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„Was ist mit dem Mädchen? Ihr dürft nicht zulassen, dass sie den Turm betritt! Lasst nicht zu, dass sie den Schwalbenturm betritt…“
Ciri, die Prinzessin von Cintra, ist auf der Suche nach ihrem Schicksalsort, dem legendären Schwalbenturm. Und die rivische Königin will Geralt, den Hexer, und seine Gefährten als Partisanenkämpfer in einem blutigen Krieg gegen Nilfgaard verpflichten. Doch es gelingt ihnen, sich abzusetzen. Bei einem Überfall gerät Geralts Wolfsmedaillon, das Insignium seines Hexertums, in fremde Hände ...

 

Der_Schwalbenturm 

Originaltitel: Wieza Jaskolki
Autor: Andrzej Sapkowski
Übersetzer: Erik Simon
Verlag: dtv premium
Erschienen: 08/2010
ISBN: 978-3-423-24786-3
Seitenzahl: 543 Seiten

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Grundidee der Handlung
Der gelehrte Einsiedler Vysogota findet Cirella, die cintrische Thronerbin, in den Sümpfen von Pereplut – ohne Bewusstsein, schwer verletzt und geschunden. Nachdem sie wieder zu sich gekommen ist, erzählt sie ihm von den Ereignissen, die zu den Verletzungen und ihrer Flucht führten (und welche direkt an das Ende des dritten Bandes der Hexer Geralt-Saga anknüpfen): wie ihre Hanse, die sich die „Ratten“ nennen, in völliger Überheblichkeit gegen den Kopfgeldjäger Bonhart ziehen, wie sie selbst in die Gefangenschaft dieses Sadisten gerät, was ihr seither wiederfuhr …

Während das Kaiserreich Nilfgaard weiter jedes noch freie Königreich mit Krieg überzieht, sucht der Hexer Geralt, begleitet von seinen treuen Gefährten, weiter nach Ciri. Doch nach der Schlacht gegen die Truppen Nilfgaards auf der Brücke zu Angren will die Königin Rivas die kleine, aber schlagkräftige Truppe in ihre wiederaufgestellte Armee integrieren, schlägt Geralt zum Ritter und verpflichtet ihn zur Treue. Ihnen gelingt es zu desertieren und ihre Suche fortzusetzen. Doch ihre Feinde haben bereits eine hinterhältige Falle für sie aufgestellt …


Stil und Sprache
Leider ist es dabei geblieben, dass es keine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse gibt. Diese wäre durchaus hilfreich, gibt es doch mittlerweile drei Vorbände der Hexer Geralt-Saga, zudem ist Sapkowskis Epos komplex und anspruchsvoll wie wenig andere Werke des High-Fantasy-Genres. Auch der vierte Teil der „Hexer Geralt-Saga“ hat nichts von seiner Faszination verloren und fesselt den Leser von Anfang an. Auch wenn Sapkowski dem Leser mit ruhigen Stellen immer wieder Zeit zum Durchatmen gibt, hält er die Spannung doch jederzeit aufrecht, wie eine Bogensehne straff gespannt. Und so ist es kein Wunder, dass es zum Ende des vierten Bandes ein regelrechtes Feuerwerk an Dramatik und Tempo gibt, bevor das Buch auf den letzten Seiten mit einer sehr mystischen Art endet und den Leser, der es kaum erwarten kann, den fünften und voraussichtlich letzten Teil dieses Epos‘ in Händen zu halten, zurücklässt.

Andrzej Sapkowski bleibt seiner Machart treu und setzt vor jedes Kapitel wieder Zitate und Auszüge aus den Inhalten oder Aufzeichnungen, Märchen und Volkssagen, in denen die Sprechweise mittelalterlich, aber sehr passend ist. Die Kapitel sind lang, in der Regel zwischen 50 und 60 Seiten, aber in recht viele, kürzere Abschnitte unterteilt, so dass das Lesetempo trotzdem hoch ist.
Die vom Autor verwendete Sprache ist eine gute Mischung zwischen anspruchsvoller und unterhaltsamer sowie mitreißender Fantasy-Literatur. Immer wieder umstreicht Sapkowski mit eingestreuten Fremdwörtern wie Andoleszens oder Äquinoktium, dass er in einer höheren Liga spielt als viele andere Vertreter der Fantasy-Branche. Doch wer meint, hier gelte es, sich durch ein trockenes Buch quälen zu müssen, liegt falsch, denn teilweise ist Sapkowskis Sprachwahl – durchaus passend zu einer mittelalterlichen Story – sehr deftig, dann nimmt er kein Blatt vor den Mund, andere Male wieder deutet er bestimmte Begebenheiten hingegen nur an. Beschreibungen, seien es nun der Umgebung oder der Charaktere, nimmt er wohldosiert vor – jederzeit genug, um sie vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen und ihnen Formen und Farbe zu verleihen, aber nie zu viel, so dass nicht die Gefahr besteht, sich in seinen Schilderungen zu verlieren.

