, ist er im Krankenhaus, weil in seinem Körper ein mysteriöses Krabbenwesen wütet, das ihn nach und nach von innen zerfrisst. Bei Mael sitzt das Vieh im Gehirn, er ist bereits nicht mehr imstande zu sprechen.

Sie beschließen eine geheime Bruderschaft zu gründen, die "Bruderschaft der Krabbe". Diese kennt nur ein Ziel: sie versuchen die Erschaffung der ultimativen Bestie zu verhindern, denn sie glauben, dass man aus den Krabben, die man aus all den Kindern entfernt, ein mächtiges Monstrum erschaffen möchte.

Man bringt sie in den Operationsaal um sie zu operieren, doch anschließend erwachen sie nicht im Krankenhaus. Stattdessen befinden sie sich in einem düsteren Gemäuer, das einem Horrorfilm entsprungen zu sein scheint. Seltsamerweise scheinen sie aber bei bester Gesundheit zu sein. Bernardino, dem bei einer anderen Operation bereits ein Bein amputiert wurde, hat plötzlich wieder beide Beine. Mael, zuvor völlig lethargisch, kann wieder reden und herumlaufen. Zunächst glauben sie daher sie seien tot. Bald darauf werden sie jedoch von den verschiedensten Kreaturen gejagt und sie müssen feststellen, dass der seltsame Luftballon, den man ihnen ums Handgelenk band, ihnen Lebenskraft spendet. Im letzten Moment gelingt ihnen die Flucht und die Morgensonne rettet ihnen allen das Leben. Gleich darauf brechen sie zusammen. 

Was im zweiten Buch geschieht: Als sie erwachen, befinden sie sich erneut in einer finsteren Kammer. Jeder hat am Handgelenk einen prall gefüllten, nagelneuen Ballon und alle fühlen sich topfit. Doch wer hat sie hierher gebracht? Warum sind sie wieder eingesperrt? Sind sie hier in Sicherheit, oder hat man sie nur wieder mit Lebenskraft versorgt, um sie erneut zu jagen? Auf diese Fragen gibt es noch lange keine Antwort und schon bald sind sie erneut auf der Flucht, doch zumindest gibt es hier Menschen die ihnen helfen...

Die Bruderschaft der Krabben beginnt mit dem gleichen Tempo, wie es endete und hält es bis zum Schluss. Die Ereignisse werden zunehmend düsterer. Dann taucht plötzlich eine weitere Bruderschaft der Krabbe auf, obwohl deren Existenz beinahe schon unwichtig erschien und das Mysterium um die unnahbaren Krabbenwesen beginnt sich zusehends zu verdichten.  Am Ende ist die Spannung dann beinahe unerträglich, denn man kann sich absolut keinen Reim darauf machen, wie das alles zusammen passt. Bleibt zu hoffen, dass der Abschlussband all dies befriedigend aufzulösen weiß.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Zeichnungen von Jean-Baptiste Andreae sind wieder eine Augenweide. Insbesondere die Szenen auf dem Friedhof, am Ende des Comics, sind absolut grandios in Szene gesetzt. Ein Rausch in Blau. Gespenstisch, wunderbar szenisch und mit einem sehr gut abgestimmten Seitenlayout, bei dem sehr viel Wert auf den stimmigen Aufbau einer Szene gelegt wurde. Die einzelnen Bilder sind in ihrem Blickwinkel und Bildinhalt perfekt aufeinander abgestimmt. Der grafische Erzählfluss ist hier geradezu genial und auch die Anordnung der einzelnen Bilder auf der Seite, die von einem ganzseitigem Artwork unterlegt werden, ist absolut stimmig. Das kleine Mädchen, das mit den Jungs zusammen flüchtet (es ziert übrigens auch das Covermotiv), hat eine immense Ausstrahlung. Ein Mix aus Kälte, der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, völliger Gefühllosigkeit und einem fast schon diabolischen Blick. Ihr Schöpfer verhalf ihr zur Flucht vor den Blutsaugern, doch sie scheint eine wichtige Rolle innezuhaben. Immer wieder sieht man sie da stehen, ganz alleine, kerzengerade, zerbrechlich und doch irgendwie furchtlos und vollkommen unnahbar. Im Hintergrund ist immer wieder das Gräberfeld zu sehen. Es ist überfüllt mit Kruzifixen und Engel Statuetten. Friedlich, kalt, alles in kühlen Blautönen gehalten, strahlen diese Seiten eine grandiose Stimmung aus. 

