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Die Welt, wie Sie sie kennen, wird es nicht mehr geben! Bevor sie das Mädchen von Nirgendwo wurde – das Mädchen, das plötzlich auftauchte, die Erste und Letzte und Einzige, die tausend Jahre lebte – war sie nur ein kleines Mädchen aus Iowa und hieß Amy. Amy Harper Bellafonte. Das Mädchen Amy ist gerade einmal sechs Jahre alt, als es von zwei FBI-Agenten entführt und auf ein geheimes medizinisches Versuchsgelände verschleppt wird. Man hat lange nach Amy gesucht: der optimalen Versuchsperson für ein mysteriöses Experiment, das nichts Geringeres zum Ziel hat, als Menschen unsterblich zu machen. Doch dann geht irgendetwas schief – völlig schief. Von einem Tag auf den anderen rast die Welt dem Untergang entgegen. Und nur eine kann die Menschheit vielleicht noch retten: Amy Harper Bellafonte.

 

  Originaltitel: The Passage
Autor: Justin Cronin
Übersetzer: Rainer Schmidt
Verlag: Goldmann
Erschienen: 2010
ISBN: 978-3-442-31170-510
Seitenzahl: 1020 Seiten
 

Die Grundidee der Handlung
Unter dem Deckmantel „Horrorroman bzw. Vampirroman“ liegt für mich das eigentliche Thema, das Hauptthema, verborgen: ein Endzeitszenario. Justin Cronin verwendet die ersteren Themen zwar, um die Spannung aufrecht zu erhalten, die Geschichte interessant und lebendig zu machen – im Grunde aber lege ich als Leser das Hauptaugenmerk auf die fast vollständige Ausrottung der menschlichen Rasse. Wie wundervoll es doch ist, den Abendhimmel zu betrachten … wie selbstverständlich wir uns im Alltag bewegen, uns keine Gedanken um unsere körperliche Sicherheit machen … wie selbstverständlich wir bei Hungergefühlen einfach in einen Supermarkt marschieren und unsere Bedürfnisse befriedigen … und wie selbstverständlich wir auch die kulturelle, schöngeistige Seite des Lebens genießen … all das und noch viel mehr vermochte dieses Buch Justin Cronins in mir hervor zu rufen und ich kann nur sagen: sehr gute Grundidee, außergewöhnlich gut umgesetzt.


Stil und Sprache
Für Spannung ist gesorgt in diesem Buch, das kann ich definitiv bestätigen. Man hält nicht selten den Atem beim Lesen an, verschlingt regelrecht die Seiten und vergißt Zeit und Raum um sich herum. Die Übergriffe der „Virals“ werden oft und detailliert beschrieben – und dennoch: wenn es soweit ist, erfolgen diese so rasch und brutal, dass es den Leser fast aus dem Sessel reißt. Die spannungsgeladene Atmosphäre zieht sich durch das gesamte Buch. Durch die Länge dieser Geschichte baut Cronin sehr viele Höhepunkte in den Plot ein und es ist im Grunde ein ständiges „Auf und Ab“ – nicht nur der Gefühle, sondern auch der Ereignisse. Cronin zeichnet ein Schreckensbild vom Zusammenbruch der Zivilisation – keine Nahrungsmittelindustrie, keine Fortbewegungsmöglichkeiten, keine schöngeistigen Dinge – nichts bleibt, was wir als  selbstverständlich hinnehmen, beinahe schon als unsere Grundrechte bezeichnen. Ein sehr ernstes Thema, bei dem der Autor sich nicht nur auf die materiellen Dinge beschränkt. Vielmehr geht er auf die psychischen Auswirkungen ein und bringt Beispiele, wie Menschen in Extremsituationen reagieren, wenn es um die eigene Existenz geht, wenn uneingeschränkt nur noch die Faustregel gilt. Er zeigt aber auch, wie die übrig gebliebenen Menschen sich organisieren, Gruppen bilden, ein System zur Erhaltung der Ordnung erschaffen und Regeln einführen. Im Bezug auf diese Dinge liest man dieses Buch nicht leichtfertig als Unterhaltungsroman des Genres Fantasy oder Science Fiction, sondern man reflektiert auch viel, malt sich mögliche Szenarien aus und taucht nach dem Lesen dieses dicken Wälzers nur sehr langsam wieder in der Realität auf. Danach sieht man eine Weile die Dinge aus einer ganz anderen Sicht.

