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Anfang 1944 erhält Henry Meadows vom Meteorological Institute in London Befehl, einen zurückgezogen in Schottland lebenden Wissenschaftler aufzusuchen. Wallace Ryman soll ein System entwickelt haben, das erstaunlich präzise Wettervorhersagen zulässt - entscheidend für die Landung der Alliierten in der Normandie. In geheimer Mission soll Henry die sagenumwobene "Ryman-Zahl" entschlüsseln. Regelmäßig trifft er den knorrigen Pazifisten, ohne Erfolg. Allein dessen Frau Gill lernt er näher kennen, als statthaft wäre. Es ist bereits Mitte Mai, als das Headquarter willkürlich ein Angriffsdatum festsetzt, doch bald geraten die Ereignisse - wie das Wetter - außer Kontrolle. - Das neue Meisterwerk des vielfach ausgezeichneten Autors von "Der letzte König von Schottland".

 

  Autor: Giles Foden
Verlag: Aufbau-Verlag
Erschienen: 03/2010
ISBN: 978-3351032920
Seitenzahl: 400 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext gibt einen ziemlich exakten Überblick über die Handlung, lässt naturgemäß viele Details jedoch weg. So geht es hier zwar vordergründig um das Wetter, seine Voraussage und Auswirkungen, der Roman gibt uns jedoch auch einen tiefen Einblick in Henry Meadows Seelenleben. Allein die Frage, ob es so etwas wie Schicksal geben kann oder ob alles im Leben nur von Zufällen und Turbulenzen bestimmt wird, nimmt eine Menge Raum ein. Ist Krieg ein notwendiges Übel oder lässt er sich vermeiden? Was kann Wissenschaft leisten und was nicht? All diesen Fragen widmet sich Giles Foden äußerst gründlich, versinkt aber nie in Langeweile, sondern schafft es vielmehr, seine Leser bis zum Schluss zu fesseln.


Stil und Sprache

Henry Meadows erzählt die Geschichte in der Ich-Form und erinnert sich an das Jahr 1944 aus der Perspektive des Jahres 1980, als er mit einem Forschungsschiff in der Antarktis unterwegs ist. Dabei mischt er immer wieder seine Gedanken und Erinnerungen, was es zu Anfang etwas schwierig macht, seiner Erzählung zu folgen. Fast tagebuchartig sind einzelne Begebenheiten sehr ausführlich dargestellt, mit vielen winzigen Details, oft Nebensächlichkeiten, die das Ganze aber sehr authentisch wirken lassen und dem Leser das Gefühl vermitteln, ganz dicht dabei zu sein. Andere Abschnitte sind nur kurz und berichten eher nüchtern das Notwendigste, ohne groß ins Detail zu gehen. Durch diese Wechsel zwischen knappem Protokoll und persönlicher Schilderung entsteht eine zunächst unterschwellige Spannung, die sich in der ersten Hälfte kontinuierlich aufbaut und dann völlig unerwartet wie ein Wetterballon explodiert. Und obwohl in diesem Roman über die knapp 400 Seiten hinweg gar nicht so sehr viel passiert, wird es doch nie eintönig, Henry Meadows bei seinem Leben zuzusehen und sich ein bisschen darin zu verlieren.

Der Originaltitel von „Die Geometrie der Wolken“ lautet „Turbulences“, und dieses Wort charakterisiert ausgezeichnet auch die Erzählstruktur, mit der Giles Foden hier virtuos umzugehen weiß: Vergangenheit und Gegenwart, Lebensalltag und Wissenschaft werden hier leicht und flink gewechselt, turbulent wie das Leben und ebenso unvorhersehbar. Das ist einfach toll gemacht und fesselt den Leser förmlich an das Buch.

Einziger Minuspunkt dieser großartigen Geschichte: Das Wetter, das hier alles bestimmt, verlangt vom Leser nicht nur wissenschaftliches Denken, sondern auch historisches Detailwissen über Wetterkunde, Chemie und Physik. Wer hat schon je Wasserstoff selbst hergestellt oder wüsste auch nur, wie das geht? Diese wissenschaftlichen Einzelheiten wurden mir dann schon irgendwann etwas zuviel, zumal Wettervorhersage eher nicht zu meinen Fachgebieten gehört. Der eine oder andere würde bei so viel Wind, Turbulenzen und Wolkenbildung sicher das Buch irgendwann zur Seite legen, und das, obwohl sich Durchhalten durchaus lohnt! Nicht zuletzt, weil Giles Foden wirklich ein erstaunliches historisches Wissen hat und durchaus mit der einen oder anderen Kuriosität aufwarten kann, etwa nach Minen tauchenden zahmen Seelöwen oder Schiffen aus Eis. Aber was es damit auf sich hat, muss man schon selbst herausfinden …


Figuren

Henry Meadows ist Wetterforscher, besessen von seinem Thema und dennoch unzufrieden mit seinem Leben. Ihm fehlen vor allem Gesellschaft, Frauen und Geborgenheit. Ein Eigenbrötler, umgeben von anderen Eigenbrötlern, die genauso besessen vom Wetter sind wie er. In seinem Bericht erzählt er nicht nur die Fakten, wie er dazu kam, das Wetter für den D-Day voraussagen zu müssen. Er reflektiert sich auch immer wieder selbst, sein Wirken auf andere, sein eigenes Verhalten und seine Motive. Das macht ihn zu einem sehr tiefgründigen, nachdenklichen Menschen, obwohl er in so mancher Hinsicht erstaunlich naiv ist. Den pazifistisch eingestellten Wallace Ryman kann er bis zum Schluss nicht verstehen, auch wenn das wirklich niemandem, nicht einmal seiner Frau, ganz gelingt.

Alle anderen Figuren sind eher Randerscheinungen, da sie stets nur aus Henrys Sicht geschildert werden. Er selbst schafft es nur bedingt, sie treffend zu beschreiben, will das auch oft gar nicht, schließlich hat er eine Geschichte zu erzählen und keine Personen zu charakterisieren. Trotzdem ist der aufmerksame Leser in der Lage, sich ein Bild von den übrigen Beteiligten zu machen, denn mit wenigen Worten, fast lakonisch, bringt Giles Foden das Kunststück fertig, den Leser trotz vieler Nebenfiguren nicht den Überblick verlieren zu lassen.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Schutzumschlag eine Wetterkarte vom Ärmelkanal mit Hoch- und Tiefdruckgebieten, wie man am Ende erfährt, sind es die Daten des 06.06.1944, dem sogenannten D-Day. Mit dem blauen Hintergrund und der weißen Wolke mit dem Titel in orange wirkt das Ganze sehr filigran und zart, insgesamt eine wunderschöne Aufmachung.


Fazit

Ein wunderbarer Roman nicht nur über das Wetter, den Krieg und sonstige Turbulenzen, sondern über Menschen, wie sich ihre Schicksale verknüpfen und warum manche Dinge nicht zu ändern sind. Mit diesem Buch kann man träumen, über das Leben sinnieren, lachen und auch weinen und am Ende weiß man dann hoffentlich ein bisschen mehr über die Turbulenzen des Lebens.


4 Sterne


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