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Es sollte ein Leben voller Spannungen und unerwarteter Wendungen werden. Lev Nussimbaum, den sensiblen jüdischen Jungen aus der aserbeidschanischen Ölmetropole Baku, verschlägt es während der russischen Revolution über Zentralasien, Persien und die Türkei ins Berlin der Zwanziger Jahre. Dort konvertiert er zum Islam und macht sich als Essad Bey (alias Kurban Said) einen Namen als international anerkannter Autor.

 

  Autor: Tom Reiss
Sprecher: Dietmar Mues
Verlag: Griot Verlag
Erschienen: 14. Mai 2010
ASIN: 3941234196
Spieldauer: 470 Minuten, 6 CDs; gekürzte Fassung


Die Grundidee der Handlung
Tom Reiss hat eine Biografie der ungewöhnlichen Art verfasst. „Der Orientalist“ wird 1905 als Sohn des jüdischen Ölmillionärs Abraham Nussimbaum und einer Revolutionärin als Lev Nussimbaum in Baku geboren. Die Familie führt in den nächsten Jahren ein beschauliches und weltoffenes Leben, bis die Oktoberrevolution eine bedeutsame Zäsur im Leben Lev Nussimbaums markiert. Baku wird okkupiert, Unruhen brechen aus und das kontemplative Leben der Ölbarone von Baku ist endgültig vorbei. Vater und Sohn Nussimbaum verlassen Aserbaidschan zunächst nach Konstantinopel und zu seinem Entsetzen sieht Lev das erste Mal unverschleierte Frauen. Auch seine Odyssee über Rom, Paris und Berlin können seine Ansichten über die Freizügigkeit europäischer Frauen nicht ändern.

In Berlin studiert er Orientalistik, konvertiert schließlich zum Islam und nennt sich fortan Essad Bey. Sein erster Roman als Essad Bey „Öl und Blut im Orient“ weist ihn als Orientexperten aus, zugleich schreibt er sich damit eine neue Biografie, allein, um seine jüdische Herkunft zu verschleiern. Er idealisiert die exotische Lebensweise und gehorcht damit den geheimnisvollen Gesetzen der Stereotypenbildung, in welcher der Glaube rein, das Wesen unverfälscht, die Desillusion unbekannt ist. Essad Bey war in der Weimarer Republik einer der produktivsten Schriftsteller und pflegte Beziehungen zu Pasternak und Nabokov. Als Hitler an die Macht kam, floh er rechtzeitig nach Wien, dann weiter nach Positano, wo er 1942 einsam und verarmt starb.

Man spürt Tom Reiss` Faszination für diesen enigmatischen Mann. Während seiner siebenjährigen Recherche eruiert er die letzten Zeitzeugen und entdeckt das autobiografische Romanmanuskript, das Essad Bey auf seinem Totenbett in Positano verfasst hat. In diesem Manuskript wird deutlich, Lev Nussimbaum alias Essad Bey, der inzwischen auch unter dem Pseudonym Kurban Said Bücher veröffentlicht hat, war sein Leben lang ein auf der Suche befindliches, entwurzeltes Selbst, das in Wahrheit Bürger eines Ortes ist, der nur in seiner Fantasie existierte.

„Der Orientalist“ ist nicht nur eine Biografie über einen ungewöhnlichen und leider schon vergessenen Schriftsteller, Reiss beleuchtet auch die geschichtlichen Hintergründe zu Lebzeiten Levs und erleichtert damit das Verständnis eines Lebens, welches in einer orientalischen Kultur seine Wurzeln hat.


Darstellung des Hörbuches
Wolfgang Stockmann ist es gelungen, aus dem 470 Seiten umfassenden Buch eine gekürzte Version zu kreieren, die nichts vermissen lässt. Unter seiner Regie lesen Dietmar Mues, Nina Hoger und Stefan Schad. Dietmar Mues trägt das Phänomen Essad Bey mit einer ruhigen, dennoch einprägsamen Intonation vor und übernimmt dabei den Hauptteil des Hörbuchs. Durch seine bedachte Erzählweise kann man mühelos den geschichtlichen Hintergrund in die Lebensgeschichte Essad Beys einfügen. Nina Hoger und Stefan Schad unterstützen ihn mit ihren Stimmen. Beide sprechen die Zitate, die Reiss in sein Buch aufgenommen hat, wobei Nina Hoger mit ihrer dynamischen und der jeweiligen Person angepassten Stimme eine klare Bereicherung ist. Sie schafft es mühelos, die Frauen, deren Zitate sie vorträgt, lebendig werden zu lassen.
Am Anfang und am Ende der Lesung wird von dem Ensemble Noisten und dem Neyspieler Murat Cakmaz Klezmermusik mit der traditionellen islamischen Rohrflöte eingespielt.


Aufmachung des Hörbuches
Das Hörbuch umfasst 6 CDs in hochwertigem Digipak und ist mit verchromten Buchnägeln versehen. Das Bild zeigt Essad Bey in seiner typisch orientalischen Tracht mit Fez. In dem Hörbuch selbst werden die Sprecher, der Regisseur und die Musiker in einer Kurzbiografie vorgestellt.


Fazit
Tom Reiss liefert eine hervorragende Vorlage für dieses Hörbuch, mit einer Fülle von Informationen, die Wolfgang Stockmann gekonnt zu einer gekürzten Version modifiziert hat. Um das geschichtliche Panorama, die Spurensuche Reiss` und die fesselnde Biografie fassen zu können, sollte man das Hörbuch unbedingt zweimal hören.


5 Sterne


Hinweise
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