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Vorsicht beim Öffnen!

Zutaten:
Sommerferien
Regen ohne Ende
Fünfeinhalb Kinder
Ein Hund und ein Chamäleon
Teufelszungen-Chilisauce (die von Herman)
Viele fiese Gestalten

Alles gut durchmischen. Eine Leiche und einen verschwundenen Augapfel hinzufügen. Mit äußerster Vorsicht genießen!

 

 

Originaltitel: The Pickle King
Autor: Rebecca Promitzer
Übersetzer: Katharina Diestelmeier
Verlag: Carlsen Verlag (Chicken House)
Erschienen: 04/2010
ISBN: 978-3551520029
Seitenzahl: 496 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe

 

Die Grundidee der Handlung
Die Verurteilten der Regenstadt nennen sich die Kinder, die in den Sommerferien in der Kleinstadt Elbow bleiben müssen, in der es zu dieser Zeit jedes Jahr ununterbrochen regnet. Auch in diesem Jahr kommen die Unglücklichen zum Sommerklub, einer unfreiwilligen Gemeinschaft, die von der Schule auferlegt wird, zusammen, um die freie Zeit miteinander zu verbringen: Bea und Sam mit seinem Hund Jellybean, alte Hasen im Klub, und neu dabei Madison, Eric, Butterfly und ihr kleiner Bruder Nelson. Doch dieses Mal ist der Sommer in Elbow alles andere als langweilig – eine Leiche wird gefunden, ein Geist spukt durch Beas Haus, mysteriöse Geheimtreffen finden im örtlichen Grand Hotel statt und die Kinder werden von einem gruseligen Schattenmann verfolgt. Irgendetwas Seltsames geht in der beschaulichen Kleinstadt vor sich und die Erwachsenen scheinen allesamt unter einer Decke zu stecken.

Chilischarfes Teufelszeug ist eine wunderbare Feriengeschichte mit vielen, liebenswerten Charakteren, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.


Stil und Sprache
Sprachlich ist das Buch sehr jugendlich und spannend geschrieben. Es ist klar auf die Zielgruppe der 11 bis 13-jährigen ausgelegt, weiß jedoch durch einen ausgereiften und sehr bildhaften Stil auch ein erwachsenes Publikum anzusprechen und zu unterhalten. Die Geschichte wird aus der Sicht der 11-jährigen Beatrice, genannt Bea, in der Vergangenheitsform erzählt, die mit offenen Augen durch die verregnete Welt in Elbow geht und ihre Beobachtungen und Erkenntnisse stimmig in die Handlung einbringt. Manches Mal hat man das Gefühl, dass die Perspektive der jungen Bea in die einer Erwachsenen wechselt, die auf die prägenden Erlebnisse aus ihrer Kindheit zurückblickt: „In Elbow, der Stadt, in der ich lebe, regnet es den ganzen Sommer über. Es ist kein Regen, durch den man gerne rennt und mit den Füßen platscht. Auch nicht die sanfte und warme Art Regen, bei der ein Regenbogen entsteht. Nein, in Elbow regnet es schweren, dunklen Regen. Regen, der laut prasselt wie Hunderte wütender Finger. Stunde um Stunde trommeln sie auf den Bürgersteig, die Autos und die Schirme der Leute, und die Menschen werden ganz bleich, weil ihre feuchten Gesichter kein Tageslicht mehr zu sehen bekommen, nur Dunkelheit und Nässe. Manche werden verrückt deswegen." (Seite 5).
Spielend leicht wird mit gefühlvollen Beschreibungen und Vergleichen eine dichte Atmosphäre erzeugt, die sogleich sogartig auf den Leser wirkt und die dunkle, regnerische Kulisse von Elbow mit kleinen Inseln aus Licht und Geborgenheit vor seinen Augen entstehen lässt: „Als ich in den blauen Himmel hinaufsah, glitzerte das Licht ganz hell zwischen den Bäumen hindurch. Ich musste die Augen zumachen und ließ das Licht nur in kleinen Portionen herein, bis große Sonnenscheinkreise wie dicke Edelsteine auf meinen Wimpern tanzten." (Seite 11).

Ein ermordeter Mann, ein verschwundener Augapfel, Geister, gruselige Männer, die in dunkle Machenschaften verstrickt sind – die Geschehnisse in Elbow sind nichts für schwache Nerven, vor allem die jüngere Leserschaft sollte nicht allzu empfindlich sein, wenn es um Mord und abgetrennte Körperteile geht. Die Spannung zieht sich konsequent bis zur letzten Seite, wenn Bea und ihre Freunde zum einen immer mehr als Gemeinschaft zusammen wachsen, und zum anderen den Geheimnissen rund um die Kleinstadt auf den Grund gehen, von deren fantasievoller Auflösung man schlussendlich wirklich überrascht wird.