Der Schreibstil des Autors ist klar und eindringlich. Er verwendet keine langen, verschachtelten Sätze, sondern schreibt eher kurz und prägnant. Trotz allem gelingt ihm das Kunststück, sämtliche Szenen sehr genau und bildhaft zu beschreiben, ebenso die Emotionen. Der Autor schreibt das Buch in der Erzählform, mal aus seiner Sicht, mal aus der Sicht eines Protagonisten. Der Übergang ist jedoch so fließend und doch klar formuliert, dass es wahrlich ein Genuss ist, dieses Buch zu lesen - sich dadurch der Welt, wie wir sie kennen, bewusster zu werden. Dankbarkeit zu entwickeln für die Dinge, die wir haben – sei es im materiellen oder auch im geistigen Sinn.


Figuren
Justin Cronin versteht es, nicht zu viele verschiedene Personen in die Geschichte zu verpacken und konzentriert sich bei den Beschreibungen auf die Protagonisten dieses Romans. Detailliert gezeichnet, sehr tief auf die Emotionen und Gedankenwelt des jeweiligen Darstellers eingehend, gelang es ihm mühelos, mich nicht nur sehr rasch mit ihnen vertraut zu machen, sondern sie zu mögen. Mit all ihren Eigenheiten, mit all ihren kleinen und größeren Problemen und Ängsten war ich sozusagen eingegliedert in die Gemeinschaft dieser Überlebenden. Und doch beschränkt er sich nicht nur darauf, auf besagte Überlebende einzugehen. Er taucht auch tief in die Gedanken- und Gefühlswelt der „Bösen“, der „Virals“ oder „Verwandelten“ ein, wie sie hier genannt werden. Cronin versteht die Kunst, den Leser so ins Geschehen mit einzubeziehen, dass er völlig in die Geschichte versinkt, beinahe selber zum Darsteller wird. Man spürt die lähmende Angst vor den zahlreich stattfindenden tödlichen Übergriffen ebenso wie die Erleichterung, wenn ein neuer Morgen graut. Man trauert mit den Müttern, erlebt die Enttäuschung der Kinder, wenn sie an ihrem 8. Geburtstag die Zuflucht verlassen müssen und die Wahrheit über ihre Welt erfahren, fühlt die Resignation und ist fasziniert vom Mut und Pioniergeist einiger Protagonisten. Ja, Justin Cronin hat sich definitiv nicht bemüht, Seiten füllend zu schreiben, ihm gelang es sogar in mir den Wunsch zu erwecken, das Buch möge noch einige tausend Seiten weiter gehen. Abschließend möchte ich noch die Behauptung aufstellen, dass es im Grunde die Figuren sind, die dieses Buch so bereichern, so lebendig machen. Vampirromane oder Endzeitszenarien gibt es viele … aber Justin Cronin hat wahrlich einen Bestseller verfasst, indem er sich stark auf die Figuren konzentriert.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich hierbei um ein sehr dickes, über 1000 Seiten zählendes Buch in gebundener Ausführung. Aufgrund des Coverfotos, einem verwahrlost aussehenden Mädchen mit traurigem, fast unheimlichen Blick, war ich fälschlicherweise der Meinung, das Buch handle ausschließlich von diesem Mädchen. Weit gefehlt. Hier war die Gestaltung ein wenig ungeschickt gewählt. Das Buch ist weiters in Kapitel eingeteilt, wobei zu Beginn eines jeden Kapitels ein Einleitungstext sowie die Zeit genannt werden, in der sich der Leser gerade befindet. Zusätzlich gibt es Unterkapitel, die ich aufgrund der hohen Seitenanzahl als sehr willkommen empfand und die mir den Eindruck einer besseren  Übersichtlichkeit vermittelten.


Fazit
Der Autor befriedigt hier nicht nur die Leselust der Fantasy- und Science Fiction-Fans und bringt eine gute Portion Spannung und Thrill in die Geschichte ein, sondern es gelingt ihm, den Leser nachdenklich zu machen. Ein großartiges Buch, das ich gerne weiter empfehle und nach dessen Lektüre man nur sehr langsam und schwer wieder in die Realität zurück findet. Großartig – ich freue mich bereits auf den zweiten Teil dieser Trilogie!


5 Sterne


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