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Kategorie: Ab 10 Jahre

„Was ist das? Bin ich in der Hölle?“ fragte Will.
„Nein. Noch nicht ganz“, antwortete eine amüsierte Stimme. „Aber Du bist auf dem Weg dorthin, Höllenhund Will. Dem besten und schnellsten Weg, den es gibt.“

Berlin, 1760: Der clevere Waisenjunge Will kämpft als raffinierter Meisterdieb ums tägliche Überleben – und knöpft den Reichen so manchen Taler ab. Dabei hat er nur ein Ziel vor Augen: Er will Pirat in der Karibik werden! Sein Wunsch scheint sich zu erfüllen, als er dem düsteren Baron de Talleyrand einen teil eines geheimnisvollen Amuletts stibitzt und dieser ihn daraufhin auf die Pirateninsel New Nassau verschleppt! Doch nicht nur der Baron, sondern auch eine gefährliche Piratenhorde ist dort auf der Suche nach dem zweiten Teil des Amuletts, das zu einem sagenumwobenen Schatz führen soll. Die einzige Hoffnung für Will und seinen Freund Jo ist die wunderschöne und verwegene Piratin Honky Tonk Hannah. Doch man kann niemandem trauen, denn: Pirat bleibt Pirat. Und so beginnt eine atemberaubende Jagd ...

 

Honky_Tonk_Pirates_01 

Autor: Joacheim Masannek
Verlag: cbj Verlag
Erschienen: 11/2010
ISBN: 978-3-570-15262-2
Seitenzahl: 224 Seitenzahl

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Die Grundidee der Handlung
Der Inhaltszusammenfassung lässt sich nichts mehr hinzufügen, will man der Geschichte nichts vorweg nehmen und zu viel verraten. Joachim Masannek setzt mit „Das verheißene Land“ den Grundstein zu einer tollen Kinder- und Jugendserie, die ein Piratenabenteuer mit viel Humor, aber auch mit Magie zu verbinden weiß. „Honky Tonk Pirates“ erinnert einerseits an „Fluch der Karibik“, ist aber eigenständig und bringt viele neue Ideen mit ein. Eine Reise in das europäische und karibische 18. Jahrhundert, die sich keiner entgehen lassen sollte – weder kleine noch große Abenteurer ...


Stil und Sprache
Joachim Masannek hat eine tolle Art, seine Abenteuergeschichte zu erzählen. Mit wenigen Worten schafft er Szenen, die zum Leben erwachen und die vorherrschende Atmosphäre vermitteln. Er schreibt aus der Perspektive eines unabhängigen Erzählers, der Will über die Schulter schaut. Hierbei greift er auf eine leicht verständliche, aber auf keinen Fall anspruchslose Sprache zurück, in der sich das Schalkhafte verbirgt, wenn Will – egal, ob in einer triumphierenden oder gefährlichen Situation – das Ruder übernimmt und handelt. Dynamisch, unterhaltsam und vor allem humorvoll-frech startet Masannek direkt mit seinem ersten Kapitel in die Welt von „Honky Tonk Pirates“. Dabei bringt er schon früh Spannung mit ein, hält diese jederzeit aufrecht und steigert sie zum Ende hin gewaltig, so dass man mitfiebert und das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. Kurze Kapitel fördern das flotte Lesetempo, das sich in der flüssig dahineilenden Geschichte einstellt, noch.

Der Autor bzw. sein Protagonist lieben kleine Wortspiele, besonders wenn Will flucht, ist z.B. „Flitzfliegengeschissener Höllenkönig“ eine seiner Spezialitäten. Auch an anderer Stelle trifft man darauf, wenn es beispielsweise heißt: „Der Wein machte sie schwindelig und dizzie, bizzie, fizzie im Kopf." Dabei sind diese Wortspielchen so dosiert, dass sie nicht zu häufig auftauchen und das Ganze nie ins Lächerliche abrutschen lassen.

Besonders gut gefällt mir Masanneks Umgang mit ernsten bzw. gewaltsamen Szenen, wie der Schlacht der Preußen gegen die Russen. Er umschreibt diese zwar, geht aber nicht auf Einzelheiten ein, schmückt sie nicht aus – und bringt damit den Ernst auf kindgerechte Weise herüber, ohne die Brutalität darzustellen.


