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Edgar Saint Prieux, ein Schriftsteller auf der Suche nach Inspiration, trifft in einer verregneten Nacht in der >Herberge am Ende der Welt< ein. Doch mit Ausnahme des Gaswirts ist das kleine Küstendorf öde und verlassen. Was ist hier geschehen, das alle Bewohner in die Flucht schlug? Edgar kommt den unheimlichen Ereignissen auf die Spur, die sich vor fünfzig Jahren zutrugen, einem mysteriösen Mord und dem Verschwinden eines kleinen Mädchens, das Jahre später plötzlich wieder auftauchte und über eine unerklärliche Gabe verfügte.

 

 

Originaltitel: L´Auberge du Bout du Monde: Intégrale 
Autor: Tiburce Oger
Übersetzer: Tanja Krämling
Illustration: Patrick Prugne
Verlag: Splitter 
Erschienen: August 2010
ISBN: 978-3-940864-08-6
Seitenzahl: 144 Seiten
Altersgruppe: ab 12 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)

Hier geht's zur Leseprobe


Die Grundidee der Handlung
Wenn man diesen Comic zum ersten Mal in die Hand nimmt, so erwartet man zunächst vielleicht eine seicht vor sich hinplätschernde Erzählung. Das Cover schürt diese falsche Erwartungshaltung. Liest man dann den Klappentext, so kommt man zu dem Schluss, es könne sich um eine Art Detektivgeschichte halten. Auch dies ist ein Trugschluss. Es handelt sich um ein gruseliges, mysthisch angehauchtes Märchen, das in seiner Grundidee zwar nicht gerade das Genre neu erfindet, jedoch ist sie wunderbar erzählt und grafisch ungeheuer schön in Szene gesetzt.

Edgar Saint Prieux stellt nicht etwa Nachforschungen an, um den Ereignissen auf die Spur zu kommen, nein, der Gastwirt ist geradezu erfreut, jemandem die Geschichte, die sich hier zutrug, zu erzählen. Zu lange schon trägt er die geheimnisvollen Begebenheiten mit sich herum, und da er nun ein alter Mann ist, möchte er sie jemandem anvertrauen, bevor er stirbt. Alles beginnt mit dem Mord an der Frau des damaligen Gastwirts und dem gleichzeitigen Verschwinden seiner wunderhübschen Tochter. Jahre später taucht sie urplötzlich wieder auf. Was ist nur mit ihr geschehen? Sie scheint nicht mehr sprechen zu können, denn sie spricht fortan kein Wort und sie besitzt anscheinend die Gabe der Heilung. Auf wundersame Weise heilt sie viele Tiere und Menschen, doch ihre Gabe ist vielen unheimlich, daher wird sie schon bald als Hexe bezeichnet. Dunkle Ereignisse nehmen ihren Lauf ...

Patrick Prugne hat diesem Comic mit seinem ganz besonderen Stil Leben eingehaucht. Der Plot ist sehr spannend aufgebaut und wunderbar erzählt. Tiburce Oger nimmt sich viel Zeit, eine gut durchdachte, sehr schön ausgearbeitete Story zu erzählen, die von Anfang an zu fesseln vermag. Genau das Richtige für einen regnerischen Herbstnachmittag.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Schon mit Canoe Bay hat Patrick Prugne sein zeichnerisches Können eindrucksvoll unter Beweis gestellt. "Die Herberge am Ende der Welt" gefällt mir hier sogar noch einen Ticken mehr. Insbesondere die wundervollen Darstellungen des Strandes (siehe Leseprobe) mit ihren zarten Pastellfarbtönen strahlen eine Luftigkeit und Leichtigkeit aus, die ihresgleichen sucht. Alle Zeichnungen sind in der Aquarelltechnik gemalt. Farbverläufe sind sanft fliesend oder leicht wolkig, mit der typischen Körnigkeit von Aquarellfarben. Die Farbwahl ist stets absolut stimmungsvoll. Die sommerliche, luftige Frische ist fast schon spürbar, ebenso wie die Kälte und Nässe an tristen Regentagen.

