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Autor: Werner Schiffauer |
Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Autor Werner Schiffauer ist Professor für Kulturanthropologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Er beschäftigt sich seit mehreren Jahrzehnten mit den Themen Migration, Integration und Islam. In seinem neuesten Buch beschäftigt er sich mit der Islamischen Gemeinde "Milli Görüs", die in Deutschland äußerst umstritten ist. Im Rahmen einer differenzierten ethnografischen Feldforschung hat Schiffauer die Entwicklungen der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) über viele Jahre hinweg beobachtet und analysiert und kommt zu dem Schluss, dass die zweite Generation der türkischen Einwanderer, die in der IGMG aktiv sind, von zwei Lebenswelten beeinflusst werden: Neben den Grundsätzen des recht-geleiteten Islam werden längst auch westliche Wertmaßstäbe, wie sie z.B. im deutschen Grundgesetz verankert sind, als erstrebenswert erachtet. Der Autor macht darauf aufmerksam, wie einseitig die Diskussion zum Thema "Islamismus" meist geführt wird. Entwicklungen werden nicht gesehen - im Mittelpunkt steht oft eine Panikmache, die völlig ungerechtfertigt ist.
Schiffauer zeigt auf, wie sich die Entwicklung der IGMG vollzogen hat. Dazu hat er die Geschichte der Gemeinde in verschiedene Entwicklungsabschnitte aufgegliedert - hier wird schnell klar, dass die Gemeinde zahlreiche Auf- und Abbewegungen mitgemacht hat. Ein wichtiger Begriff, den der Autor im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Stand der IGMG einführt, ist jener des "Populärislamismus", der sich vom gewaltbereiten Islamismus und vom elitären Sektenislamismus erheblich unterscheidet. Ein wichtiger Gesichtspunkt, den Schiffauer auch immer wieder in das Zentrum der Darstellung rückt, sind die "Köpfe", die hinter Milli Görüs stecken: z.B. Mehmet Sabri Erbakan, ein Intellektueller, der in beiden Welten - in Deutschland und in der Türkei - groß geworden ist und dessen Denken maßgeblich von beiden Kulturen beeinflusst wird.
Neben der Entwicklung der Gemeinde geht Werner Schiffauer auch auf die deutsche Mehrheitsgesellschaft ein - auf die Reaktionen der Öffentlichkeit auf die IGMG etwa. Hier wird klar, wie einseitig die Perspektive ist, die unsere Anschauungen zu den Themen Migration und Integration bestimmt.
Schiffauer schreibt klar und gut strukturiert. Da es sich um ein wissenschaftliches (kein populärwissenschaftliches!) Buch handelt, sollte man mit Begriffen aus dem Bereich der Sozial- und Kulturwissenschaft vertraut sein.
Das Buch ist für alle sozial- oder kulturwissenschaftlich interessierten Leser geeignet, die sich an einer differenzierteren Diskussion zu den Themen Integration und Migration bzw. Islamismus beteiligen möchten.
Aufmachung des Buches
Es handelt sich um ein Taschenbuch, das in der schlichten und klassischen Suhrkamp-Edition-Aufmachung kommt. Der Einband ist dunkelblau. Im Innenteil findet man eine Tabelle zur Entwicklung der IGMG. Bilder sind keine enthalten.
Fazit
Werner Schiffauer hat ein wichtiges Buch geschrieben, dem ich viele aufmerksame Leser wünsche. Die Lektüre ermöglicht eine differenziertere Sicht auf viele Dinge, die im Rahmen des Integrationsdiskurses oft sehr einseitig diskutiert werden. Ein wichtiger Punkt ist hier sicherlich das Recht auf Differenz. Schiffauer ermöglicht dem Leser, den Migrations- und Integrationsdiskurs aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Und das ist eine Menge wert!
Hinweise
Rezension von Sigrid Grün
Herzlichen Dank an den Suhrkamp-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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