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Kategorie: Interviews mit Autoren

Frau Henke, Sie haben sich beruflich ja schon auf allerlei Gebieten bewegt. 2005 wurden Sie mit einem der vier Nachwuchspreise prämiert, die die Jury bei dem Wettbewerb „Deutschland schreibt“ vergab und 2007 wurden Sie sogar für den „Deutschen Kurzkrimipreis“ nominiert. Wie und wann kamen Sie auf die Idee zu schreiben?

Wäre ich eine Figur aus einer meiner Geschichten läse sich das vermutlich etwa so:  "Er oder ich. Das war nur eine Frage der Zeit. Aber der Plan musste perfekt sein. Also schrieb ich ihn auf. Konnte ich denn ahnen, dass meine Haushälterin den Text an ein Magazin schicken würde? Leider wurde ich auf Grund der Veröffentlichung überführt, dafür verschaffte mir der Gefängnisaufenthalt genügend Muße, meiner Kreativität freien Lauf zu lassen." Tatsächlich ist es ganz banal. Ich bin mit Büchern und Geschichten groß geworden, erfinde Geschichten, seit ich denken kann und kann mich beim besten Willen nicht an den Moment erinnern, an dem ich auf die Idee gekommen bin, zu schreiben.


Ihre Bücherl beinhalten stets Kurzgeschichten und diese haben alle einen feinen makaberen, aber sehr subtil niveauvollen Humor. Wo nehmen Sie all Ihre Geschichten her? Ein Autor wird sich ja kaum auf diesem Parkett bewegen, auf dem Sie Ihre Figuren tanzen lassen.

Die Geschichten kommen zu mir. Auf der Straße, in der U-Bahn, im Café, im Konzert, überall, wo Menschen sind. Manchmal auch dort, wo gerade keine sind. Scharrt die junge Geigerin schon ungeduldig mit den Füßen, um an der Station zur Staatsoper herauszuspringen oder schleppt sie ihren Geigenkasten wie eine tonnenschwere Last die Treppen hinauf? Und wenn sie ihn schleppt, was ist passiert? Was wäre, wenn sie plötzlich vor lauter Lampenfieber nicht mehr spielen könnte …? In jeder Situation steckt das Potential für eine Geschichte. Und ich hatte das Glück, mich schon in vielen verschiedenen Milieus genauer umschauen zu können. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass fast jeder bereit ist, einen über die Schulter schauen zu lassen, wenn man nett fragt.


Ihre Geschichten sind alle flott und angenehm zu lesen, aber stets hat man das Bedürfnis nach “mehr”. Haben Sie schon einmal gedacht, in Ihrem unverkennbaren Stil einen Roman zu schreiben?

So motivierend, wie Sie das formulieren, wird es ja wirklich Zeit ;-)


Wie viel „Wahrheit“ steckt in Ihren Geschichten? Gibt es Figuren in, die Sie aus der Realität entliehen haben oder entspringen alle Ihrer Phantasie?

Meine Figuren sind ausnahmslos erfunden. Ich versuche nur, sie so "wahr" wie möglich zu machen. Passt das Umfeld? Würde der hyperaktive Freizeitsportler sich auf ein Kreuzfahrtschiff verirren? Wenn ja, warum? Ist das Verhalten stimmig? Würde der ewige Zauderer auf die Frage "Kaffee oder Tee?" sofort mit "Kaffee" antworten? Was treibt ihn an? Was lässt ihn aus der Haut fahren?
 

Wie reagiert eigentlich Ihr Umfeld auf Ihre doch stets präsenten „schwarzen“ Gedanken denen Sie zwangsläufig Platz einräumen müssen, um Ihre Geschichten zu spinnen?

Mein Mann wurde auch schon gefragt, ob er sich morgens nicht manchmal fragt, was eigentlich in dem Kaffee ist. Aber trotz oder vielleicht auch gerade wegen der schwarzen Gedanken, die ich zu Papier bringe, habe ich ein recht sonniges Gemüt.


Haben Sie ein Ritual zum Schreiben? Einen bestimmten Platz, eine fixe Zeit oder eine andere Vorliebe?

Ich schreibe am liebsten zuhause ohne begrenztes "Zeitfenster". Wenn ich erst einmal dran bin, mag ich auch nicht wieder aufhören. Notizen mache ich mir immer und überall - zur Not auf dem Programmflyer oder der berühmten Serviette (lässt sich nur leider hinterher sehr schleicht entziffern).


Werden Sie auch in Zukunft Geschichten oder Bücher in dieser Kategorie schreiben, oder haben Sie vor, sich auch einmal auf ein anderes Terrain zu wagen?

Ich hätte auch Lust, einmal eine richtige Abenteuergeschichte zu schreiben.


Wenn Sie selbst lesen, zu welchen Büchern greifen Sie? Bevorzugen Sie bestimmte Autoren oder Genres? Haben Sie beim Schreiben ein Vorbild?

Ich gehöre zu den allesverschlingenden Viellesern. Immer wieder gerne Jane Austen, Charles Dickens, Agatha Christie, Dorothy L. Sayers …


In Ihrem letzten Buch „Makellose Morde to go“ sind auch Geschichten aus Ihren ersten beiden Bücherl „Bissige Stories für boshafte Leser“ zu finden und natürlich auch neue Erzählungen. Ist dies in Form eines „best of“ zu verstehen oder aus welchem Grund kommt die eine oder andere Geschichte aus den ersten Bücherl in diesem Werk vor?

Die Idee zu diesem Buch hatte Vito von Eichborn, der Herausgeber der Edition BoD. Es ist sozusagen ein "aus zwei mach eins + C".


Schreiben Sie schon an etwas Neuem und wenn ja, wann dürfen die Leser mit Ihrem neuen Werk rechnen?

Ich werde versuchen, das "Bedürfnis nach mehr" zu stillen. Voraussichtlich in diesem Herbst.
 

Frau Henke, es ist stets ein Genuss Ihre Geschichten zu lesen und ich hoffe, wir werden noch mehr von Ihnen lesen dürfen. Ich möchte mich ganz herzlich für das Interview bedanken und wünsche Ihnen noch weiterhin so viel Einfallsreichtum und Schaffenskraft wie bisher.

Herzlichen Dank, Frau Loisl. I'll do my very best ;-)