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Sie ist Ärztin, sie ist Jüdin, und sie ist auf der Flucht. Sara verbirgt ihr Schicksal vor den Gauklern, mit denen sie 1415 den Rhein entlang zieht. Geheimnisse haben auch der junge Ritter Ezzo und der irische Mönch Ciaran, der in seiner Harfe das Vermächtnis eines Ketzers versteckt, das die Kirche unbedingt vernichten will. Alle drei geraten auf dem Konzil von Konstanz in große Gefahr. Denn sie hüten ein Geheimnis, das die Welt von Kaiser und Papst erschüttern kann.

 

Die_silberne_Burg  Autor: Sabine Weigand
Verlag: Krüger
Erschienen: 8. Sept. 2010
ISBN: 978-3810526649
Seitenzahl: 572 Seiten


Die Grundidee der Handlung

Die Juden Anfang des 15. Jahrhunderts sind das Grundthema in Sabine Weigands neuem Roman. Immer schon lebten die Juden auf stets gefahrvolle Weise mit den Christen zusammen und stets kam es zu Übergriffen seitens der christlichen Bevölkerung auf das „Mördervolk“ Jesu und oft mussten sich die Juden ihr Leben wieder ganz neu aufbauen, da sie aus ihrer gewohnten Umgebung vertrieben wurden. Traten in einer Stadt Katastrophen oder grausame Kindsmorde auf, waren die Juden stets willkommene Schuldige, an denen man dann die ganze Aggression auslassen konnte. Oft genug passierte es, dass bei solch Übergriffen eines aufgebrachten Mobs hunderte Juden brutal erschlagen oder in ihren Häusern und Synagogen eingesperrt und lebendig verbrannt wurden. Das Leben und all die damit verbundenen grausamen und auch schönen Geschehnisse dieser Glaubensgruppe veranschaulicht die Autorin in diesem Buch auf gewohnt authentische Weise.


Stil und Sprache
Die Bücher von Sabine Weigand zählen im Genre des historischen Romans zu den wohl gut über dem Mittelmaß angesiedelten Werken. Man weiß schon im Vorhinein, dass man zu einer guten Geschichte auch interessante Einblicke in die hervorragend recherchierte Vergangenheit des Grundthemas erhält. So ist es auch in diesem Fall.
In gewohnt flüssigem und sehr niveauvollem Erzählstil führt die Autorin den Leser mit mehreren Handlungssträngen in das Geschehen. Ort und Zeit stehen stets im Wechsel, aber was vielleicht verwirrend klingen mag, wurde von Sabine Weigand geschickt und immer nachvollziehbar gelöst. So erlebt man einerseits die Umstände mit, wie der kleine Ciaran in das Kloster von Clonmacnoise, Irland, gelangt, aber auch, wie der Bastardsohn Ezzo auf dem Rittergut Riedern aufwächst, und natürlich auch alles um das Leben der jüdischen Protagonistin Sara (dieser Strang wird einerseits aus Sicht eines Dritten und anderseits von Sara selbst erzählt), die in Köln bei ihrer Familie im Judenviertel lebt. Durch den ständigen Wechsel der Erzählstränge kommt beim Leser nie Langeweile auf, wechselt man nicht nur die Figuren, sondern auch die Schauplätze.
Sehr viel Wert legte die Autorin auf das Leben der Juden. Ihre Gewohnheiten, ihr Alltag, ihre soziale Stellung untereinander und auch die sich aus dem jüdischen Glauben ergebenden Rituale. Für die meisten ist das jüdische Leben eine fremde Welt und Sabine Weigand hat auf sehr behutsame und empathische Weise versucht, einen sehr anschaulichen Einblick in diese zu gewähren.

Wer Sabine Weigands Bücher kennt, weiß, dass eines ihrer „Markenzeichen“ der stets überraschende und oft auch ungewöhnliche Schluss ist. Dies ist in diesem Roman aber anders, denn unvorhersehbare Wendungen und ein großartig überraschendes Ende finden sich hier leider nicht. Ab und an beschleicht einen das Gefühl, dass so manches doch allzu „glatt“ läuft, denn man vermisst etwas das „bis-unter-die-Haut-gehende“ in diesem Buch, wie man dies z.B. ganz extrem bei ihrem vorletzten Werk „Die Seelen im Feuer“ verspürte. Dennoch ist die Geschichte stets mitreißend und es kommen nie Längen auf.
Wie in allen ihren Büchern punktet die Autorin aber auch in diesem mit hervorragender Recherche und dem feinen, hermeneutisch und absolut stringenten Einbau der historischen Begebenheiten in die fiktive Geschichte.


Figuren
Die Figuren in Sabine Weigands Bücher sind stets so geschaffen, als wären sie einfach aus einer Menschmasse mittels Zufallsgenerator ausgewählt. Keine überirdischen Schönheiten und heldenhaften Übermenschen, aber sehr wohl Figuren mit einem „gewissen Etwas“. Sara, eine ansehnliche junge Frau, aber keine umwerfende Schönheit; Ciaran ein Mann, dem die Frauenwelt zu Füßen liegt, aber mehr aufgrund seines Charmes als seines Aussehens; und Ezzo, ein ehrenhafter aber manchmal auch etwas naiver junger Ritter. Sämtliche Figuren sind detailliert und sensibel, aber mit ebenso facettenreicher Vielfalt gezeichnet. Nicht nur den Protagonisten hat die Autorin ihre ganze Aufmerksamkeit geschenkt, sondern alle Darsteller sind als individuelle Geschöpfe mit eigenen Charakteren, mal sanft und still, mal klug und vorlaut und auch mal dumm und hinterhältig, geschaffen. Findet man doch in leider sehr vielen Büchern, auch in denen schon sehr bekannter Autoren, sehr schwarz/weiß gezeichnete Figuren, so ist die bunte, menschliche Mannigfaltigkeit der Figuren eine absolute Stärke von Sabine Weigand.


Aufmachung des Buches
Wie immer vom Krüger-Verlag, ist auch dieses Buch von Sabine Weigand sehr schön aufgemacht. Bis auf ein Lesebändchen lässt dieser schön gebundene Roman nichts vermissen. Sehr passend  ist am Schutzumschlag das Gemälde einer Burg zu sehen, deren feine Lasur diese beinah silbern erscheinen lässt. Nicht in die Zeit des beginnenden 15. Jahrhunderts passend ist die Kleidung der jungen Frau, die noch am Cover zu sehen ist. Dies ist bei historischen Roman aber leider nur sehr, sehr selten der Fall (warum eigentlich?).
Perfekt runden ein Glossar mit jüdischen Begriffen und ein ausführliches Nachwort der Autorin die schöne Ausgabe ab. Als i-Tüpfelchen findet man auf den inneren Umschlagseiten noch den Druck eines alten Holzschnitts (Schedelsche Weltchronik 1493) von Köln und eine alte Landkarte des Europas um 1415.


Fazit
Wer mehr über das traditionelle Familienleben, sozialen Bindungen und den Geldhandel, dem die Juden mit immensem Feingefühl und Geschick nachkamen, wissen will, wird mit Sabine Weigands „silberner Burg“ so einiges erfahren. Authentisch, glaubwürdig und auf hohem Niveau erzählt die Autorin das Leben und Werden einer jungen jüdischen Ärztin. Nicht nur das Leben der Juden, sondern auch der damalige schon große Wissensstand der (arabischen!) Medizin werden auf wundervolle Weise in die Geschehnisse mit eingewoben.
Ein historischer Roman, der sich wohltuend von der derzeit gebotenen Fülle dieses Genres abhebt.


4 Sterne


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