Figuren
Die Hauptfigur ist Bea, eine Halbwaise, deren Vater früh starb und deren Mutter verrückt geworden ist. Seitdem lebt sie mit Bertha, Krankenschwester und eine Freundin ihrer Mutter, zusammen, die sich nur bedingt neben ihrem Job um das Kind kümmern kann. So ist Bea vor allem in den Ferien größtenteils auf sich allein gestellt und versucht mit der Elternlosigkeit und dem Verlust zurechtzukommen. Zu ihrem Vater hatte sie ein inniges Verhältnis und so hält sie die Erinnerung an ihn durch Hermans Teufelszungen-Chilisoße, die er ihr mal mitbrachte und die sie seitdem zu allem isst, und seinen Fotoapparat, mit dem sie auch gern fotografiert, hoch. Bea ist sehr sensibel und wenn etwas Seltsames oder Gefährliches im Anmarsch ist, beginnt der kleine Finger ihrer linken Hand zu zucken. Das bringt sie oft in brenzlige Situationen, weil sie den Dingen stets neugierig auf den Grund gehen möchte.

Sam ist in den Ferien ihr bester Freund und leistet ihr Gesellschaft beim Schauen der Zeichentrickfilme, die es manchmal schaffen, das graue Regenwetter auszublenden. Er kommt aus einem schwierigen Zuhause, Vater und Bruder sind kriminell, nur sein Hund Jellybean ist ein treuer Gefährte. Die anderen Verurteilten der Regenstadt haben auch ihre ganz eigenen Probleme: die reiche und verwöhnte Madison verbringt die meiste Zeit mit den Hausangestellten, Butterfly muss wegen ihrer ehrgeizigen Mutter ständig auf ihren kleinen Bruder Nelson aufpassen und hat wenig Zeit für ihre eigenen Wünsche und der erfindungsreiche Eric leidet unter der Trennung seiner Eltern. Die ungleichen Kinder lernen sich im Verlauf des Sommers immer besser kennen und schätzen und obwohl sie außerhalb der Ferien ihre eigenen, klar begrenzten Freundeskreise haben, werden die fantastischen Erlebnisse sie für immer verbinden.

Die Erwachsenen bleiben eher im Hintergrund. Neben der Krankenschwester Bertha werden die Kinder von dem alternativen Ladenbesitzer DW und der ehemaligen Journalistin Elenor unterstützt. Für den Gruselfaktor sorgen der seltsame, abgehärmte Jeeks und der mysteriöse Schattenmann, die den Kindern nachstellen und ihre dunklen Ziele verfolgen. Alle Figuren sind lebendig gezeichnet und gerade in die Kinder mit ihren vielfältigen Eigenschaften und Problemen kann man sich sehr gut einfühlen.


Aufmachung des Buches
Die Gestaltung ist ein toller Eyecatcher: auf dem Cover ist fast formatfüllend ein Einmachglas zu sehen, in dem sich neben Chilischoten ein Augapfel erkennen lässt. Auf dem signalroten Deckel steht "Vorsicht beim Öffnen!", was den spannenden, gefährlichen Inhalt verdeutlichen soll und noch durch den giftgrünen Nebel im Hintergrund unterstrichen wird. Auf dem Frontetikett wurden Titel und Autorenname eingefügt. Rechts am Rand des Titels ragt der Kopf eines Chamäleons hinein, das farblich passend eine grün-rote Färbung angenommen hat. Auf der Rückseite des Buches ist logischerweise die andere Seite des Glases abgebildet, das mit stichwortartigen Zutaten auf dem Etikett für den Inhalt wirbt. Sowohl Augapfel, als auch Chamäleon, diesmal von hinten, werden hier wiederholt. Insgesamt ist das Design sehr auffällig und macht durch die zum Inhalt passende Darstellung extrem neugierig auf die Geschichte.


Fazit
Für Kinder und jung gebliebene Erwachsene, deren Herz offen ist für die Magie, die es inmitten eines düsteren, verregneten Sommers in einer Kleinstadt zu entdecken gilt. Hier wird einiges geboten: Spannung, Freundschaft und Zusammenhalt entgegen aller Widerstände – ein wahrlich zauberhaftes Buch!


4 5 Sterne


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