Andrzej Sapkowski beginnt seinen vierten Band offen, knüpft zunächst nicht nahtlos an die bisherigen Ereignisse an. Stattdessen folgt ab dem 2. Kapitel ein Stil, in dem er regelmäßig zwischen der aktuellen Situation und umfassenden Rückblicken in Form von mündlichen oder schriftlichen Berichten desjenigen, den er gerade begleitet, wechselt. Mit Hilfe dieser Rückblicke setzt er seine Geschichte dann doch an der Stelle fort, wo er sie in Band 3 abgeschlossen hat. So stellt er einerseits dar, was dem Erzählenden (Ciri, Rittersporn, einer Zeugin vor einem Tribunal, einem Boten aus Eifers etc.) zwischenzeitlich wiederfahren ist, andererseits nutzt er diesen Stil, um aufzuzeigen, wie viel Zeit in der Gegenwart vergeht und was dort geschieht.
Bei diese  Retrospektiven passt er seinen Schreibstil dem Charakter des Berichtenden an: während Cirella das, was ihr zugestoßen ist, in ernster, aufrichtiger und ungeschönter Art schildert, sind die Memoiren aus Sicht des Barden Rittersporns fröhlich und schwungvoll geschrieben. Die Wahrheit wird zuweilen schon mal zu Gunsten seiner eigenen Person ein wenig gedehnt, während seine humorvolle Art dem Leser immer wieder ein Schmunzeln ins Gesicht treibt, sehr unterhaltsam und teilweise mit Andeutungen versehen ist. So tauft z.B. der Vampir Regis einen Maulesel auf „Draakul“, einen Namen, der „ein unübersetzbares Wortspiel aus der vampirischen Sprache“ sei. Der versierte Leser erkennt natürlich grinsend die Anspielung auf den historischen Namen 'Dracula'.
Diese Wechsel zwischen Erinnerungen und der Gegenwart ziehen sich durch große Teile des Buches, doch stellenweise erzählt der Autor auch auf herkömmliche und von dem übrigen Stil losgelösten Weise in Form eines neutralen, über den Dingen stehenden Erzählers.


Figuren
Der Leser trifft auf viele bereits bekannte und auch mehr oder weniger liebgewonnene Figuren, an manchen entdeckt man ganz neue Seiten, aber auch einige neue Charaktere betreten die Bühne. Da in Sapkowskis Buch nach und nach sehr viele Persönlichkeiten auftreten – den Überblick verliert man jedoch nie –, kann hier nur exemplarisch auf einige wenige eingegangen werden.
Cirilla hatte schon im dritten Teil einen enormen Wandel durchzogen, seit sie sich der Räuberbande „Die Ratten“ angeschlossen hat und zu einer gefürchteten Banditin geworden ist, auf der Suche nach dem legendären Schwalbenturm, der ihr eine Rückkehr nach Thanedd ermöglichen soll. Diese Entwicklung setzt sich nun, da sie in Gefangenschaft gerät und viel durchzumachen hat, kontinuierlich fort. Aber sie ist hier nicht die Einzige. Der Hexer Geralt, bisher immer bei Kriegen und Politik um Neutralität bemüht, macht eine Veränderung durch, auch ihn lernt man – aus der Not und der Situation heraus – von einer ganz neuen Seite kennen.

Besonders eindringlich wird in diesem Band die Figur des sadistischen Kopfgeldjägers Bonharts eingeführt und beschrieben. Ein Meister des Schwertkampfes, der seinesgleichen sucht, aber in seinen Absichten und Methoden überaus grausam und berechnend vorgeht. Ein sehr unangenehmer Antagonist ist auch Steffen Skellen, der „Uhu“ – er versammelt eine Meute von Soldaten mit unterschiedlichsten Fähigkeiten um sich, um Jagd auf Cirilla zu machen und sie, entgegen den Anweisungen seines Kaisers Emhyr van Emreis, zu töten, um die politischen Auswirkungen zu seinen Gunsten zu beeinflussen.


Aufmachung des Buches
Die mir vorliegenden Fassung von „Der Schwalbenturm“ wurde vom Verlag wieder als Taschenbuch in Klappbroschur verlegt. Die Gestaltung des Buches ist so vorgenommen worden, dass man auch diesen Band direkt als Teil der Serie wiedererkennt. Während der Buchumschlag in dunklen Farben und matt gehalten wurde, sind die Schriftzüge, die den Autor und den Titel bezeichnen, sowie das zentrale Motiv dieses Bandes – ein Türklopfer in Form eines Gargoyles – nach außen geprägt und die Schriftzüge zudem noch mit Spotlack versiegelt, was dem Ganzen einen sehr edlen Look verleiht.
Die Klappbroschur wurde genutzt, um vorne eine umfangreichere Zusammenfassung der Inhalte und hinten Informationen zum Autor abzudrucken. Im übrigen ist die Ausstattung des Buches puristisch, ein Vorwort sucht man genauso vergeblich wie eine Karte von Sapkowskis Welt – besonders letztere vermisse ich seit dem ersten Band teilweise schmerzlich, spielt seine Saga doch im Laufe des Plots an vielerlei Orten, und es ist auf Dauer schwierig bis teilweise nicht unbedingt möglich, sich die Lage der einzelnen Ländereien, Königreiche oder Flüsse zu merken.


Fazit
Band 4 der Saga hat nichts von seiner Faszination verloren – mitreißend, spannend, dramatisch und temporeich setzt sich der Epos um Cirilla, die Prinzessin von Cintra, fort. Andrzej Sapkowski weiß zu unterhalten und serviert anspruchsvolle High-Fantasy vom Feinsten. Ungeduldig wartet man auf den fünften und voraussichtlich letzten Teil der Saga …


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Das Erbe der Elfen
Band 2: Die Zeit der Verachtung
Band 3: Feuertaufe

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