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Eine junge Frau irrt verzweifelt durch den Wald. In einer abgelegenen Hütte findet sie Zuflucht. Zur gleichen Zeit erhält die Schriftstellerin Fiona Seeberg in Berlin eine schreckliche Nachricht. Zwei Jahre nach dem Verschwinden ihrer Tochter werden erneut Kinder entführt. Die Spur führt Fiona und Kommissar Piet Karstens zu einer einsamen Hütte im Spreewald. Offenbar wurden die Kinder dort einem grausamen Ritual unterzogen. Und jede Hilfe scheint zu spät ... 

 

 

Autor: Hanna Winter
Verlag: Ullstein Taschenbuch
Erschienen: August 2010
ISBN: 9783548282558
Seitenzahl: 342 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Anne, eine junge Frau aus Berlin, wollte ursprünglich mit ihrem Freund Lars nach Italien in den Urlaub fahren. Doch sie überlegt es sich anders, springt aus dem Wagen und läuft ihm in den Spreewald davon, nichtsahnend, was für einen Horror sie in dem kleinen Bungalow, den sie kurze Zeit später erreicht, erwartet. So ist der Beginn des ersten Thrillers der Autorin Hanna Winter – und es ist erst der Einstieg. Vor zwei Jahren wurde Sophie, die kleine 2 ½ jährige Tochter der Schriftstellerin Fiona Seeberg entführt, der Beginn einer Kette von verschwundenen Kindern, zwei in Süddeutschland, dann ein kleiner 4-jähriger Junge aus Potsdam. Das LKA und an erster Stelle Kommissar Piet Karstens mit seiner Kollegin Frauke Behrendt, tauchen wieder bei der Schriftstellerin auf, um sie nochmals zu den Geschehnissen vor zwei Jahren zu befragen. Wie auch bei den anderen verschwundenen Kindern hat die Mutter noch am selben Tag ein Paket von einem Fahrradkurier überreicht bekommen mit einer weißen Lilie als Inhalt. Suspekt bleibt die Rolle ihres Verlobten Adrian, der auf das kleine Mädchen als letztes aufgepasst hatte, bevor es von dem Spielplatz verschwand. Die Suche nach dem Serientäter beginnt.


Stil und Sprache
Der Autorin gelingt es sehr schnell, schon nach den ersten Seiten, eine unglaubliche Spannung aufzubauen. Sie stösst den Leser ins direkte Geschehen, ohne viel Hintergrundwissen zu vermitteln. Sie beschreibt die aktuelle Situation, in einfacher Sprache, ohne lange Umschreibung, direkt. Sie schreibt aus der Perspektive des jeweils gerade aktiv Handelnden und springt zwischen den Szenen sehr abrupt hin und her, so von der entführten Anne im 100 km entfernten Spreewald, hin zur Schriftstellerin in Berlin-Mitte, zum Polizeipräsidium, zurück zum Spreewald. Die Protagonisten bleiben in der jeweiligen Szene oft im entscheidenden Moment zurück. Der Leser brennt auf die Auflösung und wird in den anderen Handlungsstrang zurückversetzt. Hanna Winter schreibt sehr direkt, unverblümt, teilweise schockierend. Bis in die Details konfrontiert sie den Leser mit dem Schicksal der Entführten, allein durch die Beschreibung der immergleichen Umgebung, des Tisches mit den verrosteten Rasierklingen, den Geräuschen von der Treppe, den Gefühlen und Fluchtversuchen der Opfer, deren Scheitern und das psychopathische Agieren der Serientäter, ohne Schonung, ohne Mitgefühl. Umso schockierender ist zum Ende hin der Höhepunkt des Unfassbaren, die Auflösung: die Szenen mit den entführten Kindern, die Durchführung des Rituals.


Figuren
Die Figuren werden von der Autorin erst nach und nach genauer herausgearbeitet, einiges bleibt dem Leser auch bis zum Schluss verborgen, einige Charaktere auch eher flach. Die Schriftstellerin Fiona Seeberg wird dem Leser allerdings sehr deutlich vorgeführt, man kann sich gut in ihre Situation hineinversetzen, in Ihre Verzweiflung nach dem Verlust ihres Kindes. Sehr glaubwürdig wird vermittelt, wie sie als Schriftstellerin mit der Situation versucht umzugehen. Zunächst kann sie gar nicht mehr schreiben, ertrinkt im Alkohol. Später versucht sie die Situation zu verarbeiten, indem sie ihr Buch weiterschreibt, ihre Gefühle der Romanfigur weitergibt, die ebenfalls ein Baby vermisst. Auch der Kommissar Piet Karstens wird sehr deutlich als Figur herausgearbeitet. Er steht im Kontrast zu seiner karrierebewussten Kollegin Frauke Behrendt, ist einfühlsam, kommt der Schriftstellerin auch persönlich nahe, riskiert sogar seine berufliche Zukunft ihretwegen. 

Bei Fionas Verlobten Adrian bleibt dagegen doch vieles im Dunkeln, auch dessen Verhältnis zu Theresa und deren beider Handeln bleiben für mich schwer nachvollziehbar. Das zufällige Kennenlernen von Fiona und Theresa bei den Anonymen Alkoholikern wirkt etwas aufgesetzt. Die Rolle des Fritz Brommer, ein älterer Herr aus dem Seniorenstift, der bald in Verdacht gerät, etwas mit den Entführungen zu tun zu haben, wirkt sehr plakativ und zu stereotyp. Er steckt den Kindern heimlich Bonbons zu, versucht sie wegzulocken. Auch sind seine zwei eigenen Kinder im Kindergartenalter gestorben und er hat auch noch einen Bungalow im Spreewald. Diese Geschichte um ihn herum wirkt sehr konstruktartig, kaum nachvollziehbar. Die Rollen der wirklichen Serientäter bleiben stattdessen zu oberflächlich. Hier hätte ich mir gewünscht, dass noch viel mehr über deren psychologischen Hintergründe erfahrbar gewesen wäre. Deren Kindheitserlebnisse als Ursache ihres abstrusen Verhaltens werden nur leicht angedeutet.


Aufmachung des Buches
Die Aufmachung des Taschenbuches gefällt mir ganz gut. Neben den für Thriller doch recht üblichen Schriftzug in blutrot wird ein Kinderspringseil mit Blut befleckt abgebildet.Das Buch ist in zwei Teile eingeteilt, wobei ich den Hintergrund dessen nicht ganz nachvollziehen kann. Die Kapitel beginnen immer mit einem kurzen, in Klammern gesetzten Hinweis des Handlungsortes, wodurch man als Leser sogleich weiß, wo die Geschichte weiterspielt. Die einzelnen Kapitel selbst sind recht kurz gehalten und können auch gut mit Unterbrechungen gelesen werden. Die Schriftgröße ist recht groß gewählt, mit großem Zeilenabstand, außerdem sind oft am Ende der Kapitel leere Seiten eingefügt.


Fazit
Insgesamt gebe ich dem Buch 4 Sterne. Die doch sehr spannungsgeladene Erzählweise und die immer wieder in die falsche Richtung ermittelnde Polizei lässt den Leser bis zur Auflösung am Ende im Dunkeln tappen und um das Schicksal der Kinder bangen. Die recht brutalen, im Detail geschilderten sadistischen, psychopathischen Handlungen der Serientäter, die den Opfern keine Chance lassen, sind nur demjenigen Leser zu empfehlen, der damit umzugehen weiß, wobei hier die Grenze bei der 4-jährigen Luna für meinen Geschmack erreicht wird.


  4 Sterne


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