Endlich das große Epos um die geheimnisvollsten Geschöpfe der Nacht!
Zombies gelten als grausam, feindselig und dumm. Doch Lily fasziniert der Mythos um die lebenden Toten. Sie ist fest davon überzeugt, dass mehr hinter diesen Geschöpfen steckt. Als sie eines Tages den gut aussehenden Victor kennenlernt, zeigt er ihr eine Welt, wie Lily sie nicht für möglich gehalten hätte: Sie muss am eigenen Leib erfahren, dass Zombies wirklich existieren und dieses Geheimnis um jeden Preis wahren. Denn ein unberechenbarer Feind ist ihr dicht auf den Fersen …
Autor: Thomas Plischke Verlag: Piper Erschienen: April 2010 ISBN: 978-3-492-26746-5 Seitenzahl: 480 Seiten |
Die Grundidee der Handlung
Lily Young befindet sich in einer entscheidenden Phase eines ambitionierten Projekts. Als Studentin der Anthropologie in Oxford schreibt sie motiviert an ihrer Doktorarbeit über Mythen lebender Toter verschiedener Kulturen. Obwohl angepasst an die Gepflogenheiten Englands, ist sie sich deutlich bewusst, dass die Materie nicht überall auf Gegenliebe stoßen und in Anbetracht ihrer karibischen Wurzeln allerlei Klischeedenken fördern wird. Mit der konsequenten Ablehnung ihres Großvaters, Grampy Jules, hatte sie jedoch nicht gerechnet. Er warnte sie vor der Gefahr, den stets hungrigen Schatten, in denen sie mit ihrer Wissbegier herumstochert. Sollte er mit seinen Worten Recht behalten?
Gefangen im Labyrinth der Verweise und Querbezüge, gerät ihre Arbeit immer wieder ins Stocken. Gottlieb Berger, Soziologiestudent, stand ihr bisher treu zur Seite. Als er ohne große Erklärung, lediglich mit vertröstenden Worten, Hals über Kopf nach Deutschland abreist, bleibt Lily verdutzt und auch verletzt zurück. Sie hat keine Ahnung, dass Gottlieb trotz aller Gegenwehr nun die Tradition der Familie fortführen wird und sie sich eines Tages unter widrigen Umständen wiedersehen werden.
Im Watford's Books Old and New, wo Lily des Öfteren weiterführende Literatur bezieht, macht ihr der attraktive Victor Cunningham das verlockende Angebot, ihr etwas im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit zu zeigen, was sie mit Sicherheit noch nicht gesehen hat. Obwohl ihre Mitbewohnerin Hannah, Kunsthistorikerin, sie ausdrücklich davor warnt, sich auf den Fremden einzulassen, nimmt Lily die ominöse Einladung an und betritt eine Welt, die ihr bisheriges Leben gänzlich auf den Kopf stellen wird. Ein umfunktioniertes Schwimmbad in einem maroden Gebäude ist Mittelpunkt einer bizarren Veranstaltung. In einem Spiel, Leben gegen Tod, wird Lily zum Star des Abends. Sie hätte mit vielem gerechnet, damit jedoch nicht: In einem wahren Horrortrip werden Geschichten und Legenden zur Realität und schließlich wird die junge Frau selbst Teil des vermeintlichen Mythos'…
Stil und Sprache
Neben den Romanen der “Zerrissenen Reiche”, dem Thriller “Kalte Krieger” und Beiträgen in Anthologien legt Thomas Plischke nun im Piper Verlag mit “Die Zombies” ein Epos um besagte nimmersatte Unwesen vor. In neununddreißig Kapiteln zuzüglich diverser Interviews, Anhänge, Protokolle und Briefe, gegliedert in drei Teile - Infektion, Inkubation und Eruption - wird in dritter Person Singular die Geschichte der farbigen Doktorandin Lily Young erzählt. Anhand genauer Angaben hinsichtlich Datum und Uhrzeit hangelt sich der Leser aus wechselnden Perspektiven durch rund einen Monat Zeitgeschehen. Lebende Tote und deren Jäger. Man könnte annehmen, es erwarte uns eine klassische Abhandlung Gut gegen Böse. Doch so einfach ist die Sachlage nicht. Schwarz-Weiß-Malerei findet in diesem Roman keinen Platz. Während die vermeintlichen Helden der Geschichte nicht zwingend eine blütenreine Weste haben, wirken manche Zombies, trotz quälendem Hunger, der weder Rücksicht, Gnade noch Reue in Betracht zieht, durchweg menschlich. Im Vergleich zur herkömmlichen Zombiegeschichte mit Weltuntergangsstimmung ist die vorliegende Variante sehr persönlich gehalten. Mit allen Aspekten, die es dabei zu beachten gilt. Zunächst erlebt die zentrale Figur einen völlig normalen Studentenalltag mit all seinen Freuden und Tücken. Nachdem Lily, eher unfreiwillig, den Schritt über die Grenze zwischen Leben und Tod gemacht hat, wird die Veränderung ihres Daseins peu à peu erfasst. Nur sehr langsam lernt sie zu akzeptieren, wer oder vielmehr was sie nun ist. Parallel dazu kommt auch die Romantik nicht zu kurz und im Endeffekt steht Lily zwischen zwei Männern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Ergänzt wird die Handlung durch Interviews, die die Vielfalt der lebenden Toten preisgeben und die hervorragende Recherchearbeit des Autorengespanns widerspiegeln.