Figuren
Im Zentrum des Geschehens steht natürlich der 14jährige Willfried Zacharias Karl Otto Stupps. Er ist der Pirat von Berlin, bestiehlt geschickt den Geheimen Minister des Königs, Eulenfels, und träumt davon, ein großer Pirat in der Karibik zu werden. Doch kann jemand mit so einem Namen überhaupt Pirat werden? Und daher wird er von seinen Freunden nur Will, von sich selbst Höllenhund Will genannt. Er ist schlau und mutig, gibt seine Träume nicht auf, und als er zunächst auf de Talleyrand und dann auf den Piraten Moses Kahiki Chevalier de Soleil trifft, geht das Abenteuer erst richtig los ...
Ihm zur Seite steht der 10jährige Jo. Im Gegensatz zu Will ist er nicht sonderlich mutig, eigentlich sogar viel zu lieb, und daher träumt er schon in dem jungen Alter davon, sich in der Karibik zur Ruhe zu setzen. Seine fehlende Tapferkeit gleicht er aber mit seinen Fähigkeiten als genialer Konstrukteur aus und rettet mit seinen Erfindungen Will immer wieder aus brenzligen Situationen. Moses Kahiki ist ein eigenartiger Vogel – lange weiß man nicht, ob man ihm nun trauen kann oder nicht. Aber er hat besondere Fähigkeiten, kann er doch dank eines magischen Artefakts – das Will ihm immer wieder mal klaut – Vögel und Meeressäuger um Hilfe bitten. Honky Tonk Hannah ist eine atemberaubend schöne, tollkühne, aber auch etwas verrückte junge Frau. Auch in Zeiten größter Gefahren denkt sie zunächst an das passende Schuhwerk und die entsprechende Kleidung.

Auf der Gegenseite steht zunächst Eulenfels, der Geheime Minister, der die Abwesenheit des preußischen Königs im Krieg gegen Russland dazu nutzt, sich selbst zum Herrscher von Berlin aufzuschwingen. Während er Männer, die nur für Kartoffeln für ihre Familie in den Krieg ziehen, gegen die Russen in die Schlacht führen lässt, speist er göttlich auf einem angrenzenden Hügel und bewirtet dabei die feindlichen Oberbefehlshaber mit 96 Dienern. Doch er ist harmlos gegen den Schwarzen Baron und Untergebener der französischen Krone, Gabriel Marie Baron de Talleyrand: dieser ist ein eiskalter Taktiker, dem Menschenleben nichts bedeuten, und vereint das pure Böse in sich ...

Alle Charaktere, die Joachim Masannek ins Leben gerufen hat, sind glaubhaft und dreidimensional ausgearbeitet. Es ist ein Vergnügen, ihnen bei ihren Abenteuern zur Seite zu stehen.


Aufmachung des Buches
Honky Tonk Pirates“ hat mich direkt angesprochen, als ich es zum ersten mal gesehen habe, denn die Gestaltung des fest eingebundenen Buches ist dem Verlag sehr gut gelungen. Das sich von der Vorder- bis zur Rückseite erstreckende Cover ist zweigeteilt – während die obere Hälfte mattschwarz ist, zeigt die untere eine Strandszene. Auf der Buchvorderseite prangt im oberen Teil ein silberglänzendes Piratenamulett, das mich an das Aztekengold in „Fluch der Karibik“ erinnert, sowie der mit Spotlack hervorgehobene, rotmarmorierte Schriftzug der Serie. Im unteren Teil kann man einen ersten Blick auf Will, Jo, Honky Tonk Hannah und Moses Kahiki werfen. Auf der Rückseite wurde die Inhaltszusammenfassung in Rot und Weiß auf die schwarze Fläche gedruckt.

Auch die Gestaltung im Inneren des in 3 Teile gegliederten Buches ist sehr schön. Jeder der Teile wird mit einer entsprechenden Zeichnung begonnen, zu jedem Kapitelanfang treffen wir auf das Piratenamulett, und die Seitenzahlen sind von zwei Einsiedlerkrebsen eingerahmt, die in diesem Kinderbuch eine große Rolle spielen.


Fazit
Der Auftakt zum Piratenabenteuer um den Höllenhund Will hat das Zeug zu einer faszinierenden Kinder- und Jugendbuchreihe: fesselnd, tempo- und einfallsreich erzählt, kombiniert es eine spannende, aber auch humorvolle Piratengeschichte mit magischen Elementen. Ein Spaß für kleine und große Abenteurer.


4 5 Sterne


Hinweise
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