Smaller Default Larger

Brennpunkt Teheran: Die Bombe tickt.

Im Iran wird unter Hochdruck an einem geheimen Atomwaffenprogramm gearbeitet. Als ein Wissenschaftler die brisante Nachricht der CIA zuspielt, beginnt für Agent Harry Pappas ein Kampf an zwei Fronten: Denn „Dr. Ali“ fürchtet in Teheran um sein Leben. Und dem Weißen Haus ist jeder Vorwand recht, sich in einen weiteren Krieg zu stürzen. Harry, dessen Sohn im Irak fiel, braucht dringend mehr Information, um eine Eskalation zu verhindern. Doch die CIA hat keine Leute im Iran. Heimlich wendet sich Harry an die britischen Kollegen. Der SIS verfügt über ein gutes Netzwerk und eine hocheffiziente Eingreiftruppe. Ihr ist alles erlaubt, denn offiziell existiert sie gar nicht. Drei ihrer Besten begeben sich auf einen Höllentrip in den Gottesstaat am Golf. 

 

  Autor: David Ignatius
Verlag: rowohlt
Erschienen: 04/2010
ISBN: 978-3499252914
Seitenzahl: 524 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext sagt schon recht gut aus, um was es in diesem Agententhriller geht: ein sogenannter „virtueller Überläufer“ aus dem Iran soll gerettet und seine Informationen ausgewertet werden. Dazu gibt es exklusive Einblicke in die Arbeit des CIA und ein tagesaktuelles Thema, lief mir doch heute morgen beim Radiohören ein Schauer über den Rücken: Da war vom iranischen Atomwaffenprogramm die Rede und dass einer der beteiligten Wissenschaftler übergelaufen sei und nun der CIA Informationen gebe. Das ist gruselig, näher dran an der Realität kann ein Autor nicht mehr sein!


Stil und Sprache

David Ignatius braucht ein bisschen Zeit, um seine Story zu entwickeln, dafür zeigt er uns in wechselnden Perspektiven einerseits die Agentenwelt von Harry Pappas bei der CIA und andererseits die völlig konträren Lebensumstände eines jungen, zunächst noch namenlosen Wissenschaftlers in Teheran. Und wie er das macht, indem er den ganz normalen Tagesablauf des jungen Mannes schildert, der sich permanent überwacht fühlt und kaum zu atmen wagt, das ist schon sehr geschickt gemacht. An kleinen Beispielen zeigt David Ignatius, wie das Leben im Iran abläuft, etwa wenn „Dr. Ali“ kaum weiß, welche Musik er auf seinem iPod hören soll, um nicht negativ aufzufallen: „Doch obwohl niemand mitbekam, was der junge Wissenschaftler hörte, und ihn auch niemand prüfend ansah, bekam er es in der Mitte des Liedes, wo Lou Reed über die schwarzen Mädchen singt (…), mit der Angst, dass er vielleicht zu subversiv aussehen könnte, und klickte weiter zu den Goldberg-Variationen von Bach (…). Aber auch die machten ihn nervös. Vielleicht hielten ihn die Leute ja jetzt für einen Juden.“ (S. 18) Diese Atmosphäre der permanenten Angst vor Bespitzelung und Denunziation in der Bevölkerung war zumindest mir bisher nicht bewusst und hat mich schon sehr betroffen gemacht.
Ein Hauptaugenmerk dieser Geschichte liegt aber natürlich auf der Geheimdienstarbeit und ist deutlich spannender geschildert als erwartet. Wenn da verschlüsselte E-Mails geschickt und geheime Treffpunkte vereinbart werden, fühlt man sich schon ein bisschen in einen Agentenfilm versetzt. Neben scharfsichtigen politischen Beobachtungen, die vieles auch für Laien auf den Punkt bringen, hat die Story durch den langsamen Spannungsaufbau ihren ganz eigenen Reiz. Wenn sich dann gegen Ende die Ereignisse überschlagen, kann man das Buch nicht mehr zur Seite legen und muss es einfach in einem Rutsch zu Ende lesen.


Figuren

Gänzlich untypisch für einen Thriller hat David Ignatius großen Wert auf die Authentizität seiner Figuren gelegt und sich viel Mühe mit ihnen gegeben. Mit Erfolg, denn nur wer Harrys Vorgeschichte kennt, kann seine Motive und Handlungsweisen nachvollziehen. Harry Pappas ist schon lange beim Geheimdienst und seit sein Sohn als Soldat im Irak gefallen ist, hat man ihm die Leitung des Bereichs „Iran“ zugeteilt, in der Annahme, dass dort nicht viel passiert. Als dann doch etwas passiert, steckt er sofort mittendrin und stürzt sich mit Feuereifer in die Aufgabe, „Dr. Ali“ zu retten. Dass nebenbei seine Ehe am Tod seines Sohnes zu zerbrechen droht und er außerdem seine Karriere aufs Spiel setzt, ist ihm zwar klar, aber seine Loyalität geht ihm über alles. Seine inneren Konflikte sind immer wieder Thema dieses Romans und genau die machen ihn so sympathisch und lebendig. Er ist eben kein eiskalter James Bond, der problemlos über Leichen geht, sondern hat durchaus ein Gewissen und seine Vorstellung von Moral. Einzig etwas übertrieben ausgewalzt sind zwischendurch seine langen Phasen des Selbstmitleids und der Lethargie, die nimmt man ihm nicht immer hundertprozentig ab.

Der iranische Wissenschaftler ist zwar auch eine der Hauptfiguren hier, dennoch bleibt er dem Leser zunächst fremd. Von außen schaut man ihm zu, wie er seine Spuren zu verdecken sucht - zwar weiß man oft, was er denkt, aber wirklich intime Einblicke in seine Gedanken verweigert er dem Leser bis zum Schluss. Damit ist seine Mentalität und seine alles überschattende Angst unglaublich treffend dargestellt und trotz der Distanz fiebert man mit ihm. Ein geschickter Schachzug des Autors ist es, in diesem Zusammenhang den wirklichen Namen von „Dr. Ali“ erst dann zu nennen, als die CIA seine Identität kennt, vorher ist er stets „der junge Wissenschaftler“.

Auch die weiteren Personen haben ein Gesicht und eine Geschichte, sei es Adrian, Harrys Freund beim britischen SIS, der bei all seiner  Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft auch seine eigenen Interessen verfolgt sowie ein paar Leichen im Keller hat, oder sei es seine Kollegin Marcia, desillusioniert von ihrem Job, aber dennoch immer bereit, Harry den Rücken freizuhalten - diese Leute leben!


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover einen nur schattenhaft erkennbaren Mann, der aus einem dunklen Raum durch einen Vorhang ins Licht tritt, eine wirklich gelungene Übersetzung der Grundidee des Buches. Ansonsten ist das Äußere ebenso wie das Innere des Buches sehr schlicht gehalten, auch der Titel verrät nicht viel. Die insgesamt 40 Kapitel sind durchnummeriert und nennen außerdem den jeweiligen Ort der Handlung.


Fazit

Ein Buch, in dem viel mehr steckt als der äußere Anschein es verspricht - spannend aufgebaut und erschreckend aktuell. Für Menschen, die Agententhriller mögen und außerdem für alle, die gern spannende Unterhaltung mit Anspruch verknüpfen.


4 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo