Smaller Default Larger

Du trägst die Heimat in deinem Herzen wie einen Fluch.

Niemals zurückkehren, niemals zurück ins verfluchte Reubach – das hatte sie sich jahrzehntelang geschworen. Doch als man die Leiche ihrer Nichte Maria findet, begreift Christine Novak: Wer schweigt, macht sich zum Komplizen. Christine beschließt, der Welt vor Augen zu führen, was sich hinter der Bilderbuchidylle ihres Heimatortes verbirgt. Diesmal sollen sie nicht ungeschoren davon kommen. Es ist Zeit, die Schuldigen beim Namen zu nennen. Um jeden Preis.

 

 

Autor: Mila Wolf
Verlag: rowohlt
Erschienen: 08/2010
ISBN: 978-3499248191
Seitenzahl: 288 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe  


Die Grundidee der Handlung
Christine Novak hat ihr Heimatdorf Reubach vor über zwanzig Jahren verlassen und ist nach Kanada ausgewandert, nun kehrt sie zurück. Ihre 15-jährige Nichte Maria ist ermordet worden und Christine fühlt sich schuldig. Sie selbst konnte fliehen, Maria kann nun nirgendwo mehr hingehen. Entschlossen, den Mörder Marias zu finden und Gerechtigkeit auch für sich selbst zu bekommen, stößt sie im Dorf auf eine Mauer des Schweigens. Ihre Familie will alles nur vergessen, die Dorfbewohner lehnen sie als „Amiflittchen“ ab und auch die Polizei glaubt ihr zunächst nicht. Aber nach und nach setzt sich aus winzigen Puzzle-Teilchen ein Bild zusammen, das ein ganz anderes Licht auf das beschauliche Dorfleben wirft …


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog, in dem der bestialische Mord an Maria beschrieben wird, beginnt die Geschichte direkt mit Christines Rückkehr nach Reubach. Schon ihre Ankunft wird sehr bildlich beschrieben, ihre Gedanken und Gefühle nehmen – wie auch weiterhin im Verlauf der Handlung – großen Raum ein. Was zunächst als vage Andeutung im Raum steht, wird nach und nach zur Gewissheit: Christine ist als junges Mädchen vergewaltigt worden und unter anderem deshalb geflohen, weil niemand ihr glauben wollte. Nun fürchtet sie Ähnliches für Maria und will das Dorf endlich aufrütteln.

Mila Wolf hat dieses Buch nach einer wahren Begebenheit geschrieben und allein diese Tatsache sollte zu denken geben. Wie hier ein ganzes Dorf schweigt, nur weil es den eigenen Interessen dient und einfach bequemer ist, das weiß sie gekonnt zu entwickeln und dem Leser nahezubringen. Mit teilweise schmerzhafter Präzision werden hier Gefühle, aber auch Beziehungen, Abneigungen und Abhängigkeiten seziert, dass es einen als Leser immer wieder schüttelt vor Abscheu. Zwar wechselt die Autorin ihre Perspektive immer wieder, lässt Kommissar Schönberg erzählen oder Theresa, Christines Schwägerin, das Hauptaugenmerk liegt aber auf Christine selbst.
Nach einem etwas gemäßigten Einstig, in dem zunächst die komplizierten Familienverhältnisse erläutert und die Personen vorgestellt werden, entwickelt sich die Handlung immer rasanter auf ein mörderisches Finale hin. Mehrfach wird der Leser auf falsche Fährten gelockt, schnelle Szenenwechsel sorgen für immer neue Cliffhanger und am Ende ist alles noch viel schlimmer, als man es sich vorstellen mag.


Figuren
Mila Wolf hat sich viel Mühe mit ihren Figuren gemacht und es geschafft, allen ein Gesicht zu geben. Zunächst ist da Christine selbst, eine Frau, die viel durchgemacht hat in ihrem Leben und es trotzdem geschafft hat, so etwas wie Glück zu erleben. Der gewaltsame Tod Marias rüttelt sie auf und ihre erfolgreich verdrängte eigene Vergangenheit wird ihr wieder bewusst. Ihre Zweifel, Ängste und Gefühle werden mit viel Einfühlungsvermögen geschildert, so dass der Leser ihr Handeln jederzeit nachvollziehen kann. Trotz allem ist sie eine starke Frau und tut alles, um ihr einmal gestecktes Ziel zu erreichen.

Eine weitere Hauptfigur ist sicher Theresa: Als Schwiegertochter des führenden Weinbauern des Ortes ist sie hoch angesehen, aber trotzdem immer abhängig. Zum einen von ihrem Mann, mit dem sie auf dem Papier zwar gemeinsam das Weingut führt, in Wahrheit aber nur Staffage ist. Zum anderen ist sie genau wie alle anderen im Ort abhängig vom guten Willen der Dorfbewohner: Wer in Reubach nicht tut, was von ihm erwartet wird, ist unten durch, egal was kommt. Wie sie im Laufe der Handlung widerstrebend erkennt, was um sie herum wirklich abläuft, ist unglaublich lebensnah und sensibel beschrieben und lässt sie einen echten Wandel von der unsympathischen Antagonistin zur zweiten heimlichen Heldin dieser Geschichte durchmachen.

Auch die anderen Charaktere sind klug und umfassend beschrieben und geben zusammen ein genaues Bild eines Dorfes ab, das hinter der oberflächlichen Idylle übelste Geheimnisse zu verbergen hat.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist recht unauffällig aufgemacht, die Vorderseite zeigt eine menschenleere Dorfstraße in nächtlichen Grün- und Blautönen. Die insgesamt 17 Kapitel sind durchnummeriert und mit dem jeweiligen Datum überschrieben. Außerdem gibt es einen kurzen Pro- bzw. Epilog.


Fazit
Eine aufrüttelnde, erschreckende Geschichte, nach etwas mühsamem Einstieg packend geschrieben. Sicher kein klassischer Krimi, aber ein bedrückendes Psychogramm einer Dorfgemeinschaft, das den Leser nachdenklich zurücklässt. Absolut lesenswert!


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo