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Foto: Rainer W. Fuchs; Titel "Urschrei" 


Lieber Herr Fuchs, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben.

Sehr gerne.


Der von Ihnen gegründete Verlag „Rainer Fuchs Schriften“ ist noch recht jung, Ihre erste Veröffentlichung ist der Briefroman „Viktor, der Himmel weint nicht mehr“. Was für ein Ge-fühl war es, Ihr erstes, selbst verlegtes Buch in den Händen zu halten?

Oh dieses Gefühl war grandios, das erste Buch-Baby in Händen zu halten. Hab dann gleich ein Fest gefeiert.


Wie haben Sie die Herausgeberin dieses Buches, Helena Papandreous, kennen gelernt?

Oh, das weiß ich gar nicht mehr so genau, sie ist eine alte Freundin und ich hatte auch nie vor, einen Verlag zu gründen. Dieses Viktor-Manuskript und viele Absagen von Verlagen haben mich dann dazu bewogen, diesen Rainer Fuchs Schriften Verlag zu gründen.


Sie konzentrieren sich in Ihrem Verlag auf Veröffentlichungen, die zu Tabuthemen der west-europäischen Gesellschaft Stellung beziehen, unbequeme Wahrheiten beinhalten bzw. behan-deln und insbesondere auch Randgruppen der Gesellschaft betreffen. Wie ist es zu der Idee gekommen, einen Verlag diesen Thematiken bzw. Gruppierungen zu widmen?

Wissen Sie, das ist sehr einfach zu beantworten: Das Leben auf der Straße und die klaf-fende sichtbare Wunde ist schon ein Segen und der Weg zur Heilung – man kann die Grausamkeit dieser Gesellschaft schon sehen. Die wirklich furchtbaren Dinge geschehen in den Wohnungen, hinter der verschlossenen Türe mit dem demonstrativen Friedens-kränzlein. Wir machen uns meist um die falschen Menschen Sorgen. Und zu diesen Zei-ten muss man nicht einmal Tabus brechen, sie fallen uns einfach aus der Hosentasche… rutschen durch das Loch einfach durch. Und glauben Sie mir, alle Hosentaschen haben schon Löcher. Tabus sind zu diesen speziellen Zeiten nicht mehr zu halten.


Welche Widerstände und Hindernisse – auch gesellschaftliche – haben Sie überwinden müs-sen, bis „Viktor, der Himmel weint nicht mehr“ veröffentlicht und insbesondere vermarktet werden konnte?

Ja, diese Widerstände gibt es und sie sind auch der Garant für Wachstum. Ich bekomme als Verleger böse Briefe und Droh-Emails, das macht aber auch nichts – ich verwerte gerne und mach ein neues Buch aus diesen Reaktionen. Viele Menschen wollen zu diesen Geschichten nicht hinsehen, weil wir tief im Innersten alle wissen, dass unsere Leis-tungswelt die Produktionsstätte für die Looser ist. Das Buch verkauft sich gut, denn es gibt auch Menschen, die sich mit diesen Themen trotzdem beschäftigen wollen, um ihren Horizont zu erweitern und daran zu wachsen.


Welche Arbeiten fallen bei Ihrem Verlag auf dem Weg vom Manuskript bis zur Veröffentli-chung an? Wie viel Zeit nimmt ein solches Buchprojekt in Anspruch?

Also das ist eine sehr gute Frage und darüber könnte ich Ihnen nun ein ganzes Buch schreiben. Will es abkürzen und Ihnen sagen, dass es von der Entstehung bis zum ferti-gen Buch sehr viel gewissenhafte Arbeit und auch Geld kostet. Und ein lesender Mensch sollte sich bewusst sein, dass bei einem Buch unter zehn Euro einige dieser gewissenhaf-ten Schritte fehlen – da geht sich nicht einmal ein gutes Lektorat aus.


Wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen / Ihrem Verlag und Ihren Autoren bzw. Herausgebern vorstellen?

Mit viel Wein und Zigaretten… viele Nächte der Gespräche… Da wird sehr viel ausge-rüttelt, was es sein soll, was der Autor sagen will und ob die Welt dieses Buch auch braucht.


In den nächsten Monaten erscheinen in Ihrem Verlag vier weitere Bücher, unter anderem eines von Helena Papandreous. Können Sie uns schon mal einen Ausblick auf die Inhalte dieser Werke geben?

Also das Buch von Helena Papandreous (Oh Herr, ich bin so würdig) ist die Essenz vom Viktor-Buch (Viktor, der Himmel weint nicht mehr) und komplett überarbeitet. Dieses Buch ist viel dünner, für Menschen die nicht so viel lesen wollen und es kommt auch rascher „zur Sache“ – es haut einem (im guten Sinn) sozusagen schneller vom Stockerl.


Sie arbeiten derzeit an dem Projekt, dass zur Veröffentlichung des Buches „Gut’ Nacht, Jäckel“ führen soll / führen wird. In diesem Projekt soll es um Alltagsgeschichten aus der Zeit vor und während des NS-Regimes gehen, ohne Schuldzuweisungen und Diffamierungen, er-zählt von jüdischen Familien. Diese Interviews sollen Jugendliche aus Baden führen. Wie kam es zu dieser Idee, was steht dahinter?

Also dahinter steckt meine eigene jüdische Geschichte und dass ich mich noch immer wundere über die Reaktionen, in diesem lande jüdische Vorfahren zu haben. Ich weiß, wie gerne Menschen ihre Geschichte erzählen und wie verbindend das sein kann und ich möchte Jugendlichen die Möglichkeit geben, diese Geschichten zu entlocken. Sie werden die Interviews aufnehmen. Geschichtenerzähler brauchen auch immer gute Zuhörer. Die Jugendlichen (und natürlich viele andere) sollen was fürs Leben lernen… und im besten Fall nicht einmal mehr lächeln, bei einem geschmacklosen antisemitischen Witz. Solange es in unseren Köpfen noch dieses Klassen- und Rassendenken gibt, so lange müssen wir darüber noch reden und aufarbeiten. Dieses Projekt ist somit keine Vergan-genheitsarbeit.


Welche Erwartungen haben Sie an dieses Projekt? Mit welchen Ergebnissen rechnen Sie?

Wie schon oben beschrieben – sich Geschichten zu erzählen und zuzuhören heilt alte Wunden und lässt einen verstehen, dass es keine Juden und Nicht-Juden gibt und auch keine Christen und Nicht-Christen, sondern nur Menschen.


Sie suchen noch nach Sponsoren für die Umsetzung dieses Projektes. Welche Hindernisse müssen Sie zudem noch überwinden? Stoßen Sie mit diesem Konzept auf Widerstände bestimmter Gruppen?

Also Hindernisse muss ich nur diese überwinden, dass ich eben genug Sponsoren finde – so ein Projekt kostet viel Arbeit und Geld. Und die Widerstände kommen aus allen Gruppen (dafür gibt es kein Mascherl), es sind Menschen, die einfach weiter zuschweigen wollen – was dem gleich kommt, auf ein Geschwür nur Salbe drauf zu geben und nicht die Organe und die Hintergründe zu beachten.


Gibt es etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Ja. Achten Sie bei Büchern bitte auf die Qualität und nicht nur auf den Preis. Der Buchmarkt ist ohnehin schon am besten Wege eine Fabrik zu werden. Das können nur die LeserInnen stoppen und alles wieder zur Qualität wenden.


Ich danke Ihnen für das Interview.

Sehr gerne
Ihr
Rainer W. Fuchs


Die offizielle Homepage des Verlags: www.rainer-fuchs.com

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