Auch die Gesichter sind sehr ausdrucksvoll. Sie besitzen eine ausgeprägte Mimik und sind überwiegend sehr feingliedrig und detailliert ausgearbeitet. Die Gesichtskonturen sind dabei sehr scharf und klar umrissen, während die Haut mit zarten Farbverläufen dargestellt ist. Ich vermute, dass die originalen Darstellungen um einiges Größer waren, denn ansonsten ist die sehr feingliedrige Detailarbeit nur mit einer Lupe zu machen. Auch die Farbverläufe, die ungeheuer weich und fließend sind, lassen sich auf so kleinem Raum nicht anlegen. Hier würde ich gar zu gerne mal einen Blick auf die originalen Skizzen werfen. Gar zu gerne wüsste ich, ob hier mit digitalen Tricks nachgeholfen wurde, oder ob Prugne tatsächlich der Meister der Aquarellmalerei ist, welcher er zu sein scheint. Die Zeichnungen, die er in diesem Comic abliefert, sind jedenfalls unglaublich. Ich vermute, das er überwiegend mit wasservermalbaren Buntstiften arbeitet. Dies würde zumindest die Exaktheit und Präzision erklären, mit der viele Details ausgeführt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, das hier ausschließlich mit dem Pinsel gearbeitet wurde. 

Die Sprechblasen, die meist eckig ausgeführt sind, wirken fast wie ein Frevel. Sie wollen sich in diese zarten, anmutigen Bilder nicht so recht einfügen, insbesondere da sie des öfteren eine Menge Text enthalten. Es wurde eine relativ kleine Schriftart mit sehr filigranen Buchstaben gewählt, um diesen Störfaktor ein wenig zu kompensieren. Dies hat jedoch den Nachteil, dass die Schrift etwas mühsam zu lesen ist. 


Aufmachung des Comics
"Die Herberge am Ende der Welt" wird von Splitter im edlen, neuen Book-Format aufgelegt. Dabei handelt es sich um eine Hardcoverausgabe mit Schutzumschlag. Das Format ist ein wenig größer als A5, wodurch das kleine, aber feine Büchlein sehr handlich ist. Durch den zusätzlichen Schutzumschlag wirkt es sehr edel. Die Verarbeitung ist nahezu perfekt, jedoch hat mein Exemplar leider einen kleinen Fehler beim Beschnitt. Bei zwei der Seiten war die eine Ecke nach innen geknickt, dadurch wurden die beiden Seiten beim Beschnitt nicht voneinander getrennt. Ich musste daher die Seiten mit der Schere auseinander schneiden und zwei der Seiten haben ein hässliches Eselsohr. Der Fehler dürfte jedoch kein Serienfehler sein. Bei einer maschinellen Herstellung kann so etwas immer mal vorkommen.

Der Druck ist absolut perfekt. Die zarten Farberverläufe wurden hervorragend zu Papier gebracht. Kein Detail ging dabei verloren. Das matte, sehr stabile Papier ist eine sehr gute Wahl zur Darstellung der zarten Gemälde. Eine leicht glänzende Oberfläche wäre hier absolut störend. Mit dem matten Papie, ist selbst bei diffusem Glühlampenlicht die Betrachtung ungestört möglich. Hier ein dickes Lob an den Splitter Verlag.


Fazit

Eine handwerklich perfekt erzählte Gruselgeschichte mit leichten mysthischen Anklängen. Der Plot ist zwar nicht der innovativste, doch die Art und Weise, wie er erzählt wird, macht das Lesen zum Genuss. Ich war auf jeden Fall mehr als angenehm überrascht und wurde perfekt unterhalten, obwohl ich eine eher seichte Geschichte erwartet hatte. Genau das Richtige für verregnete Herbst- und Wintertage. Das Artwork ist eine Augenweide und lädt ein, die Seiten ein wenig länger zu betrachten. Dabei gibt es eine Menge Details zu entdecken.


4,5 Sterne


Hinweise
Rezension von Thomas Lang
Herzlichen Dank an den Splitter Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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