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Berlin 1931: Die Wirtschaftskrise verschärft sich, die Auseinandersetzungen zwischen SA und Rotfront werden gewalttätig, unter den Ringvereinen tobt ein Machtkampf und Gereon Rath bekommt den Auftrag, den US-Gangster Abraham "Abe" Goldstein zu beschatten. Aus einer Gefälligkeit für das Bureau of Investigation wird ein tödlicher Wettlauf.

 

 

Autor: Volker Kutscher 
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Erschienen: 23.09.2010
ISBN: 978-3462042382
Seitenzahl: 573 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Gereon Raths dritter Fall. Berlin im Jahre 31. Erneut führt Volker Kutscher seine Leser in das „verdammt verrückte“ Berlin dieser schon so weit zurückliegend erscheinenden und doch so faszinierenden Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Diesmal beginnt die Geschichte mit dem missglückten Einbruch zweier Jugendlicher im KaDeWe. Die 18-Jährige, auf der Strasse lebende Kleinkriminelle Alex muss mit ansehen, wie ihr nicht mal 16-jähriger Freund Benny in den Tod stürzt, ausgelöst durch einen Schupo, der dem Jungen, nur noch mit den Händen an der Fassade ganz oben hängend, so lange auf die Finger tritt, bis er sich nicht mehr halten kann. Dies ist der Auftakt einer ganzen Reihe von Morden, die die Mordkommission A dieses Mal aufzuklären hat. Dazu gesellt sich ein aus den USA einreisender, dort wohlbekannter jüdischer Gangster, Abraham Goldstein, der von seiner Einreise an unter Polizeibeobachtung, vorrangig der von Gereon Rath, steht. Auch die Ringvereine, einerseits die Berolina mit ihrer Hauptfigur Johann Marlow und andererseits die Nordpiraten mit Ratten-Rudi, mischen die Untergrundszene wieder gewaltig auf, wobei sie dieses Mal mehr zum Opfer werden, als zu den tatsächlich Agierenden gehören. Gleich zwei Morde auf beiden Seiten zwingen die Polizei zum Handeln. Marlow wendet sich an Rath, der ihm noch einen Gefallen schuldig ist und setzt ihm eine Frist, den Mörder zu finden. Gereon Rath wird schnell deutlich, dass er den Mörder in seinen eigenen Polizeireihen zu suchen hat. Ein wirklich gekonnt aufgebauter Kriminalroman, der, trotz seiner deutlichen Länge von über 550 Seiten, den Leser völlig in seinen Bann zieht und am Ende schon auf die Fortsetzung fiebern lässt.


Stil und Sprache
Volker Kutscher beschreibt in seinem nun schon dritten Fall die kriminalistischen Aktivitäten seiner Hauptfigur, des Kriminalkommissars Gereon Rath, im Berlin Anfang der 1930er Jahre. Er schreibt in der dritten Person und benutzt eine sehr ausgefeilte, der Zeit entsprechenden Sprache, wobei der Berliner Dialekt und die Kölsche Mundart des ursprünglich von dort stammenden Raths nicht zu kurz kommen. Seine Charaktere sind bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Er beschreibt unglaublich präzise und detailgenau die Vorgehensweise und Absichten der einzelnen Agierenden. So laufen verschiedene Handlungsstränge parallel, um am Ende zusammenzutreffen. Was dem einen oder anderen Leser vielleicht etwas zu langwierig erscheinen könnte, die sehr genau beschriebenen Kommunikationsebenen, die Gefühle und Absichten der einzelnen Figuren, die sich daraus erschließenden Vorgehensweisen und Handlungen, hat mich persönlich völlig fasziniert und lässt mich zum richtigen Fan dieser Buchreihe werden.

