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Die Geschwister Alice und Boone leben in der dauernden Angst, von ihrem Stiefvater Simon vergiftet zu werden. Beim Essen verständigen sie sich mit geheimen Zeichen: Der Reis ist okay, den hat Simon nicht zubereitet, zweimal zwinkern. Vorsicht aber mit dem Huhn! Danach liegen die beiden im Kinderzimmer und warten auf den Tod - sämtliche Gifte und ihre Symptome sind ihnen aus einschlägigen medizinischen Werken bekannt ... Skurrile Ideen zweier phantasiebegabter Kinder? Die Sache sieht plötzlich anders aus, als eines Abends die Mutter panisch ins Zimmer stürmt und nur zwei Worte flüstert: „Rennt weg!“

 

Ein_Hauch_von_Bittermandel  Autor: Kathy Hepinstall
Verlag: Knaur
Erschienen: 2001
ISBN: 3-426-62393-5
Seitenzahl: 378 Seiten
 

Die Grundidee der Handlung
Kathy Hepinstall erzählt die Geschichte des Leidensweges einer Familie, und zwar aus der Sicht der zwölf Jahre alten Alice. Es handelt sich im Grunde um das Leben und psychische Leiden zweier Scheidungskinder, die nicht nur die Trennung ihrer Eltern verkraften, sondern sich vielmehr auch mit dem brutalen Stiefvater auseinander setzen müssen. Die Autorin versteht es perfekt, dem Leser nicht nur die unterschwellige Spannung zwischen dem Stiefvater Simon und der Familie spüren zu lassen, sondern sie vermittelt mit seinen Andeutungen und bildhaften Drohungen auch die Todesangst der Geschwister. Hepinstall, meines Erachtens eine Meisterin im Zeichnen von Gefühlen, lässt den Leser auf jeder einzelnen Seite die Hilflosigkeit und das Verleugnen der Tatsachen durch die Mutter erfühlen – kurzum: ein Buch voll von schrecklichen Ängsten angesichts der Bedrohung durch den neuen Mann an der Seite der Mutter.


Stil und Sprache
Die Spannung zieht sich durch das gesamte Buch, lässt den Leser an manchen Stellen fast atemlos zurück und beginnt bereits auf der ersten Seite. „Ein Hauch von Bittermandel“ ist erschütternd und stellt die ganze Brutalität auf der einen und die völlige Hilflosigkeit auf der anderen Seite dar. Es berichtet schonungslos offen vom „Wegsehen“ und „Verleugnen“ durch Mitmenschen und erzählt von den Fehlern der Justiz, die gerade in diesem Fall furchtbare Auswirkungen zur Folge haben. Durch das Zusammentreffen der verängstigten Geschwister mit einer minderjährigen Mörderin webt Hepinstall geschickt das Thema „Schuld und Verurteilung“ in das Geschehen mit ein und berichtet von den Gewissenskonflikten seitens Alice und Boone.
Was die Sprache angeht, befremdet mich Boones fast altmodisch anmutendes Predigen von Gottes Lehre, vom Glauben und dem Verzeihen ein wenig. Im Grunde sehr gut formuliert und den unbeirrbaren Glauben ausdrückend, scheint es mir für einen vierzehnjährigen Jungen doch ein wenig zu altklug. Bei der derben Sprache der jugendlichen Verbrecherin Persely ist Hepinstall der Spagat zwischen „zu drastisch“ und „wirklich gut dargestellt“ gelungen und man kann sich anhand der Formulierungen sehr gut in die Gedankenwelt Perselys hinein versetzen.
Der Höhepunkt des Buches kommt relativ spät und endet in einer dramatischen Eskalation, mit der die Autorin den Leser durchaus überrascht. Der Spannungsaufbau deutet zwar auf ein fulminantes Finale hin, jedoch rechnet man nicht mit solch drastischen Auswirkungen.


Figuren

Die Protagonisten dieses Buches sind grandios gezeichnet. Absolut glaubwürdige Charaktere, deren Seelenleben für den Leser offen gelegt wird. Motivation, Hintergründe und persönliches Erleben werden überzeugend vermittelt und man vermeint, Simon, Meg, Alice, Boone und Persely fast schon vor sich zu sehen. Hepinstall gelingt es, die Personen nicht „Schwarz-Weiß“ zu zeichnen, sie geht vielmehr auf die einzelnen Figuren ein und erzeugt durch die vielen Details im Laufe der Geschichte Verständnis für deren Fehler und Schwächen. Sogar bei der Schilderung des leiblichen Vaters, der Meg und die Kinder für eine andere Frau verlässt, ist es nicht möglich, ihn völlig zu verurteilen. Einzig Simon, der psychopathische, brutale und äußerst gefährliche Mann, wird so dargestellt, wie er wirklich ist: abgrundtief böse und zutiefst gefährlich. Hier ist der Leser mehrmals versucht, sich in die Geschichte „einzuschleichen“ und persönlich eine kleine Portion Gift einzusetzen …


Aufmachung des Buches

Es handelt sich hierbei um ein Taschenbuch mit einem für mich perfekten Cover. Auch wenn ich diese Abbildung niemals gesehen hätte – genau so stelle ich mir die Geschwister vor. Sehr angetan von den harmonischen Brauntönen und dem Ausdruck in den Augen von Alice und Boone ist es eines der besten Cover, die ich bisher zu einem Buch gesehen habe. Perfekt!


Fazit
Ein grandioser Psychothriller mit Einblick in die tiefsten Abgründe des Menschen, sehr empfehlenswert für den Freund der Spannung – aber auch zutiefst nachwirkend ob seiner Dramatik. Man darf niemals außer Acht lassen, dass es sich hierbei zwar um eine Erzählung handelt, draußen sich jedoch täglich solche Dramen abspielen – hinter der Illusion des perfekten Familienlebens versteckt, in den vermeintlich harmonischen vier Wänden eines trauten Heimes.


4 5 Sterne


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