Drucken
Kategorie: Thriller

Man hat ihr alles genommen. Nur nicht die Angst.

Stell dir vor, dein Mann sagt, er hat dich noch nie gesehen, und die Leute sagen, du hast nie ein Kind gehabt. Wem kannst du trauen, wenn niemand dir glaubt?

 

  Autor: Arno Strobel
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
Erschienen: Mai 2010
ISBN: 978-3-596-18631-0
Seitenzahl: 359 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Sybille Aurich erwacht in einer Regensburger Klinik alleine in einem Zimmer. Der dortige Chefarzt erklärt ihr, dass sie zwei Monate im Koma gelegen habe. Doch warum kann sie dann sofort ohne Probleme von ihrem Bett aufstehen? Sie kann sich nur vage an das Geschehene erinnern. Sie war mit ihrer besten Freundin Elke beim Griechen und nahm auf dem Heimweg dann eine Abkürzung durch den Park. Dort wurde sie wohl niedergeschlagen und später aufgefunden. Sie fragt den Arzt nach ihrem Ehemann, ihrem Sohn Lukas. Doch dieser gibt ihr zur Antwort, dass sie keinen Sohn habe. Als er ihr nicht weiterhelfen will, nutzt sie die nächste Gelegeneit und flieht. Nur in einem knappen Krankenhauskittel bekleidet, flieht sie auf die Straße, erregt erstes Aufsehen. Eine fremde Frau kommt ihr glücklicherweise zur Hilfe, nimmt sie mit in ihrem Auto, fährt sie zu ihrem Haus. Doch ihr eigener Mann, ihrer beste Freundin, die Schwiegermutter, niemand erkennt sie wieder. Verzweifelt sucht sie nach ihrem Sohn Lukas, doch alle versuchen ihr einzureden, dass sie nie einen Sohn hatte. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer eigenen Identität. Wer ist sie wirklich? Und was ist ihre Vergangenheit? Wem kann sie noch trauen, wer steht wirklich auf ihrer Seite? Immer wieder stößt sie an ihre Grenzen, erkennt Ungereimtheiten, bis sich ihr die schreckliche Wahrheit offenbart.


Stil und Sprache

Dem Autor gelingt es durch eine sehr einfache, aber dennoch packende Sprache, Spannung aufzubauen. Er erzählt in der dritten Person, lässt aber oft im Quergedruckten die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur einfließen und beschreibt diese sehr detailliert. Hierbei lässt er den Leser in der gleichen Ungewissheit, lässt ihn gezielt mitleiden und führt ihn auf falsche Spuren. Wie Sibylle vertraut der Leser zunächst, um kurz danach alles wieder in Frage zu stellen. Es gelingt dem Autor, viele falsche Spuren zu legen und erst am Ende werden die wirklichen Charaktere der einzelnen Figuren aufgedeckt. Manchmal erscheint seine Erzählweise etwas unausgefeilt, etwas zu direkt oder gar plump. Dies tut aber dem Buch keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Es erzählt die Geschichte aus der Sicht von ganz alltäglichen Menschen und so ist auch die Sprache gehalten.


Figuren
Sibylle Aurich, die Hauptfigur, wird sehr glaubwürdig und genau in ihren Gefühlen und Zweifeln beschrieben. Ihre Verzweiflung, ihren Sohn vielleicht nie wiederzufinden oder gar, ihn nie gehabt zu haben und von ihren nächsten Angehörigen nicht wiedererkannt zu werden, kommt sehr authentisch beim Leser an. Dabei wird sie aber auch als sehr mutige und durchsetzungsfähige Frau geschildert, die trotz allem ihren Weg geht und alles versucht.

Rosemarie Wengler, die nette, ältere Frau, die Sybille gleich zu Anfang hilft und trotz ihrer irren Geschichte stets zu ihr hält, erinnerte mich etwas an Miss Marple. Auch sie wird sehr detailliert beschrieben, wie auch alle anderen Figuren, die sich im Laufe der Geschichte entfalten. Es gelingt dem Autor, sie sehr genau und bildhaft darzustellen und dennoch werden die wahren Charaktere der Personen tatsächlich erst am Ende wirklich offenbart.

Ganz gut gelingt dies dem Autor bei den beiden ermittelnden Polizisten. Auch hier wird es dem Leser schwer gemacht, sie richtig einzuordnen. Immer wieder steht man vor der Frage, wer jetzt tatsächlich auf der "guten" und wer auf der "bösen" Seite steht. Es ist faszinierend, wie bis zum Ende deren Positionen nicht eindeutig durchschaubar sind.


Aufmachung des Buches
Das Cover dieses Taschenbuches spricht mich sehr an, allerdings spielt der Großteil der Geschichte außerhalb des Traktes, sodass der Titel "Der Trakt" an sich etwas irreführend ist. Der Schriftzug und der darunter abgebildete kalte, dunkle Gang des Traktes passt allerdings sehr gut zur Ausgangs- und auch zur Endsituation des Buches. Ansonsten sind die Kapitel eher kurz gehalten und dadurch ist das Buch auch gut in kürzeren Etappen zu lesen.


Fazit

Insgesamt ist dem Autor Arno Strobel ein sehr spannender Psychothriller gelungen. Vor allem hat mich fasziniert, dass bis zur Aufschlüsselung am Ende kaum erkennbar ist, was und wer nun wirklich hinter dem Ganzen steckt. Der Autor legt viele falsche Fährten und baut dadurch große Spannung auf. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der es mag, über weite Strecken im Dunkeln zu tappen, gerne miträtselt und sich am Ende überraschen lassen will. Vier Sterne sind aus meiner Sicht wirklich angemessen.  


4 Sterne


Hinweise

Dieses Buch kaufen bei: amazon.de