Doch auch die Erschaffung des kleinen Mädchens und die direkt anschließenden Ereignisse (siehe Leseprobe) sind wundervoll inszeniert. Die Blautöne sind hier noch einen Tick heller, so das sie eine beinahe grell zu nennende Kälte ausstrahlen. Die Gestalten scheinen aus sich selbst heraus zu leuchten. Dieser Effekt kommt im Druck noch besser heraus als in der Online-Leseprobe. Die Spitzlichter sind im Druck noch etwas heller, ohne das die Konturen ausfressen. Das Ergebnis sieht spektakulär aus. Die Farbverläufe sind dabei so weich und harmonisch, dass die Schlieren aus Licht und Dunst fast schon greifbar wirken. Dabei sind die wesentlichen Konturen stets klar und gestochen scharf umrissen. Der Auftritt der Blutsauger, der sich direkt an diese Szene anschließt, erinnert ziemlich stark an den Film "Van Helsing" - vor allem seine Bräute erinnern stark an den Film. Diese sind ausgesprochen vollbusig und ihre knappen Kleider verdecken nur das Nötigste. Der Graf hingegen ist eine hässliche, leicht gebückte Gestalt, die stellenweise an einen Gargoyle erinnert. Die leichten parallelen zu diversen Roman- und Filmvorlagen nimmt man zwar wahr, doch habe ich sie nicht als störend empfunden. Eher haben sie mich zusehends verwirrt und die Spannung zusätzlich verdichtet. Denn diese Szenen fügen sich ganz und gar nicht in das übliche Umfeld ein, stattdessen stehen sie in einem vollkommen anderen Kontext, der durch die bekannten Elemente eher noch ungreifbarer wird.

Was die Kolorierung betrifft, so ist blau, mit all seinen Facetten, der absolut dominierende Farbton. Nur bei einer kurzen Episode wechselt der Grundton ins gelbe und gleich daran anschliesend wird es für die Dauer von vier Seiten sogar richtig bunt. Ansonsten ist die ganze Geschichte eine Sinfonie in Blau, in welcher nur hin und wieder kleine Akzente in rot auftauchen.

Das Seitenlayout ist sehr gelungen. Die Bilder sind weiß umrandet, was angesichts der eher zarten und oft sehr hellen Farbgebung die bessere Wahl ist. Bei vielen Seiten sind viel kleinere Szenen auf einer ganzseitigen Darstellung angeordnet. Gerade diese Seiten wirken in ihrer Inszenierung und der Gruppierung der einzelnen Zeichnungen sehr dramatisch. Die Bildabfolgen liegen hier meist sehr dicht beieinander und mit vielen kleinen Bildchen wird eine Szene sehr detailliert ausgearbeitet, während im Hintergrund das Hauptereignis groß in Szene gesetzt ist.

Die Texte sind meist sehr dezent in die Grafiken integriert. So dezent, dass sie manchmal gar nicht weiter auffallen. Der Comic lebt eh in erster Linie von seiner herausragenden Bildsprache.


Aufmachung des Comics
Der Comic ist in bester Splitter-Manier verarbeitet. Im Hardcover gebunden, der Einband mit hochglänzendem Covermotiv, das Vorsatzpapier greift ein Motiv aus dem Comic auf - alles sehr harmonisch und gut aufeinander abgestimmt. Die Papierqualität ist exzellent und der Druck ist absolut perfekt, was angesichts der subtilen Farbgebung und den eher seichten Kontrasten keine Selbstverständlichkeit ist. Hier hat die Druckerei ganze Arbeit geleistet. Das Covermotiv finde ich beim zweiten Band noch besser als das des ersten Teils, welches schon genial war. Aber erst wenn man den Comic in Händen hält, entfaltet es seine ganze Wirkung. Das Mädchen scheint regelrecht aus dem Comicband hervorzutreten, was den geschickten, sehr klar differenzierten Hell-Dunkel-Kontrasten der Darstellung zu verdanken ist. Die brillante Druckqualität tut ihr übriges.         


Fazit
Eine ganz klare Kaufempfehlung. Es werden zwar nach und nach alle möglichen Schauer-Gestalten aus Romanen von Bram Stoker und Mary Shelley aufgefahren, sie sind aber in einen so absonderlichen Kontext gebracht, das es überhaupt nicht stört, dass sich hier altbekannte Monster die Klinke in die Hand geben. Das tatsächliche Mysterium, um das es hier geht, ist völlig subtil und ungemein spannend. Das Artwork ist fantastisch und passt wunderbar. Alles stimmt. Jetzt noch eine ebenso geniale Auflösung, und das ganze ist ein Meisterwerk.


5 Sterne


Hinweise
Rezension von Thomas Lang
Herzlichen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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