Ob Louvre, Eiffelturm oder Notre-Dame – Paris ist immer eine Reise wert. Das war vor 100 Jahren nicht anders als heute. Fünf Spaziergänge führen durch die Viertel der Stadt – entlang der großen Boulevards, über berühmte Plätze bis hin zur Anhöhe der Sacré-Coeur in Montmartre, von wo man einen faszinierenden Blick auf Paris genießt. Trotzdem bleibt noch Zeit für eine Bootsfahrt auf der Seine, einen „café créme“ in der Closeries des Lilas oder ein Rendezvous in der Brasserie Lipp. Von der Schönheit der Stadt ließen sich Maler und Literaten wie Monet, Zola, Proust, Rilke und Picasso inspirieren, deren Zitate nun die historischen und zeitgenössischen Fotografien in diesem reich illustrierten Buch begleiten.
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Autor: Pierre Pinelli, Marc Walter |
Stil, Bilder- und Textdarstellung
Dieser Bildband ist mir beim ersten, andächtigen Durchblättern wie ein vor vielen Jahren sehr liebevoll zusammengestelltes Reise-Fotoalbum vorgekommen, beschränkt sich sein Inhalt nicht nur auf Photographien unterschiedlichster Größe (vom kleinen Bildchen bis zu ein- und doppelseitigen Panoramafotos), es sind auch viele kleine optische Beigaben wie alte Postkarten, Programmhefte, Speisekarten, Kofferaufkleber oder Plakate entweder im Wechsel mit den Fotos abgedruckt oder als besonderer Clou in Form von Faksimiles auch mal zwischen die Blätter eingeheftet.
Zeitlich lässt sich die beachtliche Fotosammlung von den Anfangsjahren der Fotografie, also Ende des 19. Jahrhunderts, bis heute einordnen. Gerade bei den aktuellen Farbfotografien achtete man aber, bis auf 1-2 Ausnahmen, penibel darauf, dass sie sich harmonisch in die vorherrschende monochrome Optik einfügen. Mit ihnen lassen sich Vergleiche anstellen, inwieweit sich das eine oder andere im Wandel der Zeit verändert hat. Ich war positiv überrascht, dass doch so viele schöne Dinge die Jahre unbeschadet, dank Denkmalschutz, überstanden haben. Thematisch ist der Band nach Gegenden (alle in der Innenstadt) gegliedert, die man nach ein paar einleitenden Worten anhand der Bilder und den dazugehörigen, kurzen Erläuterungen gemächlichen Tempos erkunden kann. Zusätzlich wird dieser optische Spaziergang noch mit Textauszügen von Reiseberichten, Tagebüchern und Briefen berühmter Zeitgenossen wie Mark Twain, Kurt Tucholsky, Ernest Hemingway oder Richard Wagner, um nur einige zu nennen, atmosphärisch unterstützt.
Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Zur Einstimmung und Vorbereitung einer Parisreise ist der Bildband nicht oder allenfalls zweitrangig geeignet, er richtet sich vielmehr an ausgesprochene Paris-Liebhaber, die die Stadt bereits wie ihre Westentasche kennen und mithilfe dieses wahrhaft prachtvollen Buches das Rad der Zeit zurück drehen wollen, um ihrem Paris mal andere, längst vergangene Seiten abzugewinnen, genauso an alle, die gerne in üppiger Nostalgie schwelgen.
Die Bilder allein transportieren schon sehr viel vom Glanz und Glamour vergangener Tage, als Paris die ausschweifendste und prachtvollste Metropole der Welt war, aber erst durch die Erlebnisse der Zeitzeugen, die inhaltlich immer perfekt zur Optik passen, wird den Photographien wieder Leben eingehaucht. Den Berichten zufolge zog es alle aus demselben Grund in die Hauptstadt Frankreichs: Auf der Suche nach künstlerischer Inspiration, wurden sie im vor Lebensfreude überbrodelnden Paris fündig, denn nur hier und nirgendwo sonst stieß man Schritt und Tritt auf ausgelassene, schlemmende, tanzende, rauchende und trinkende Menschen, die Fremde charmant und höflich in ihren Kreis aufnahmen, sei es tagsüber im Café um die Ecke, in der Brasserie und in einem der Parks, oder nachts in den Amüsiervierteln, in anrüchigen Lokalen wie dem Moulin-Rouge und Folies-Bergère.
Hier bilden Bild und Text die perfekte Symbiose, um das Buch zu einem außergewöhnlichen, atmosphärisch dichten Erlebnis zu machen. Auf jeder einzelnen Seite ist offensichtlich, mit wie viel Mühe und Liebe zum Detail man hier bei der Zusammentragung des Bild- und Textmaterials zugange war. Auch nach mehrmaligem Durchblättern, entdeckt man immer noch neue Details, so prall ist dieses Füllhorn.
Aufmachung des Buches
Es handelt es sich um eine sehr hochwertige gebundene Ausgabe mit einem seidenmatten, beschichteten Schutzumschlag. Die gute Bindung erkennt man daran, dass sich das Buch an beliebiger Stelle ganz aufklappen lässt, ohne es auseinanderdrücken zu müssen. Die Seiten im Innenteil sind außergewöhnlich dick, wie dünner Karton und beschichtet, was sie angenehm griffig beim Umblättern macht. Es entsteht dadurch aber auch der verfälschte Eindruck eines viel seitenstärkeren Buches, als es tatsächlich mit seinen gut 300 Seiten ist.
Auf dem Umschlag ist das Wahrzeichen von Paris, der Eiffelturm, in einer photochromen Aufnahme zu sehen. Aufschlussreicher könnte das Cover nicht sein: elegant, schlicht, edel – genauso wie alles an und in diesem Band. Das rückwärtige Coverbild setzt sich aus einer großen Aufnahme vom Tuilerien-Park, auf der die Inhaltsangabe abgedruckt ist, und einem kleineren Bild sowie einem Hotel-Kofferaufkleber im Patchwork-Stil zusammen. Auch die Rückseite ist ganz im Sinne des Innenteils gestaltet und lässt gut erkennen, was einen inhaltlich erwartet.
Nach dem Bildteil folgen im Anhang ein Stichwortregister, Bibliografie und Zitatnachweis für die im Buch genannten Zeitzeugnisse und ein Bildnachweis.
Fazit
Ein Bildband für Paris- und Nostalgieliebhaber mit einer sehr schönen, individuellen Note, der prächtiger und edler nicht sein könnte und an dem man sehr lange seine Freude haben wird. Er lässt den Betrachter eine stimmungsvolle Reise in die Vergangenheit antreten, um in ein glamouröses, vor Lebenslust überschäumendes Paris einzutauchen. Zu bemängeln wäre höchstens, dass man für dieses Prachtexemplar von einem Buch satte 50 Euro berappen muss. Aber auch wenn andere Bildbände günstiger zu haben sind, verfügen die wenigsten über eine gleichwertig hohe Ausstattung, so gesehen ist das Buch seinen (leider) stolzen Preis wert.
Hinweise
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