Nicht zu vergessen auch die sehr beeindruckend geschilderte politische Situation der damaligen Zeit: Einerseits die Kommunisten, andererseits die doch schon sehr bedrohlich beschriebenen SA-Kräfte und deren offenen Vorgehensweise gegen die Juden. In der Figur Abraham Goldsteins und der dazugehörigen sehr genau beschriebenen jüdischen Berliner Familie, deren Tradition und Religiosität, gelingt es Kutscher sehr überzeugend, dem Leser auch diese Welt näher zu bringen. Er weckt ein wirkliches Interesse beim Leser, sich mit dieser Zeit noch genauer auseinandersetzen zu wollen.


Figuren
Der Autor bringt dem Leser seine Figuren so präzise nahe, dass man sie sich wirklich sehr genau vorstellen kann. An erster Stelle steht dabei natürlich der Kommissar Gereon Rath, der vielleicht gerade aufgrund seiner deutlichen Schwächen, seines Einzelgängertums und seiner nicht ganz legalen Beziehungen zur Unterwelt, zu Johann Marlow und den sich daraus zwangsläufig ergebenden Verstrickungen, beim Leser sehr sympathisch ankommt. Er ist nicht der klassische, etwas tollpatschige Ermittler, auch nicht der kaltblütige, karrieresüchtige, er liegt irgendwo dazwischen. Sein unbequemer, häufig aneckender und auch in der Beziehung zu Charly immer wieder scheiternder Charakter, der dann aber auch wieder sehr offen und liebevoll erscheint, sich entschuldigt, einlenkt und Verständnis zeigt, bietet so viele Facetten, dass es dem Leser nie langweilig wird.

Charlotte Richter, genannt Charly, erscheint in diesem Teil sehr eigenständig, sehr zielorientiert und selbstbewusst. Sie hat es nicht immer einfach mit Rath und gerät zunehmend auch in dessen Verstrickungen mit hinein. Ihre Figur wirkt sehr überzeugend.

Abraham Goldstein, der Gangster aus den fernen USA, veranlasst einen schon ab und an zum Schmunzeln, vor allem als er Rath bei dessen Observation an der Nase herumführt. Auch er erscheint sehr plastisch. Der Leser erfährt viel auch über seine Herkunft, seine Kindheit und Lebenssituation, die ihn zu dem werden ließ, was er aktuell darstellt. Faszinierend beschrieben ist, wie er aufgrund des erneuten Kontaktes zu seiner sehr religiösen jüdischen Familie in Berlin sich selbst reflektiert.

Die unzähligen Nebenrollen, angefangen von Alex und Benny, über deren Straßenbekanntschaften, die einzelnen Kollegen im Polizeipräsidium, die korrupten darunter, dann Goldsteins Verwandte, die Kriminellen der beiden Ringvereine, die SA-Angehörigen, alle bleiben dem Leser nicht fremd. Sie stehen ihm bildlich klar vor Augen, was wirklich den Reiz dieses Buches mit ausmacht.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich hier um die gebundene Ausgabe, die sicherlich auch bald als Taschenbuch erscheinen wird. Das Cover ist wieder sehr passend gewählt. Ein Schwarz-Weiß-Foto, das eine Straßenszene im abendlichen, eher neblig und schon dunkel erscheinenden Berlin der 1930er Jahre zeigt. Es sind 119 Kapitel, die den doch recht umfassenden Lesestoff übersichtlich einteilen.


Fazit

Ich denke, man muss Kutschers Erzählstil und seine Liebe fürs Detail mögen, dann kommt man aber voll auf seine Kosten. Dieser 3. Band hat mich noch mehr fasziniert als die beiden zuvor und ich kann kaum den nächsten abwarten. Es ist ein wirklicher Kriminalroman mit sehr genauen Ausführungen und Schilderungen zur damaligen Zeit. Wer sich von dieser einfangen lassen möchte und dabei noch Spannung auf sehr hohem Niveau genießen, der ist bei Volker Kutscher genau richtig. Zwar bezieht er sich immer mal wieder gerne mit kleinen Hinweisen auf die beiden Fälle zuvor, aber auch ohne diese gelesen zu haben, ist der 3. Band ein Lesevergnügen. Ich gebe dem Buch alle fünf Sterne.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Fall 1: Der nasse Fisch
Fall 2: Der stumme Tod

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