Smaller Default Larger

Frodo und die Gefährten treffen auf Platon, Aristoteles, Nietzsche.... Eine spannende Reise in die Philosophie mit dem “Herrn der Ringe” unter dem Arm.
An vielen Beispielen zeigen Gregory Bassham und andere Philosophen wie sich im “Herrn der Ringe” die großen philosophischen Fragen von Platon bis Nietzsche entdecken lassen:
Bilbos Ring als Symbol für den Zusammenhang von Macht und Moral
Saurons finstere Pläne: Technik und Umweltzerstörung als Frage der Ethik
Das Auenland und die Suche nach dem Glück als dem “einfachen Leben”
Den Leser erwartet eine leicht lesbare und unterhaltsame Einführung in die wichtigsten Themen der Philosophie. 

 

  Autor: Gregory Bassham u.a.
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: August 2009
ISBN: 978-3-608-93879-1
Seitenzahl: 288 Seiten


Stil und Sprache
Zunächst ein paar Hinweise: “Der Herr der Ringe und die Philosophie” liegt mir in einer gekürzten Fassung vor, daher mag manche Kritik für Leser, die das Original kennen, ungerechtfertigt erscheinen. Zudem folgen die Zitate aus dem “Herrn der Ringe” (HdR) der Übersetzung von Wolfgang Krege, was mein Lesevergnügen etwas schmälerte, da ich die Carroux-Übersetzung vorziehe. Zeitweise ist auch unklar, ob sich die Autoren bei ihren Artikeln nun auf das Buch, den Film oder beides beziehen. Was ich problematisch finde, da es sich bei dem Film um Peter Jacksons Interpretation des Buches handelt, und sowohl Inhalte als auch Charaktere verändert wurden.

Nun endlich zu Stil und Sprache der Aufsätze: Alle sind gut lesbar, allgemein verständlich, ohne (überlange) Schachtelsätze und nur wenigen Fachausdrücken, die sich aber aus dem Text erschließen lassen. Die Autoren bauen ihre Artikel mehr oder weniger nach dem gleichen Schema auf und so gibt es wenig Abwechslung. Leider neigt der eine oder andere Autor zur Belehrung und man meint in einer Vorlesung zu sitzen und nicht daheim auf der Couch. Etwas aus dem Rahmen fällt Andrew Light mit seinem Text Tolkiens “grüne Zeit” : Umweltthemen im HdR. Ein Artikel, der mich sowohl vom Aufbau, als auch durch die verwendete Sprache überzeugt hat.


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Das Buch gliedert sich in fünf Teile:
Teil 1 - Der Ring – 3 Aufsätze
Teil 2 - Die Suche nach Glück – 2 Aufsätze
Teil 3 - Gut und Böse in Mittelerde – 3 Aufsätze
Teil 4 - Zeit und Sterblichkeit – 3 Aufsätze
Teil 5 - Schlüsse und Erlösungen – 2 Aufsätze

