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Die Lynn Okamoto Short Story Collection präsentiert zwei Kurzgeschichtensammlungen des Erfolgsautors Lynn Okamoto. Die beiden Bände enthalten unter anderem Okamoto-senseis repräsentative Werke Allumage und Flip Flap. Wie auch schon in seinem Bestseller Elfen Lied, weiß er wieder einmal durch eine Mischung aus ungewöhnlichen, fantasievollen und grotesken Geschichten und einem Artwork, welches mal brutal, dann wieder fast zart und harmlos wirkt, zu überzeugen.

Einige Short Stories sind den Lesern schon aus den Elfen Lied-Bänden bekannt, der Großteil allerdings ist völlig neues Material. TOKYOPOP legt diesen opulenten Band detailliert originalgetreu wie in der japanischen Ausgabe, zusammengefasst in zwei Bänden im Schuber, vor.

 

 

Autor: Lynn Okamoto
Illustrationen: Lynn Okamoto
Verlag: Tokyopop
Erschienen: Juli 2010
ISBN: 978-3-86719-917-9
Seitenzahl: insgesamt 376 Seiten
Altersgruppe: ab 18 Jahren

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Die Grundidee der Handlung
Allumage / Digitopolis / Flip Flap
In allen drei Kurzgeschichten steht eine heldenhafte, unerschrockene, vor Kraft strotzende 'Superwoman'-Figur im Mittelpunkt. Mal ist es die kühne Stuntfrau Kumiko, die ihr berufliches Können auch außerhalb des Jobs beweisen muss (Allumage), ein anderes Mal ist es eine coole Sprengstoffexpertin (Digitopolis) und in Flip Flap lässt die besessene Artistin Aoki mit ihren fünffachen Saltos die Welt in Ehrfurcht erstarren.

Memoria / MOL / Lime Yellow
Thematische Gemeinsamkeit dieser Stories ist ein einsamer und verklemmter, mit dem weiblichen Geschlecht unerfahrener Protagonist, der auf eine lebendig gewordene (Sex-)Puppe trifft.

Registrar / Carriera / Elfen Lied / EXEXE
Gedächtnismanipulation ist das Thema der phantastischen Episode Registrar, wiederum sehr real und autobiographisch geht es in Carriera zu, worin der Autor eigene berufliche Erfahrungen einfließen lässt. Auch wenn der Titel gleich lautet, hat die Kurzgeschichte Elfen Lied mit der Erfolgsserie von Lynn Okamoto inhaltlich nichts gemeinsam, handelt sie doch von zwei musikalischen Ausnahmetalenten. Die letzte Geschichte EXEXE ist ein noch unveröffentlichtes Rohskript.

Zugegeben, inhaltlich beschreiten viele der Stories bereits ausgetretene Pfade und trotz eingeschränkter Themenvielfältigkeit aufgrund Wiederholungen, kam bei mir erstaunlicherweise nicht die geringste Langeweile beim Lesen auf, denn alle Geschichten sind facettenreich, unvorhersehbar und emotional äußerst packend inszeniert. Selbst wo Action oder Sexualität im Vordergrund stehen, kommen sie niemals flach und oberflächlich daher, sondern beeindrucken mit Ernsthaftigkeit und Tiefe. Seine frühen Werke, die vor der Serie Elfen Lied entstanden, weisen zwar noch einen, ich will nicht sagen einfallslosen, aber doch geradlinigeren Handlungsablauf auf, die neueren hingegen - allen voran Allumage und Registrar - brillieren mit irreführenden Verläufen und raffinierten Wendungen.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Nicht nur inhaltlich offenbart die Kurgeschichten-Sammlung eine stetige qualitative Steigerung durch die Jahre hinweg, die Zeichnungen sprechen in der Hinsicht eine noch deutlichere Sprache. Lynn Okamotos erste Zeichenversuche (MOL, Digitopolis, Flip Flap, Lime Yellow, Elfen Lied) entstanden noch im Gesamten, einschließlich der Rastermusterunterlegung, in mühevoller Handarbeit, ihnen fehlt der Schliff und der Perfektionismus heutiger am Computer erstellter Zeichnungen (zu sehen in Allumage, Registrar, Carriera), dennoch vermögen sie immer die passende Stimmung zu erzeugen. Farblich dominieren hier dunkle Grautöne und klare Schwarz-Weiß-Kontraste. Tiefen- und Schatteneffekte erzielte man früher hauptsächlich durch Schraffurlinien statt den heute üblichen zarten Grauunterlegungen, was die Optik rau, hart und skizzenhaft wirken lässt. Dies störte mich allerdings nur wenig, für mich war es im Gegenteil unheimlich interessant, anhand der in großer Zeitspanne entstandenen Stories den schleichenden Veränderungsprozess in der Mangabranche - herbeigeführt durch zunehmenden Einsatz computerisierter Grafikprogramme - vor Augen geführt zu bekommen.
Kulleraugen, Stupsnäschen, kleine Münder und überbetonte Rundungen, das sind die äußerlichen Merkmale der weiblichen Figuren, vor allem ihre prallen, mal spitz zulaufenden, mal kugelrunden Brüste sprengen oftmals in Übergröße die Panels. Okamotos 'Superwomen' haben zudem noch einen durchtrainierten Körper mit strammen, muskulösen Schenkeln. Ich persönlich kann weder Kulleraugen noch großen Busen etwas abgewinnen, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Die männlichen Protagonisten dagegen sind eher unscheinbare Durchschnittstypen, an denen nichts Auffälliges hervorsticht.
Mit den Hintergründen verfährt Lynn Okamoto total unterschiedlich. Sich immer der jeweiligen Gegebenheit anpassend, sind sie mal dominant, um Atmosphäre oder Orientierung für die Handlung zu schaffen, ein anderes Mal verleihen Bewegungslinien der Action entsprechende Dynamik, stehen dagegen die Protagonisten im Mittelpunkt des Geschehens und erfordern die volle Aufmerksamkeit des Lesers, kann der Hintergrund auch ganz weiß sein.

