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„Das kleine Boot bewegt sich den Nil aufwärts. Während wir weiter nach Süden, fort von allem mediterranen und Europäischen in die Hitze reisen, verlieben meine Lady und ich uns. Nicht in eine Person. Wir verlieben uns in den Fluss und das Land, das er nährt und überflutet, in den Nil und seine Menschen.“

 

  Originaltitel: The Mistress of Nothing
Autor: Kate Pullinger
Übersetzer: Kristian Lutze
Verlag: Bloomsbury
Erschienen: 1. Aug. 2010
ISBN: 978-3827009197
Seitenzahl: 272 Seiten


Die Grundidee der Handlung
„Eine Liebe in Luxor“ ist der Titel dieses Buches und dieser lässt vermuten, dass es sich um eine – eher banale – Liebesgeschichte handelt. In diesem Buch geht es zwar um die Liebe, aber die Geschichte ist alles andere als banal. Eine englische Lady leidet schwer an Tuberkolose und deshalb wird ihr von ihrem Arzt dringend angeraten, in ein trockenes und heißes Land, nach Ägypten, zu reisen, um die Krankheit auszuheilen. Als einzige Begleitung ist ihre Zofe und Dienstmädchen Sally vorgesehen. So begeben sich die beiden auf die weite Reise und verlieben sich schließlich in das Land – Sally allerdings nicht nur in dieses …


Stil und Sprache
Fein, geradlinig und klar ist Pullingers Sprache. Die Autorin lässt die Geschehnisse der Protagonistin selbst, also Sally Naldrett, erzählen.
Der Roman ist mehr ein erzählerischer Entwicklungsprozess dreier Figuren und als Schauplatz dient das schöne, heiße, aber auch fremde und unbekannte Ägypten. Die Autorin lässt Sally so klar, aber auch sinnlich erzählen, dass man die drückende Hitze, das Gleißen der Sonne und den Geruch des Nils förmlich körperlich spürt und meint, sich selbst an diesem fremden Ort zu befinden. Auch die subtile Darstellung der uns unbekannten Nahrung und die fremdartigen Gerüche durchdringen alle Sinnesorgane und entführen einen in die brütende Glut Luxors, um sich neben Sally zu stellen und sie zu stützen. Ihr beizustehen, als sie gezwungen ist, sich von einer abhängigen Zofe in eine selbständige und kämpfende Frau zu verwandeln, die aber nie Gefahr läuft zu verbittern oder mit dem Leben zu hadern.

Sally erzählt ihre Geschichte jemand anderem, dem Leser. Sie erzählt sie, nachdem sie dies alles erlebt hat und durch ihren Kampf das Leben lebenswert in den Griff bekam. Direkt, stringent und geradlinig erzählt sie in scheint's leichtem Plauderton, der aber von hohem Niveau und meisterlich bebildert ist. Durch die sehr einfühlsame und sympathische Art des Erzählens fesselt sie den Leser an sich, so dass er ihr ständig an den Lippen hängt und wissen möchte wie es weitergeht.


Figuren
Zum bestechenden Erzählstil kommen aber ebensolch hervorragend ins Leben gerufene Figuren. Zweifelsohne ist Sally die Hauptprotagonistin, denn sie erzählt auch ihre Geschichte. Von ihrer Arbeitgeberin Lucie Duff Gordon spricht sie stets nur respektvoll von „meine Lady“. Dieser Respekt darf aber absolut aufrichtig und ehrlich verstanden werden, denn seit frühester Jugend kennt sie nichts anderes als jemandem zu dienen, und dieser Tätigkeit kommt sie mit Liebe und Engagement nach. Für einen selbst mag dies leicht naiv und unterwürfig anmuten, so darf man aber nicht vergessen, dass die damalige Zeit, die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, noch in strenger hierarchischer Standessordnung geregelt war. Sally vermittelt nicht nur eine Zofe, die in ihrer Arbeit aufgeht, sie lebt dies auch.
Lady Duff Gordon ist eine Dame von Welt - oder zumindest sieht sie sich als solche. Durch ihre Stellung hat sie Kontakt zu einflussreichen Leuten und diese Kontakte weiß sie mitunter auch zu nutzen. Schwerkrank und dennoch voller Leben, gibt sie Sally stets das Gefühl, dass sie schon mehr eine Freundin denn eine Zofe für sie ist. Geschieht es allerdings – wenn auch nur unbewusst – dass die Lady nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht, kann sie ihren Unmut kaum verbergen. Als Sally sich aber dann verliebt und zu allem Übel auch noch ein Kind bekommt, lässt sie die Maske fallen. Dann ist sie keine Lady mehr, sondern eine Egomanin, eine Matriarchin, ja, ein böses und kaltherziges Weib.
Und da ist noch Omar. Der ägyptische Diener, Koch und Organisator. Omar gewinnt das Herz Sallys und beide spüren, dass es mehr als nur eine banale Liebelei ist. Dies aber ihrer Lady beizubringen, stellt beide vor ein großes Problem.

Die Wandlung der Personen. Ihr Denken, ihr Fühlen und auch ihr Handeln machen das Buch letztendlich zu dem was es ist: ein Spiegel in des Menschen Innerstes. Aufrichtige Gefühle, Seelenschmerz, Aufopferung und auch Liebe stehen plötzlich gegenüber Eitelkeit, Hochmut, Selbstmitleid und auch Feigheit.


Aufmachung des Buches
Elegant, schlicht und edel sticht einem das schmale, gebundene Buch sofort ins Auge. Am Schutzumschlag vermittelt die Schwarz-Weiß-Fotografie einer antiken Ruine unverkennbar das südliche und heiße Flair eines Sonnenlandes. Und ebenso elegant geschwungen finden sich Titel und Autorenname am Cover.
Das Buch ist in 20 Kapitel eingeteilt und am Schluss finden sich noch ein Nachwort der Autorin mit Hinweisen auf die historisch belegten Geschehnisse.


Fazit
Man darf sich vom Titel nicht täuschen lassen! Geht es im Grunde auch um eine Liebe, so jedoch nicht um eine banale und körperliche Liebesgeschichte, die man als Leser stets nur in die waagrechte Form begleiten darf. Es geht um Gefühle, vor allem aber um gegenseitigen Respekt, um Enttäuschung, um Überheblichkeit und um das Finden zu sich selbst, durch das Sprengen gesellschaftlich aufgezwungener Regeln. Ein feines, aber kein leichtes Buch, eine gemäßigte Erzählung, aber kein langweiliger Roman, eine aufwühlende Geschichte, aber keine brutale Story. Kein alltägliches Buch, aber allemal empfehlenswert!


5 Sterne


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