Von der Geschichte Gottlieb Bergers wird im zweiten Teil berichtet. Der Leser erfährt, dass sein Vorgehen im Zusammenhang mit Lily durchaus Methode hatte und nicht nur in Herzensdingen begründet lag. Er folgt einer viele Generationen zurückreichenden Tradition. Das Konfliktpotenzial des Romans ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Auch Victor Cunningham hat seine Hintergründe, die vor allem durch das Geschehen in dem abgeschiedenen Örtchen Manger zu Tage treten. Durch die Vorkommnisse um Ben Sullivan und Alice Owen lassen sich Rückschlüsse auf seine Herkunft ziehen.
Nach zahlreichen Hinweisen und großen Überraschungen kommt es zum spannenden Finale. Der rasante Showdown steht einer Endzeitapokalypse in nichts nach. Turbulente Action um Fressen und gefressen werden raubt dem Leser den Atem. Zurück bleibt der unbändige Hunger auf mehr …
Figuren
Getragen wird die Handlung des Romans vor allem von dem Dreiecksgespann Lily Young, Gottlieb Berger und Victor Cunningham.
Die Anthropologiestudentin ist wohl behütet mit ihrer Schwester Veronica bei den Eltern Harold und Martha Young in Notting Hill aufgewachsen. Während Großvater Grampy Jules, geboren in Trinidad, an die reale Existenz lebender Toter glaubt, tut Harold diese Geschichten als Hokuspokus ab. Einen ganz anderen Bezug zum Thema Zombies hat Gottlieb, ein sehr guter Freund Lilys, und manchmal auch mehr. Die Bergers gehören seit drei Jahrhunderten zu einem Clan, der sich auf die Jagd dieser Unwesen spezialisiert hat. Die scheinbar zufällige Begegnung zwischen Gottlieb und Lily in der Bibliothek der Oxforder Radcliffe Camera war Teil einer Mission, Lily die Zielperson. Als Anselm Berger aus dem Leben scheidet, kehrt Gottlieb in die Heimat zurück, um sein Erbe anzutreten und fortan die Familiengeschicke und die Erfüllung der gemeinsamen Ziele zu lenken. Victor Cunningham hat in Oxford indes leichtes Spiel. Er stammt aus einer besonderen Ortschaft namens Manger mit speziellen Sitten und Gebräuchen. Dass Lily mehr oder weniger einem Unfall zum Opfer fällt, kommt ihm nicht ungelegen, wird es ihr unter diesen Umständen leichter fallen, zu akzeptieren was er ist - ein lebender Toter. Sowohl Gottlieb als auch Victor haben weit mehr als nur freundschaftliches Interesse an der Studentin.
Nicht nur diese drei Figuren hat Thomas Plischke gut in Szene gesetzt. Ob lebendig oder tot, sämtliche Personen erhalten ein individuelles Wesen, wirken glaubhaft und geben der Geschichte Farbe. Insbesondere die Wandlung Lilys ist mit Bedacht in detaillierten Schritten erklärt und wirkt nicht zuletzt dank vielfältiger Emotionen absolut überzeugend.
Aufmachung des Buches
“Die Zombies” ist in Originalausgabe als Broschur im Piper Verlag erschienen. Das matt gehaltene Cover ist entsprechend der Geschichte recht düster, Schwarz und Grau sind die vorherrschenden Farben. Eine junge Frau mit langen, dunklen Haaren blickt den Betrachter aus rot umrandeten Augen an. Ihre Haut ist, ebenso wie die Lippen, extrem blass. Kleine Blutspuren weisen auf ein, aus Sicht eines Zombies, köstliches Mahl hin. Die Großbuchstaben des Titels sind in glänzender, erhabener Struktur aufgebracht und weisen vermeintliche Blutschlieren auf. Insgesamt ein Eyecatcher, der zusammen mit der vielversprechenden Information zum Inhalt auf der Rückseite unbedingt zur Lektüre einlädt.
Fazit
Zombies können auch anders …
Thomas Plischke zeigt in seinem Serienauftakt über die lebenden Toten eine Alternative zum Klischee der stupiden Fleischfresser, wie man sie bisher aus Literatur und Film kennt. In einer emotionalen wie auch spannenden Geschichte weckt er Sympathie für die stets hungrigen Unwesen und unterhält in flüssig-fesselndem Schreibstil.
Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den Piper-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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