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Tauchen Sie ein in die geheimnisvolle Welt Osten Ards

Als er ihre schönen, kalten Gesichter und das fahle Haar sah, hielt er sie zuerst für Engel. Dann erkannte er das böse Licht in den schwarzen Augen und versuchte fortzulaufen.

Band 2 von Tad Williams‘ erfolgreichem Fantasyepos. Die Abenteuer des Küchenjungen Simon an der Seite des verstoßenen Prinzen Josua Ohnehand. Ihnen droht tödliche Gefahr sowohl von den geheimnisvollen Nornen und als auch von den Schergen des Königs.

 

Der_Abschiedsstein 

Originaltitel: The Stone of Farewell; Memory, Sorrow, and Thorn #2
Autor: Tad Williams
Übersetzer: Verena C. Harksen; neu durchgesehen von Andy Hahnemann
Verlag: Klett Cotta
Erschienen: Februar 2010
ISBN: 978-3-608-93867-8
Seitenzahl: 890 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Simon, Binabik und die weiteren Gefährten ihrer kleinen Gruppe haben am Ende des ersten Bandes rund um Osten Ard das Schwert Dorn gefunden. Doch dann werden sie angegriffen und in dem allgemeinen Chaos taucht plötzlich ein Drache auf, den Simon wie durch ein Wunder abwehrt, von dem Drachenblut jedoch gezeichnet wird. Als er das nächste Mal zu sich kommt, findet er sich in der Heimat Binabiks wieder, doch sein kleiner Freund ist nicht da. Kurz darauf erfährt er, dass Binabik von seinem eigenen Volk eingesperrt worden ist, ebenso Sludig, da dieser ein Rimmersmann und damit generell ein Feind der Trolle ist. Simon versucht gemeinsam mit Haestan und Jiriki den Hirten und die Jägerin – die Herrscher der Qanuc – von der Unschuld der Freunde zu überzeugen. Als alles nichts hilft, machen sie sich heimlich daran, Binabik und Sludig zu befreien. Doch dann kommt alles ganz anders und eh sie sich versehen, ziehen sie mit dem Segen des Qanuc-Volkes los, um den scheinbar ewigen Winter zurück zu schlagen, indem sie Josua das geheimnisvolle Schwert bringen, das eine wichtige, wenn auch noch nicht ersichtliche, Rolle in dem Kampf gegen den Sturmkönig inne hat. Doch der Weg ist hart, wird begleitet von Hunger, Verzweiflung und Tod. Und so hat Tad Williams eine Geschichte großer Gefühle geschaffen, in der Rache, Hass, Angst, aber auch Liebe und Hoffnung die Figuren begleiten. Die Gefahr begleitet sie dabei auf Schritt und Tritt - wie ein Norne auf Seite 178 treffend sagt: „Eure Zeit, die Zeit aller Sterblichen, flüchtig und lästig wie Insekten, ist fast vorüber.“


Stil und Sprache
Der zweite Band beginnt unmittelbar dort, wo der Auftakt des Fantasy-Epos‘ endete, wodurch die Geschichte sogleich spannend startet, denn der Leser muss sich nicht nur um Simons Wohl, sondern vor allem um Binabik sorgen, der von seinem eigenen Volk gefangen genommen wurde und nun aufgrund eines Verbrechens auf den Richterspruch wartet. Allerdings darf man auch im zweiten Teil rund um das Geheimnis der Großen Schwerter keine durchgehend Fingernägel-kauende Spannung erwarten, auch wenn es solche Spannungsspitzen immer wieder gibt - diese werden jedoch stets von gemächlicheren Szenen abgelöst, wodurch der Autor dem Leser einen umfassenden Blick auf die Geschichte ermöglicht. Tad Williams gibt der Geschichte unvorhersehbare Wendungen; gerade zum Ende des Buches erwarten den Leser nicht wenige unerwartete Überraschungen, die sogleich neugierig auf die Fortsetzung im dritten Band („Die Nornenkönigin“) machen.
Erzählt wird die Geschichte durchgehend in der 3. Person, hauptsächlich aus Sicht einer Figur, wobei sich der Erzähler hin und wieder die Freiheit nimmt, kurzfristig die Perspektive innerhalb einer Szene zu wechseln. Die Handlungsstränge wechseln sich recht regelmäßig und zumeist häufiger als im ersten Band ab, allerdings liegt zwischen den einzelnen Handlungssträngen teilweise so viel Zeit bzw. so viele Seiten, dass man – zum Beispiel bei Tiamak – durchaus kurz überlegen muss, wer er ist bzw. was zuletzt vorgefallen ist. Die Handlungsstränge sind alle gleichermaßen interessant und enden nicht selten an spannenden Stellen, sodass eine gewisse Grundspannung stets aufrecht erhalten wird.

