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Schlimm genug für Frank Miller, dass er sein Gedächtnis verloren hat. Doch nicht nur das – er wurde offiziell für tot erklärt! Als ihn nicht einmal seine Verlobte Claire wiedererkennt, verwandelt sich sein rätselhaftes Schicksal entgültig in eine Tragödie.
Es ist das Jahr 2008 und Franks langsam zürückkehrende Erinnerung konfrontiert ihn mit einer unglaublichen Realität: mit einem Dritten Reich, das das Jahr 1945 überlebt hat, mit einer NSDAP, die mächtiger und grausamer ist als jemals zuvor. Über Europa weht die Flagge mit dem Hakenkreuz.
Franks Suche nach seiner Identität führt ihn in die deutsche Hauptstadt Germania, erbaut nach den tollkühnen Entwürfen Hitlers und Speers. Dort erfährt er, dass er kämpfen muss – um seine Liebe zu Claire und um das Schicksal vieler anderer.

 

  Autor: Siegfried Langer
Verlag: Atlantis Verlag
Erschienen: Dezember 2008
ISBN: 978-3-936742-954
Seitenzahl: 241 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Deutschland hat den Weltkrieg - den Deutschen Krieg - gewonnen und herrscht über ganz Europa und Afrika bis zum Kap der guten Hoffnung. Lediglich an der Ostgrenze, im Gotengau, leistet die Sowjetunion immer noch Widerstand - eine Tatsache, die daheim im Reich nicht benannt werden darf, denn hier herrscht die Gestapo mit unverminderter Grausamkeit. Und die Wehrmacht steht dieser Organisation in nichts nach. An eigens zu diesem Zweck gezüchteten Menschen werden unmenschliche medizinische Versuche unternommen. Die Bespitzelung ist Alltag und wird kaum noch wahrgenommen. Aber es gibt Widerstand auch in den eigenen Reihen. Prof. Gothaer, der im nunmehr deutschen Oxford Physik lehrt, hat eine Schar Studenten um sich versammelt, die ihm helfen sollen, die Geschichte zu ändern, den Nationalsozialismus zu verhindern, indem sie durch Zeit und Raum reisen. Einer von ihnen ist Frank Miller. Aber noch ist es nicht soweit, denn zunächst sind nur Reisen in Parallelwelten möglich, aber eines Tages ...


Stil und Sprache
Das Buch ist in insgesamt vier große Abschnitte eingeteilt, untergliedert wiederum in unterschiedlich viele Kapitel. Zwischenspiele ergänzen die Handlung. Der Autor erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern beginnt mittendrin, als sich Frank Miller ohne Gedächtnis, aber mit vagen Ahnungen, am Görlitzer Bahnhof wiederfindet. Im Jahr 2008, in einer Gesellschaft, die sehr der Wilheminischen Ära ähnelt.
Betont langsam berichtet Langer aus dieser Zeit, die Wortwahl ist dieser Ära durchaus angemessen, trotzdem ist es spannend zu lesen, wie sich Miller zu orientieren versucht und wie er plötzlich verfolgt wird, ohne zu wissen warum. Ganz plötzlich tritt der Autor dann auf die Bremse und der Leser knallt quasi gegen die Frontscheibe. Unvermittelt, im spannendsten Moment rausgerissen, wird man nun mit der folgenden langatmigen Vorgeschichte konfrontiert. Diese beginnt im Jahr 2005 mit dem Studienbeginn Millers in Oxford und zieht sich wie Kaugummi über mehr als 70 Seiten hin, wo es ein kurzer Rückblick getan hätte. Viele, allzu viele unnötige Details werden vor dem Leser ausgebreitet, Selbstverständliches zu oft mitgeteilt. Und „Fachgespräche“ unter Physikern stelle ich mir auch ganz anders vor.
Dann, ebenfalls unvorhersehbar, nimmt Langer wieder den Faden vom Anfang (Wilhelminische Gesellschaft) auf und führt die Geschichte nun chronologisch fort. Schiebt aber nochmals einen Rückblick ein, um Frank Miller über Ereignisse in der Nazizeit aufklären zu lassen. Auch wenn der Rückblick sprachlich und dramaturgisch überzeugt, irgendwann blickt man nicht mehr so richtig durch.

