„Wer war dieses Mädchen?“
„Der Wind trug den Geruch des Mädchens erneut in mein Gesicht, und ich konnte nicht mehr klar denken. Ich starrte sie durstig an.
Das Mädchen erwiderte meinen Blick, aber seine Miene war ganz anders, als sie hätte sein sollen. Obwohl ich die Zähne gefletscht hatte, obwohl ich vor Anstrengung, sie nicht anzuspringen, zitterte, sah sie nicht so aus, als hätte sie Angst vor mir. Stattdessen schien sie fasziniert zu sein. Es sah fast so aus, als wollte sie mit mir sprechen – als hätte sie eine Frage, die ich ihr beantworten sollte.“
Originaltitel: The Short Second Life of Bree Tanner: An Eclipse Novella Autor: Stephenie Meyer Übersetzer: Katharina Diestelmeier Sprecher: Marie Bierstedt Verlag: Silberfisch Erschienen: 23.07.2010 ISBN: 978-3-86742-080-8 Spieldauer: ca. 276 Minuten, 4 CDs; ungekürzte Lesung |
Die Grundidee der Handlung
Der Einblick in das Geschehen dieses Hörbuchs, aufgedruckt auf der Rückseite, ist wenig aufschlussreich. In „Bis(s) zum ersten Sonnenstrahl“ erhält der Hörer Einblick in die Welt der neugeborenen Vampire, gegen die die Cullens im dritten Teil - „Bis(s) zum Abendrot“ – antreten. Bree Tanner ist eine der Neugeborenen, doch im Gegensatz zu den meisten anderen hat sie das eigenständige Denken aufgrund des Blutrauschs nicht aufgegeben, sondern beginnt, die Dinge zu hinterfragen und kommt so nicht nur einer Lüge ihres Anführers auf die Spur…
Stephenie Meyers Einblick in die andere Seite der Geschichte aus Sicht von Bree Tanner ist eine interessante Idee und lässt den Hörer „Bis(s) zum Abendrot“ im Nachhinein (oder beim nächsten Hören) mit anderen Augen betrachten. Nicht alle der Neugeborenen sind hirnlose Blutsauger, auch bei ihnen (wenn auch wenigen) gibt es Liebe, Hoffnung und Verzweiflung – und den Wunsch, zu „leben“. Allerdings hätte Stephenie Meyer aus dieser Grundidee deutlich mehr machen können, so wirkt das Ganze leider zumeist recht oberflächlich und kann den Hörer nicht vollends fesseln. Auch sollte man sich bewusst sein, dass die aus den vorangegangenen Teilen bekannten Figuren nur ganz am Ende auftauchen und eine eher untergeordnete Rolle haben.
Darstellung des Hörbuchs
Marie Bierstedt, die deutsche Stimme unter anderem von Anne Hathaway und Kirsten Dunst, begann bereits mit 11 Jahren zu synchronisieren – und das merkt man ihr an. Routiniert geht sie ans Werk, ihre lebhafte Stimme tut der leider nur durchschnittlichen Geschichte Stephenie Meyers gut.
„Bis(s) zum ersten Sonnenstrahl“ wird in der ersten Person aus Bree Tanners Sicht erzählt und diese dadurch entstehende persönliche Note weiß die Sprecherin durch ihre engagierte Leseleistung zu transportieren. Ihr vorsichtiges, skeptisches Wesen wird gut dargestellt, auch Gefühle weiß Bierstedt zu vermitteln. Der Hörer spürt beinahe schon selbst die Verzweiflung ob der vor Durst brennenden Kehle Brees. Aber auch Rileys herrische, eindringliche, leicht überhebliche Rede, als er den Clan der Neugeborenen auf den bevorstehenden Kampf vorbereitet, meistert Bierstedt bravourös. Lautes Reden und Brüllen gibt sie ebenso gekonnt wieder - ohne dass es dem Hörer, auch beim Lauschen mit In-Ear-Kopfhörern, zu laut oder gar unangenehm würde -, wie die zarte Annäherung zwischen Bree und Diego. Mit dem Sprechtempo spielt sie, wenn überhaupt, nur sehr dezent, was jedoch zu Brees Art passt, die eher ruhig und wenig aufbrausend ist.
Alles in allem kann Marie Bierstedt mit ihrer Leseleistung überzeugen, auch wenn man sich an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr Stimmvielfalt gewünscht hätte. Dennoch kann man der Geschichte stets gut folgen und weiß, wer gerade das Wort hat.
Aufmachung des Hörbuches
Die vier Datenträger werden in einer entsprechenden aufklappbaren Pappverpackung geliefert, auf dem im Innern Informationen zur Autorin und Sprecherin, die bibliographischen Angaben sowie verlagseigene Werbung abgedruckt sind. Die CDs selbst sind schlicht bedruckt, das Cover entspricht dem der Buchausgabe und hat leider wenig mit der Geschichte zu tun.
Fazit
Mit „Bis(s) zum ersten Sonnenstrahl“ hatte Stephenie Meyer eine dem Grunde nach tolle Idee, doch die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Marie Bierstedt wertet das Hörbuch durch ihre gelungene Interpretation auf, kann aus einem mittelmäßigen Stoff aber auch keinen Beststeller machen. Ein nettes Bonbon für alle Bis(s)-Fans, aber sicherlich kein Muss.
Hinweise
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Backlist:
Teil 1: Bis(s) zum Morgengrauen
Teil 2: Bis(s) zur Mittagsstunde
Teil 3: Bis(s) zum Abendrot
Teil 4: Bis(s) zum Ende der Nacht