Die Texte wurden jeweils von einem anderen Autor geschrieben, aber alle sind sie Experten in Sachen Philosophie. Ob auch in Sachen Tolkien möchte ich bezweifeln. Die Herleitung des Namens “Lorien” (S.118) stimmt nicht, “Quendi” (S.106) bezeichnet Elben und nicht Menschen wie angegeben, die “Valar” sind keine Götter und Feanor wird nicht wegen der Rebellion gegen die Valar von diesen verflucht, sondern wegen des von ihm begangenen Sippenmordes. Gerade letzteres dürfte nicht passieren, denn damit wird ein ganz wichtiges Motiv des HdR verändert und Galadriels Verbannung und ihre daraus resultierenden Handlungsweisen lassen sich so nicht mehr nachvollziehen. Und das sind nur einige Beispiele, die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Um was geht es denn nun in diesem Buch? Zunächst mal ganz einfach um Philosophie. Aber -  Philosophie ist ein weites Feld - um was genau? Wenn ich das wüsste! Dem Buch fehlt trotz der oben aufgeführten Gliederung der rote Faden. Ich würde salopp sagen: aus jedem Dorf ein Hund. Manche erläutern Begriffe wie “Manichäismus”, andere eine These eines Philosophen, andere eine These, die von mehreren Philosophen vertreten wird. Wieder andere präsentieren eigene Ideen und alle ziehen dazu Beispiele aus dem HdR heran. Es gibt Texte, die in sich stimmig sind, viele Infos bereithalten und auf jeden Fall zur Wissenserweiterung beitragen, auch wenn man der Argumentation selbst nicht folgen will - als Beispiel sei genannt: Andrew Light Tolkiens “grüne Zeit”: Umweltthemen im HdR. Hier trägt das Buch den Untertitel “Klüger werden mit dem beliebtesten Buch der Welt “ zu recht. Andere wie z.B. “Mein Schatz” Tolkiens Ring als Fetisch von Alison Milbank beginnen überzeugend und verlieren sich dann in Teilaspekten des Themas, oder es werden sich kleinere bis größere Unkorrektheiten was den HdR betrifft erlaubt, damit die Argumentation passt. Beispiel “Gollum schwor einen Eid bei dem, was er seinen Schatz nennt” (S.25). Eben nicht! Frodo hielt ihn genau davon ab, er schwor seinen Eid auf Frodo. Außerdem fällt negativ auf, dass etliche Texte sehr abrupt enden, dies mag aber den Kürzungen durch den Verlag geschuldet sein. Wirklich ungehalten bin ich aber, wenn ein Autor nichts besseres zu tun hat, als altbekannte, unwahre Kritiken zu bestätigen und es noch nicht mal merkt! Wie etwa Joe Kraus in Tolkien, die Moderne und die Rolle der Tradition, in dem dieser dem Leser zum Schluss einer im Übrigen guten Darstellung der Philosophie der Moderne, empfiehlt, aus der unübersichtlichen modernen Welt nach Mittelerde zu fliehen und damit den altbekannten Vorwurf des Eskapismus bedient. Oder Gregory Basshams Tolkiens Schlüssel zum Glück, in dem er behauptet, dass bei Tolkien gut = schön = glücklich, böse = hässlich = unglücklich bedeutet. Diese Reduzierung auf das Gut-Böse-Schema greift bei weitem zu kurz (der Ring ist z.B. sehr schön und gleichzeitig abgrundtief böse) und wurde von anderen Autoren bereits gründlich widerlegt.

Im Vorwort distanziert sich der Herausgeber (? - leider fehlt hier eine Angabe) von Büchern nach Art “Der Herr der Ringe für Dummies”. Aber angesichts der Beliebigkeit der Themen, der recht begrenzten Auswahl an Philosophen (hauptsächlich Augustinus und Nietzsche), der Oberflächlichkeit mancher Artikel sowie der oben beschriebenen Mängel, frage ich mich wirklich, wer das Buch mit Gewinn lesen kann. An Tolkien selbst kommen die meisten jedenfalls nicht heran.


Aufmachung des Buches
Das Cover zieht die Blicke der potentiellen Käufer auf jeden Fall auf sich. Alleine schon durch die Farben Rot und Schwarz. Vor einem Sonnenaufgang (?) ziehen die Gefährten, angeführt von Gandalf, als Schattenriss über den unteren Teil des Buches, und erinnern so wohl nicht zufällig an eine Szene aus dem Film von P. Jackson. Auch die Schriftart des Titels ähnelt sehr der, die man aus dem Film kennt. Eine gelungene, weil auffällige, aber doch etwas phantasielose Gestaltung des Covers, da sie sich zu sehr an das Design des Films anlehnt

Der Inhaltsangabe folgen die Artikel der verschiedenen Autoren. Anmerkungen auf der gleichen Seite ersparen umständliches Blättern. Mehrere Seiten “Die Weisheiten der Philosophen” geben einen Überblick über die wichtigsten Philosophen der letzten ca. 2500 Jahre in zeitlicher Reihenfolge von Lao-Tse bis Albert Camus. Eine launige Beschreibung der AutorInnen rundet das Buch ab.


Fazit
Obwohl ich das Buch nicht ganz von dem Vorwurf der Geldmacherei frei sprechen kann, empfehle ich es allen, die mal so eben ein wenig in philosophische Themen reinschnuppern wollen und dies lieber mit Zitaten aus dem HdR als mit den Simpsons tun wollen. Wer allerdings Tolkiens Philosophie verstehen will, sollte zu Büchern von Tolkien-Experten greifen.


2 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo