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Kategorie: Bildbände

„Dächer sind nicht nur schützende Haut unserer Wohn- und Arbeitswelt, sie sind auch die augenscheinlichste Visitenkarte einer Stadt, sie fallen ins Auge und geben einer Stadt mit ihren Glätten und Falten ein Gesicht. Und man fragt sich immer wieder, welche Geheimnisse sie verbergen.“
Das ungewöhnliche Porträt einer Stadt, die viele zu kennen glauben, die sie so jedoch noch nie gesehen haben dürften …

  

 

Autor: Falk Jäger
Fotograf: Karl Johaentges
Verlag: Hirnstorff Verlag
Erschienen: 1. September 2008
ISBN: 978-3-356-01296-7
Seitenzahl: 240 Seiten


Stil, Bilder- und Textdarstellung
"Dächer über Berlin" ist ein Reiseführer der besonderen Art. Der Architekt und Fotograf Karl Johaentges versteht es wie kein anderer, nicht alltägliche Ein- und Ausblicke in einer der interessantesten Städte weltweit abzulichten. Schon die Einleitung Falk Jägers macht Appetit auf mehr. Er streift nicht nur durch die Stadt des 21. Jahrhunderts, sondern nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Vergangenheit. Er offenbart die geheimen Spuren vergangener Jahrhunderte ebenso wie die brillanten Neubauten, die Johaentges in seinen Bildern sichtbar werden lässt. Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten, die er in ungewöhnlicher Perspektive präsentiert, zeigt er auch Ansichten, die dem Touristen sonst verborgen blieben. So zum Beispiel die Dachlandschaft des Willy-Brandt-Hauses, der Parteizentrale der SPD, auf dem 300qm Solarpaneele verbaut worden sind, oder die Wagenburg Lohmühle, die inzwischen zur Institution geworden ist und Ende 2010 vielleicht schon der Vergangenheit angehören könnte, da der Bezirk die Gegend modernisieren will. Wir sehen Dachpartys, Dachgärten, Dachpools, oder auch alte Schätze, versteckt in einem alten Pumpwerk in Kreuzberg, wie die denkmalgeschützten Statuen einstmaliger gekrönter Häupter, die nicht nur vor Wind und Wetter geschützt werden sollen, sondern auch vor Vandalismus und Graffiti. An den Originalstandorten stehen oft nur Repliken.
Berlin bietet eine skurrile Mischung aus alten und neuen Dächern, aus bunten und einfarbigen, runden oder eckigen, asiatischen oder amerikanischen, es gibt keine Dachform, die man nicht in Berlin findet. Selbst ein Dach im Fußboden gibt es nur in Berlin. Der Bebelplatz mahnt mit einem gläsernen Dach, das im Boden eingelassen ist und die symbolisch leeren Buchregale schützt, in denen einmal Bücher standen, die 1933 auf dem Bebelplatz verbrannt wurden.
Jedes Bild ist mit einem erklärenden Text versehen, in welchem Bezirk es aufgenommen wurde und um welches Gebäude es sich handelt. Aber immer wieder streut der Autor kleine Anekdoten ein und macht die Bilderklärung zu einem Lesevergnügen.


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
„Ein Dach über den Kopf haben“ gilt als Metapher für Schutz und Behütet-Sein oder das „Dach der Welt“ als Metapher für den Himalaya, einem Hochgebirge, in dem sich der höchste Berg der Erde befindet. Dächer galten von je her als etwas Großartiges, sie sind genauso alt wie die Menschheit selbst und in ihrer Vielfältigkeit oft einmalig.
Karl Johaentges zeigt Dächer in allen Variationen. Selbst alteingesessene Berliner müssen das Buch mehrmals drehen und wenden, um einerseits den Standort des Fotografen zu erraten und andererseits das abgebildete Dach und die ungewöhnliche Aussicht zu erkennen. Berlinfans und Neuberliner entdecken eine Stadt, die spektakulärer nicht sein kann. Und zukünftigen Reisenden machen diese Bilder Lust auf mehr.


Aufmachung des Buches
D
er gebundene Band ist mit einem Schutzumschlag versehen. Das Titelbild zeigt die Kuppeln der Jüdischen Synagoge und im Hintergrund den Fernsehturm. Das Buch selbst ist fast quadratisch und mit annähernd 30cm x 30cm überdurchschnittlich groß. Ebenso sind die großformatigen Bilder von einer hervorragenden Qualität. Der liebevolle Aufbau, das Warten auf das richtige Licht, sowie das Warten auf entsprechende Genehmigungen, all das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, die man diesen Bildern nicht ansieht. Karl Johaentges hat fünf Jahre lang Berlin fotografiert und eine Auswahl in diesem Buch zusammengestellt. Kleine Meisterwerke einer großartigen Stadt.


Fazit
Berlin hat mit vielen Superlativen exklusiver Baukunst aufzuwarten. Der Aquadom, das weltweit größte zylindrische Aquarium; der Flughafen Tempelhof, der das größte zusammenhängende Gebäude der Welt ist und den schon Norman Foster respektvoll „Mother of all Airports“ genannt hat; das weltweit größte Dinosaurierskelett im Naturkundemuseum; die weltweit größte Stadionkapelle im Berliner Olympiastadion; diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Jedem der in Berlin war, ist oder sein wird, sei dieses Buch ausdrücklich empfohlen. Es ist ein eindrucksvolles Porträt einer eindrucksvollen Stadt.


5 Sterne


Hinweise
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