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Die israelische Archäologin Ella nimmt ihr Leben und ihre Ehe auf den Prüfstand. Was wie ein Märchen anfing, ist ihr plötzlich zuwider. Sie trennt sich gegen den Widerstand der Familie von ihrem Mann, versucht mit ihrem kleinen Sohn ein neues Leben aufzubauen. Inmitten dieser Krise des Trennungsschmerzes begegnet sie einem Mann, sie verliebt sich neu. Auch er befindet sich in einem Lebensumbruch. Trotz heftiger äußerer und innerer Widerstände wagen sie zusammen mit ihren drei Kindern einen Neuanfang – eine späte Familie.

 

  Autor: Zeruya Shalev
Verlag: Berlin Verlag
Erschienen: 2005
ISBN: 978-3-8270-0474-8
Seitenzahl: 580 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Shalevs Roman handelt von der Befreiung einer Frau, die in der schlimmsten Krise das bekommt, was sie am wenigsten zu brauchen scheint: ein neues Beziehungschaos. Ella ist hin- und her gerissen. Sie will die Trennung von ihrem Mann, andererseits will sie ihrem kleinen Sohn gerecht werden. Die Familie wirft ihr vor, ihr Kind zu schädigen, wenn sie den Vater verlässt. Sie macht sich ihre Entscheidung nicht leicht, bis sie schließlich nach und nach die innere und äußere Trennung vollzieht. Dabei erlebt sie auch Phasen der völligen Entfremdung des Kindes. Als sie einer neuen Liebe begegnet, befindet sich dieser Mann in einer ähnlichen Situation. Er hat zwei Kinder und trennt sich gerade von seiner Frau. Die beiden Protagonisten erleben das „weite Feld“ der Liebe: Zusammenraufen, Auseinanderdriften, sich Wiederfinden. Die „Späte Familie“ steht am Ende des Romans als Ausblick, als Projekt am Horizont. Es ist ein Versuch, den die Liebe den Protagonisten abverlangt.


Stil und Sprache
Shalevs Sprache ist hinreißend, vor allem mitreißend. Kurz-Satz-Fanatiker kommen nicht auf ihre Kosten. Wer die Shalev liest, gerät in einen Sog aus überlangen Sätzen, nur wenige Punkte werden gesetzt. Die bildhafte Sprache ist sinnlich spürbar und macht (fast) jeden Satz zu einem Abenteuer. Der Leser gerät in einen Sprachsog. Starke Dialoge sind ein Kennzeichen von Shalevs Prosa, wobei man sich erst darauf einlassen muss, keine direkte Rede in Form von Satzzeichen vorzufinden. Die Dialoge sind eingebunden in die Gesamtprosa – ein literarisches Merkmal der Israelin, dessen Eigenwilligkeit man zugegebenermaßen mögen muss. Ich mag sie sehr.


Figuren
Shalevs Figuren sind voller Leidenschaft, aber auch schonungslos beschrieben, sie sind vielschichtig, glaubwürdig, komplex und widersprüchlich. Die Protagonistin Ella drängt es mit aller Macht von einem Gefühlsausbruch zum nächsten (dies beschreibt auch Shalevs Sprache am deutlichsten), sie kann nur in dieser Authentizität des echten Gefühls leben und lieben. Ihr Pendant (der neue Partner) Oded, von Beruf Psychoanalytiker, trägt dies mehr oder weniger mit Fassung. Obgleich er immer wieder unter Beweis stellt, dass er eine solche weibliche Gefühlsintensität aushalten kann, setzt er ihren Gefühlsausbrüchen Vernunft und Klarheit gegenüber, was dann den Leser einen Moment aufatmen lässt. Zuweilen entsteht das Bedürfnis, die Protagonistin zu schütteln und zu sagen: Nicht wieder den alten Fehler machen! – Vergebens, sie macht ihn dennoch, büßt dabei aber an Sympathie nichts ein – im Gegenteil. Denn spürbar ist, wie sehr hier jemand unter sich selbst leidet – Schreiben als Therapie? Unbedingt! Oded indessen achtet strikt darauf (zu Recht), dass die Beziehung keinen therapeutischen Charakter bekommt, dass sie sich als Liebende nähern, nicht als Arzt und Patientin.


Aufmachung des Buches
Gebunden mit Lesebändchen, schwarzer schlichter Einband, aufgeteilt in 24 Kapitel, ohne Überschriften. Auf dem Umschlag ist das Schwarz-Weiß-Portrait einer Frau im „Tina-Modotti-Stil“ zu sehen – sehr ansprechend! Es macht neugierig, obwohl es mit dem Thema nicht unbedingt etwas zu tun hat, es sei denn, dass sich der Leser unwillkürlich die Frage stellt: Ist das die Autorin selbst?


Fazit
Ein Buch, das mitreißt von der ersten bis zur letzten Seite: temporeich, emotional, leidenschaftlich und voller Erotik. Die Sprache, die dem Leser fast keine Verschnaufpause gönnt, entspricht in vielen Bereichen der Charakteristika Ella, eine Frau, die alles will und dabei droht, sehr tief zu fallen.


5 Sterne


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