Tad Williams beschreibt so liebevoll detailliert, dass man sich die einzelnen Schauplätze bildlich vorstellen kann; andererseits sollte der Leser für diese Beschreibungen auch Geduld mitbringen, denn dadurch schreitet die Geschichte bei weitem nicht immer zügig voran. Dennoch lohnt es, sich auf all die Details einzulassen, um das Ganze voll erfassen zu können. Der Autor versteht es, mit Worten umzugehen und diese vor dem geistigen Auge des Lesers zum Leben zu erwecken. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass sein Stil durchaus anspruchsvoll ist und sich nicht dazu eignet, während des Lesens entspannt abzuschalten. Die Aufmerksamkeit des Lesers ist durchgehend gefragt.
Grausamkeiten versteht Tad Williams bildlich darzustellen, ohne zu detailliert zu werden; vielmehr überlässt er es der Fantasie des Lesers, seine Worte mit blutigen Einzelheiten zu füllen. Die Gefühle der Figuren, wie zum Beispiel Simons Verzweiflung, weiß er ebenso mit wenigen treffenden Worten zu vermitteln: „Er war schon fast soweit, dass er eine Matratze in der Hölle angenommen hätte, wäre der Teufel nur bereit, ihm noch ein Kissen zu leihen.“ (Seite 417).


Figuren
Die Figuren in diesem Roman sind durchweg wie aus dem Leben gegriffen und beziehen den Leser emotional mit ein. Schnell schließt man sie ins Herz oder entwickelt Antipathien – je nach den zugedachten Rollen, die sie erfüllen.
Simon, die Hauptfigur, wächst im Laufe dieses Bandes über sich hinaus, wird vom einstigen Mondkalb zum Mann (wenn auch nach wie vor mit Mondkalb-Allüren). Binabik, Freund und Begleiter Simons, sagt auf Seite 422 sehr treffend: „Ich bin dieser Drachen-Rachel nie begegnet“, sagte Binabik, stand auf und klopfte sich den Schnee von der Hose, „aber wenn sie für dich verantwortlich war, muss sie eine Frau von großer Geduldigkeit und Güte gewesen sein.“ Binabik nimmt den Leser mit seiner liebenswürdigen Art schnell für sich ein. Er kann jedoch auch sehr stur sein, was ihn in der Gefangenschaft bei seinem Volk beinahe das Leben kostet. Doch er steht nun mal zu seinem Wort und den Gesetzen seines Volkes und übernimmt die Verantwortung für sein Handeln.
Neben diesen beiden gibt es zahlreiche weitere sympathische und liebenswerte Figuren, die aufzuzählen den Rahmen der Rezension sprengen würde. Daher möchte ich mich im Folgenden lediglich auf zwei weniger freundlich gesinnte Personen beschränken: Elias, der Bruder Josuas und Hochkönig von Osten Ard, ist scheinbar wahnsinnig, brutal und gnadenlos, doch ist er nicht das Böse in Person. Vielmehr sind es Pryrates‘ Machenschaften und das große Ganze hinter all dem, und Elias ist lediglich der Spielball, die Marionette – glaubt zumindest Pryrates. Letzterer ist wahrlich ein würdiger Antagonist, finsterer noch als die Nacht, dabei aber stets faszinierend.


Aufmachung des Buches
Die Hardcover-Ausgabe des zweiten Bandes rund um Osten Ard aus dem Klett Cotta-Verlag ist sehr schön und liebevoll gestaltet und optisch an den ersten Band angelehnt. Das Buch selbst ist wieder ganz in Schwarz gehalten, der hochglänzende Schutzumschlag zeigt die Hauptfigur Simon vor dem titelgebenden Abschiedsstein. Auf den Vorsatzblättern finden sich wiederum die bereits bekannten Karten von Osten Ard und dem Hochhorst, auch ein Lesebändchen – diesmal ein wenig dunkler gehalten – fehlt ebenfalls nicht. Ein umfangreicher Anhang enthält Informationen zu Personen, Orten, Geschöpfen, sonstigen Begriffen und ‚Wörter und Sätze‘, die bei der Orientierung in diesem umfangreichen Werk helfen. Schade ist nach wie vor, dass die bereits in der ursprünglichen Fassung enthaltenen Tipp- bzw. Grammatikfehler in der Neuauflage nicht durch ein gründliche(re)s Lektorat korrigiert worden sind.


Fazit
Für geduldige Leser, die vor anspruchsvoller Fantasy nicht zurück schrecken, ist „Der Abschiedsstein“ eine überaus gelungene Fortsetzung zu „Der Drachenbeinthron“ und macht neugierig auf die Fortsetzung. Ein toller Schreibstil, lebensechte Figuren und eine vielschichte Handlung überzeugen – trotz der teilweise eher gemächlichen Szenen.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Der Drachenbeinthron

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