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Im viktorianischen England darf eine kleine Verkäuferin zwar einen Mann aus besseren Kreisen heiraten, ohne einen gesellschaftlichen Fauxpas zu begehen – Schwäche zeigen aber darf sie niemals. Das lernt Constance Barton schnell und schmerzlich, als ihr Mann, ein angesehener Mediziner und Forscher, das vierjährige Töchterchen Angelica aus dem elterlichen Schlafzimmer ausquartiert und seine ehelichen Rechte einfordert. Rücksichtslos und blind für die mysteriösen Vorgänge, die sich in dem vornehmen Anwesen abspielen: Das Haus der Bartons scheint nämlich von einem äußerst gewalttätigen Dämon beherrscht, der Mutter und Tochter nach dem Leben trachtet. Sieht Constance Gespenster, oder schmiedet ihr Mann einen tödlichen Plan?

 

  Autor: Arthur Phillips
Verlag: Goldmann
Erschienen: 10. September 2007
ISBN: 978-3442310876
Seitenzahl: 416 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Beschreibung des Umschlagtextes fasst den wesentlichen Inhalt schon gut zusammen. Liest man diesen jedoch, so erwartet man eine spannende und mitreißende Geschichte, die weniger mystisch angehaucht, aber wahrscheinlich mit Intrigen gespickt ist. Auch wenn der Klappentext keinesfalls den Inhalt falsch angibt, so führt er doch in eine etwas verkehrte Richtung und somit ist nicht nur im Buch alles anders, als es den Anschein hat …


Stil und Sprache
In brillant leichter Manier erzählt Phillips die ungewöhnlichen Vorkommnisse im Hause des Ehepaares Barton. Der Erzählstil hat fälschlicherweise etwas locker-leichtes. Fälschlicherweise deshalb, weil die eben feine und mittragende Sprache den Leser dazu verleitet, das Buch vielleicht nicht so aufmerksam zu lesen wie es nötig ist, damit einem kein Detail entgeht. Arthur Phillips äußerst intelligente Erzählart nimmt den Leser von Beginn an mit und man begibt sich sofort in die Köpfe der Protagonisten. Man ist so gebannt, dass einem erst nach einigen gelesenen Seiten auffällt, dass man den „zwischen den Zeilen“ stehenden Details wesentlich mehr Beachtung schenken sollte, um dem doch sehr komplexen, psychologischen Hintergrund auch folgen und im Ganzen erfassen zu können.
Aufgebaut sind die Szenen gleich einem Kammerspiel und der dominierende Part ist zweifelsohne in der Psyche der Figuren angesiedelt. Schleichend und sanft zieht die ausgefeilte Sprache den Leser in den Bann und plötzlich befindet er sich mitten in einem Labyrinth und weiß nicht mehr, welcher Weg der richtige ist.
Die wenigen Seiten, auf denen zum Schluss noch Angelica berichtet, sind hervorragend inszeniert. In subtiler und stringenter Weise kommt es zum Showdown.


Figuren
Phillips absolute Stärke sind die Figuren oder genauer gesagt, deren Seelenleben. Das in vier Abschnitte eingeteilte Buch lässt als erstes Constance berichten und diese macht dies so klar, glaubhaft und nachvollziehbar, dass es einem nicht schwerfällt, sich auf ihre Seite zu positionieren. Dann berichtet Anne Montague und die Geschichte bekommt plötzlich ein hässliches und entsetzliches Gesicht. Als dann jedoch Joseph Barton und letztendlich Angelica die Ereignisse schildern, sieht alles wieder ganz anders aus …
Im Mittelpunkt stehen vier Menschen. Constance und Joseph Barton, Anne Montague und eben Angelica. Alles dreht sich um diese vier Personen und die sehr wenigen Nebendarsteller, die vorkommen, erscheinen einem wie Statisten auf einer großen Bühne. Erst nach bereits vielen gelesenen Seiten erfährt man ganz nebenbei wie Constance aussieht oder wie das Haus eingerichtet ist. Der Focus liegt auf den ausgefeilten und gut beleuchteten Charakteren.


Aufmachung des Buches
Ein edles und elegant aufgemachtes Buch. Vorne am sienafarbenen Schutzumschlag sieht man ein junges Mädchen und nur der Titel und der Name des Autors prangern einem noch entgegen. Das in vier Teile gegliederte Buch ist übersichtlich und ansprechend unterteilt.
Ein Nachwort des Autors mit ein paar Erklärungen wäre aber für den Leser sicher noch sehr interessant und hilfreich gewesen.


Fazit
Ein wunderbares Buch für Leser, die sich die Zeit nehmen, ein Buch wirklich aufmerksam zu lesen, um auch die Nuancen zwischen den Zeilen zu erfassen. Subtil und philosophisch unterbreitet uns der Autor ein ungewöhnliches, aber äußerst interessant zu lesendes Werk, das schier ein Panoptikum über die Tiefe und Bandbreite der menschlichen Psyche zeigt. Keinesfalls darf man einen historischen Roman der „üblichen“ Art erwarten, denn der Schauplatz des viktorianischen Londons bietet mit den aufgezwungenen gesellschaftlichen Regeln lediglich einen hervorragenden Rahmen.
Ein Geheimtipp für Genießer anspruchsvoller Literatur.


5 Sterne


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