Leider setzt der Autor seine Stilmittel zu offensichtlich ein und auch bei der Wortwahl ist er sehr darauf bedacht, Wiederholungen zu vermeiden. Das wirkt wie bei Schulaufsätzen, wo der Schüler das WH als Anmerkung des Lehres vermeiden möchte. Öfters fühlte ich mich in eine Schreibwerkstatt versetzt, was sich auch am Schluss des Romans in einer Notiz des Autors bestätigte. Gelungenes wird da mit Schlechtem kunterbunt gemischt, grade so als habe der Autor alles, was er jemals verfasst hat, zu einem Roman verarbeitet. Einzelne Abschnitte zeugen von dem unbestreitbaren Talent Langers, spannend und unterhaltsam zu erzählen, anderes dagegen war nur schwer auszuhalten – manchmal mochte ich gar nicht mehr weiterlesen, wobei ich dann die satirische Beschreibung eines Ausflugs in unsere Realität, den so anderen Blick darauf, verpasst hätte. Alles in allem leidet der Roman an der Überambitioniertheit Langers. Von allem zu viel - sowohl was Sprache und Stil betrifft, als auch Aussage und Inhalt. Der Stoff hätte locker für eine Trilogie gereicht, auch wenn ich die Manie, gute Ideen solange auszuwalzen bis drei Bände daraus entstanden sind, nicht gut heiße - hier wären mindestens zwei Bände angebrachter gewesen. Langer hätte sich für das Ende seiner Geschichte wesentlich mehr Zeit nehmen können und nicht alles so hoppladihopp abschließen müssen.


Figuren
Der Autor kommt mit wenigen Figuren aus, die unterschiedlich gut ausgearbeitet sind, obwohl bei allen die Innenwelt viel zu kurz kommt, ihre innere Motivation nur erahnt werden kann. Das eigentliche Manko des Romans ist, dass ausgerechnet Frank Miller, die Hauptperson, auf mich überhaupt nicht sympathisch wirkt. Vieles an ihm lässt mich kalt. Ich konnte seine Denkweise, seine Gefühle und die daraus resultierenden Handlungen selten nachvollziehen. Weshalb er z.B. Claire liebt wurde mir nicht mal ansatzweise klar. Nun, vielleicht liebt er sie ja deshalb, weil er sie in klassischer Heldenmanier retten "darf". Auch seine Motivation sich dem Widerstand anzuschließen bleibt äußerst vage. Überhaupt wirken die Personen aus dem Wilhelminischen Zeitalter 2008 in ihrer Gesamtheit viel authentischer als die aus der Nazizeit 2005 - 2008. Nur leider sind sie nicht die Hauptpersonen, sondern spielen nur Nebenrollen. Von Prof. Gothaer, Initiator der Zeitreiseforschung, hat man zwar ein gutes äußeres Bild, das verrückte Genie aber kann er nicht glaubwürdig darstellen - das ist nur seine Rollenzuschreibung. Genauso verhält es sich unter anderem mit Tristan, dem stotternden Bilderbuch-Arier. Wäre das Buch ein Film, würde man von Fehlbesetzung oder mangelndem Talent der (/des) Schauspieler(s) sprechen.
Nachdem die Guten schon so wenig Tiefe besitzen, wie sieht es dann auf der Seite der Bösen aus? Stereotypen wohin man schaut. Der Böse kennt wirklich keine Skrupel um seine Allmachts- und Welteroberungsvorstellungen umzusetzen. Böse bis aufs Blut, fanatischer Nazi ist er nur deshalb, weil die Geschichte in dieser Zeit angesiedelt ist. Und die Leute von der Gestapo kennt man auch aus diversen Filmen und Büchern zur Genüge – Abziehbilder, mehr nicht. Ambivalente Typen sucht man vergebens. Schade.


Aufmachung des Buches
Das Format des broschierten Buches ist ca DIN A 5, also nicht so, wie man es von Taschenbüchern her gewohnt ist, trotzdem liegt es gut in der Hand. Die Schrift ist so klein, dass es eine Weile dauert bis man damit zurecht kommt. Das Cover ist interessant gestaltet: ein riesiges Gebäude mit überdimensionierter Kuppel, das an Albert Speers Entwürfe für das neue Berlin erinnert, auf braunem Grund. Dahinter, goldfarben, die Karte Europas. Alles ein bisschen verwaschen und undeutlich. Der Titel erscheint in altmodisch wirkenden Buchstaben, hebt sich allerdings nicht sehr deutlich vom Untergrund ab. Die Düsternis des Covers und das Gebäude verweisen bereits auf den Inhalt und sind daher stimmig gewählt.

Noch ein Wort zum Klappentext: Wer zeichnet sich dafür eigentlich verantwortlich? Lesen diese Leute auch den Roman? In diesem Fall hätte er missverständlicher nicht sein können.


Fazit
Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Die Geschichte hat was, nur leider konnte sich der Autor scheinbar nicht so recht entscheiden was er schreiben möchte - Liebesgeschichte, Politthriller oder Zeitreiseroman. Am liebsten alles gleichzeitig. Hätte durchaus funktionieren können, aber leider stimmt die Mischung nicht. Wer allerdings keine großen Ansprüche stellt, ist mit dem Roman gut bedient, denn Talent hat der Autor, wenn es auch noch zu selten aufblitzt. Für einen Erstling ganz passabel.


2 Sterne


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