Die Altersempfehlung des Verlages ab 18 Jahren ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, denn es gibt meines Erachtens keine derart eindeutigen Szenen, die dies rechtfertigen würden. So real, dass es schon wieder grausam ist, sind die Zeichnungen des Öfteren (z.B. wenn Kumiko in Allumage nur um Haaresbreite den tödlichen Flammen entkommt oder wenn bei einem Kopfschuss Blut fließt), auch ist die eine oder andere weibliche Hauptfigur nackt zu sehen, doch überschreiten diese Bilder nie die Grenze dessen, was ältere Jugendliche ab 16 Jahren nicht verkraften könnten.

Die kleinen bis mittelgroßen, mit schwarzer Umrandungslinie versehenen Panels sind in zwei- bis drei Millimeter Abständen vorbildlich neben- und untereinander angeordnet. Obwohl der Manga mit seinen vergleichsweise vielen Sprech- und Textblasen durchaus als textlastig bezeichnet werden kann, empfand ich das Lesen nicht allzu anstrengend - dies mag am recht groß ausfallenden Schriftbild liegen. Mit Geräuschzeichen wird - in bester japanischer Mangatradition - ebenfalls nicht spärlich umgegangen. Diese passen sich in ihrer Größe immer der Situation an: in Actionszenen sind sie recht groß, ansonsten eher unauffällig, dabei wurden die japanischen Schriftzeichen nicht entfernt, sondern die deutsche Übersetzung lediglich daneben gesetzt.


Aufmachung des Manga
Die insgesamt 9 Kurzgeschichten, plus 1 Story in Rohfassung, sind auf zwei broschierte Einzelbände im Großformat (21,4 x 14,5 cm) verteilt, die zusammen mit einem Karton-Schuber vertrieben werden. Die farbige Titelillustration auf dem Schuber zeigt Kumiko aus Allumage vor ihrem lichterloh brennenden Hotel. Auf den ersten Blick erkennt man in ihr eine durchtrainierte, unerschrockene junge Frau, die allen Gefahren trotzt. Auf dem Schuber-Rücken sind Titel- und Autorennamen in schwarz und weiß abgedruckt, die Rückseite dagegen ist schlicht schwarz. Höchst irritierend und mangelhaft finde ich, dass weder auf dem Schuber noch auf den einzelnen Bänden eine Inhaltsangabe oder sonstige Beschreibung (z.B. die auf der Verlagshomepage) abgedruckt ist. Wegen der Altersempfehlung ist der Schuber in Folie eingeschweißt und mit einem entsprechenden Aufkleber versehen.

Die zweifarbige Umschlaggestaltung der beiden Bände in rot-schwarz (Allumage) und blau-schwarz (Flip Flap) ist ganz schlicht, lediglich Titel und Autorenname sind darauf aufgedruckt. Die einzelnen Kapitel trennen jeweils eine schwarze Seite und eine Illustration. Sehr gut gefiel mir der kurze Begleittext des Autors am Ende jedes Kapitels, worin er über die Begleitumstände bei der Entstehung der einzelnen Geschichten berichtet. Man erfährt hier einiges über das Leben eines Mangazeichners. Als Extrabonus wurde zum Schluss die unveröffentlichte Story EXEXE beigefügt, deren Handlung man aufgrund ihrer skizzenhaften Rohfassung nur schwer folgen kann. Die Papierqualität der Seiten entspricht dem verlagsüblichen Standard, zur Druckqualität wäre noch anzumerken, dass die Druckerschwärze den derzeit herrschenden hochsommerlichen Temperaturen bzw. meinen leicht feuchten Fingerspitzen nicht standhielt, nach dem Lesen waren diese jedes Mal geschwärzt.


Fazit
Mit heutigen Maßstäben lässt sich der Großteil von Lynn Okamotos Zeichnungen, die lange vor seiner Erfolgsserie Elfen Lied entstanden, eindeutig nicht messen, inhaltlich dagegen dürfte der einzige Störfaktor die Themenwiederholung sein, ansonsten wissen die Stories emotional zu packen und flachen trotz Action- oder Erotikelementen niemals ab. Auch wenn die Altersempfehlung ab 18 Jahren ist, sind die Bilder weder zu brutal und blutig noch pornographisch. Dieser Short Story Collection wünsche ich definitiv einen breiteren Interessentenkreis als nur die eingefleischte Fangemeinde des Elfen Lied-Zeichners.


3 Sterne


Hinweise
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